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Fangverbot auf der Kippe

Verbote machen nur Sinn, wenn sie auch eingehalten werden. Mit diesem Satz begründen teilnehmende Staaten der Konferenz der Internationalen Walfangkonferenz ihr Eintreten für eine begrenzte Freigabe des Walfangs – denn Island, Norwegen und Japan halten sich schon lange nicht an die internationalen Verbote. Deutschland dagegen will am Jagdverbot festhalten.

Von Detlef Reepen |
    Schon seit vielen Jahren blockieren sich Walschutzländer und Walfangbefürworter innerhalb der Internationalen Walfangkommission IWC gegenseitig. Zwar haben die Walschützer wie Deutschland und Australien die Mehrheit, aber Island, Norwegen und Japan töten unter Ausnutzung von Schlupflöchern 2000 Meeresriesen pro Jahr. Die beiden skandinavischen Länder, indem sie gegen das seit 1986 geltende Fangmoratorium Widerspruch eingelegt haben. Und Japan nennt den Harpunentod einfach Wissenschaft und versorgt mit dem Fleisch die Restaurantteller in Tokio und Osaka.

    Um diese völkerrechtlich unhaltbare Situation friedlich zu beenden, verhandeln beide Seiten seit gut drei Jahren über einen Kompromiss. Der zentrale Punkt: Das Walfangverbot wird aufgeweicht, im Gegenzug unterstellen die Walfangländer ihre Jagd der IWC und entscheiden nicht mehr eigenmächtig über Quoten. Gerd Lindemann, der deutsche IWC-Delegationsleiter:

    "Der auf dem Tisch liegende Kompromiss sieht vor, dass die Zahlen der legal zu jagenden Wale schrittweise gesenkt werden sollen."

    Allerdings müssten die Walschützer dafür auch einige Kröten schlucken, wozu sie bisher nicht bereit sind. So soll Japan die reduzierte Anzahl von Walen nicht nur in eigenen Gewässern jagen dürfen, sondern sogar im Walschutzgebiet in der Antark¬tis.

    "Das ist in der Tat ein Anachronismus, den wir nicht für akzeptabel halten, allerdings sehen wir keine Chancen, die Japaner kurzfristig davon abzubringen."

    Ein anderes Ärgernis für die Walschutzländer ist, dass mit dem Kompromiss die Staaten belohnt würden, die das Fangverbot seit Jahren ignorieren. Ausgerechnet diese drei Fangnationen sollen für zehn Jahre ein exklusives Recht zum Töten der Wale bekommen. Das kann nicht lange gut gehen: Einige andere IWC-Mitglieder stehen schon mit ausgefüllten Quotenanträgen bei Fuß, berich¬tet Mark Simons von der einflussreichen, weltweiten Wal- und Delfinschutzgesellschaft.

    "Wenn der kommerzielle Walfang offiziell wieder zugelassen wird, wie hindern sie dann Länder wie Korea daran, das gleiche Recht einzufordern wie Japan und Norwegen? Und wenn sie daran denken, dass auch das bevölkerungsreiche China gern das tierische Eiweiß aus dem Meer nutzen würde: Das Aufweichen des Moratoriums würde Fluttore öffnen für das erneute große Abschlachten der Wale."

    Japan hat das größere Interesse an einem Kompromiss als Norwegen und Island. Denn das asiatische Inselreich wurde jüngst von Australien vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag gezerrt, weil der wissenschaftliche Walfang Etikettenschwindel sei und Japan dadurch gegen internationale Verträge verstoßen würde.

    Eine Legitimierung der japanischen Jagdaktivitäten durch den Kompromiss würde der Klage die Grundlage entziehen. Der japanische Delegationsleiter Akira Nakama beansprucht für sein Land zweierlei:

    "Unsere vier Walfangdörfer an der Küste müssen kommerziell Wale fangen und wir müssen den wissenschaftlichen Walfang fortsetzen dürfen, weil wir nur mit den Erkenntnissen daraus eine vollständige Aufhebung des seit 23 Jahren geltenden Walfang¬verbot erreichen können. Das sind unsