Enge Straßen, bunt getünchete Häuser, Marktstände und der Geruch von Fisch, im Hafen die gelben Barken der Kunsthandwerker und die roten Kutter der Fischer: Das ist Mar del Plata, der wichtigste Hafen und Ferienort Argentiniens, rund 400 Kilometer südlich von Buenos Aires. Noch in den 70er Jahren war der Fischereihafen von Mar del Plata der bedeutendste Wirtschaftsfaktor im südlichen Teil der Region Buenos Aires. 18.000 Menschen beschäftigte der Hafen noch in den 80er Jahren. Der Fischer Ricardo Muñoz, genannt Polaco erinnert sich:
"Wir lebten damals ziemlich gut. Es gab viel Arbeit in den Fabriken. Früher haben wir Fischer alle 15 Tage ein gutes Gehalt bekommen. Von Samstagmittag bis Montagmorgen war Wochenende, und das ganze Viertel war voller Leben. Ich bin mit meinen Kollegen oft Billard spielen gegangen, habe die eine oder andere Gancia getrunken und Picadas gegessen. Wir hatten drei Fußballmannschaften. Die Kneipen und Fischerkantinen waren immer voll. Das ganze Viertel war voller Freude. Aber heute ist es für die Menschen ein Kampf ums Überleben. Es gibt nicht mehr diese Solidarität und Freundlichkeit von früher. Heute regieren Trauer und die Angst vor dem Morgen."
Der Niedergang kam Anfang der 90er Jahre: 1992 unterzeichnete Argentinien ein Fischereiabkommen mit der Europäischen Union. Seither sind es die Kühlschiffe der Europäer, die eine Tagesreise vor der Küste den Löwenanteil Fisch aus dem Meer ziehen, auf den Schiffen verarbeiten und direkt zu den europäischen Konsumenten bringen. Argentinien erhielt in den 90er Jahren zwar rund 20 Millionen Euro jährlich aus dem Abkommen, diese Mittel flossen jedoch in den Staatshaushalt. Im Hafen von Mar del Plata kam dagegen kaum etwas an, empört sich Romina Cutulli von der lokalen Fischerverband CoDePesca, der sich für einen sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltigen Fischfang einsetzt:
"In den 90er Jahren wurde neben anderen Wirtschaftsbereichen auch der Fischereisektor geöffnet. Vorher gab es eine nationale Fischproduktion, für die andere Länder Kunden waren. Jetzt durften diese Kunden selbst die argentinischen Fangründe ausbeuten, ohne im Gegenzug allzu viel zu bieten. Dadurch hat der argentinische Staat Ressourcen verscherbelt, die vorher ihm und somit den Menschen hier gehörten. Aber die Menschen werden ja meistens vergessen."
Neben der sozialen Katastrophe an Land verursachten die Kühlschiffe der EU in wenigen Jahren auch eine ökologische: Der einst in argentinischen Gewässern weit verbreitete Seehecht ist in Folge der Überfischung selten geworden.
Unter dem Druck der übermächtigen Konkurrenz haben viele Betriebe ihre Belegschaft drastisch reduziert, sowohl auf den Booten als auch im Hafen. Heute arbeiten von den ehemals 18.000 sozialversichert Beschäftigten im Hafen von Mar del Plata nur noch 2500. Hinzu kommen 4000 Freiberufler, die vormals fest angestellt waren, die von den ansässigen Unternehmen heute aber nur noch als Tagelöhner beschäftigt werden. Die roten Fischkutter von Mar del Plata sind zwar nicht weniger geworden, aber die angelandete Fangmenge sinkt kontinuierlich: Bei einigen Arten wie dem Seehecht sei ein Rückgang um zwei Drittel zu beklagen, und in den letzten fünf Jahren seien die Fangquoten insgesamt um 20 Prozent gesunken, beklagt der Fischerverband CoDePesca.
Immerhin siedeln inzwischen neue Branchen in Mar del Plata an. Der Wirtschaftsdezernent der Stadt, Mariano Gonzalez, hält die Sicht der Hafenarbeiter und Fischer daher für zu pessimistisch.
"Das Fischereiabkommen mit der EU hatte zu Beginn für Mar del Plata sicherlich negative Auswirkungen. Der Fischereisektor hier war auf die Konkurrenz durch die Kühlschiffe nicht vorbereitet. Aber es haben sich in den letzten zehn Jahren neue Wirtschaftszweige angesiedelt: Mittlerweile haben wir fünf Werften im Hafen. Außerdem hat das Containergeschäft an Bedeutung zugenommen. Beide Bereiche sind eng mit dem Fischereisektor verknüpft und konnten einen guten Teil der Arbeitsplatzverluste ausgleichen. Und durch die Wiederbelebung der argentinischen Exporte wird der Hafen auch in Zukunft der wichtigste Wirtschaftsfaktor der Stadt bleiben."
"Wir lebten damals ziemlich gut. Es gab viel Arbeit in den Fabriken. Früher haben wir Fischer alle 15 Tage ein gutes Gehalt bekommen. Von Samstagmittag bis Montagmorgen war Wochenende, und das ganze Viertel war voller Leben. Ich bin mit meinen Kollegen oft Billard spielen gegangen, habe die eine oder andere Gancia getrunken und Picadas gegessen. Wir hatten drei Fußballmannschaften. Die Kneipen und Fischerkantinen waren immer voll. Das ganze Viertel war voller Freude. Aber heute ist es für die Menschen ein Kampf ums Überleben. Es gibt nicht mehr diese Solidarität und Freundlichkeit von früher. Heute regieren Trauer und die Angst vor dem Morgen."
Der Niedergang kam Anfang der 90er Jahre: 1992 unterzeichnete Argentinien ein Fischereiabkommen mit der Europäischen Union. Seither sind es die Kühlschiffe der Europäer, die eine Tagesreise vor der Küste den Löwenanteil Fisch aus dem Meer ziehen, auf den Schiffen verarbeiten und direkt zu den europäischen Konsumenten bringen. Argentinien erhielt in den 90er Jahren zwar rund 20 Millionen Euro jährlich aus dem Abkommen, diese Mittel flossen jedoch in den Staatshaushalt. Im Hafen von Mar del Plata kam dagegen kaum etwas an, empört sich Romina Cutulli von der lokalen Fischerverband CoDePesca, der sich für einen sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltigen Fischfang einsetzt:
"In den 90er Jahren wurde neben anderen Wirtschaftsbereichen auch der Fischereisektor geöffnet. Vorher gab es eine nationale Fischproduktion, für die andere Länder Kunden waren. Jetzt durften diese Kunden selbst die argentinischen Fangründe ausbeuten, ohne im Gegenzug allzu viel zu bieten. Dadurch hat der argentinische Staat Ressourcen verscherbelt, die vorher ihm und somit den Menschen hier gehörten. Aber die Menschen werden ja meistens vergessen."
Neben der sozialen Katastrophe an Land verursachten die Kühlschiffe der EU in wenigen Jahren auch eine ökologische: Der einst in argentinischen Gewässern weit verbreitete Seehecht ist in Folge der Überfischung selten geworden.
Unter dem Druck der übermächtigen Konkurrenz haben viele Betriebe ihre Belegschaft drastisch reduziert, sowohl auf den Booten als auch im Hafen. Heute arbeiten von den ehemals 18.000 sozialversichert Beschäftigten im Hafen von Mar del Plata nur noch 2500. Hinzu kommen 4000 Freiberufler, die vormals fest angestellt waren, die von den ansässigen Unternehmen heute aber nur noch als Tagelöhner beschäftigt werden. Die roten Fischkutter von Mar del Plata sind zwar nicht weniger geworden, aber die angelandete Fangmenge sinkt kontinuierlich: Bei einigen Arten wie dem Seehecht sei ein Rückgang um zwei Drittel zu beklagen, und in den letzten fünf Jahren seien die Fangquoten insgesamt um 20 Prozent gesunken, beklagt der Fischerverband CoDePesca.
Immerhin siedeln inzwischen neue Branchen in Mar del Plata an. Der Wirtschaftsdezernent der Stadt, Mariano Gonzalez, hält die Sicht der Hafenarbeiter und Fischer daher für zu pessimistisch.
"Das Fischereiabkommen mit der EU hatte zu Beginn für Mar del Plata sicherlich negative Auswirkungen. Der Fischereisektor hier war auf die Konkurrenz durch die Kühlschiffe nicht vorbereitet. Aber es haben sich in den letzten zehn Jahren neue Wirtschaftszweige angesiedelt: Mittlerweile haben wir fünf Werften im Hafen. Außerdem hat das Containergeschäft an Bedeutung zugenommen. Beide Bereiche sind eng mit dem Fischereisektor verknüpft und konnten einen guten Teil der Arbeitsplatzverluste ausgleichen. Und durch die Wiederbelebung der argentinischen Exporte wird der Hafen auch in Zukunft der wichtigste Wirtschaftsfaktor der Stadt bleiben."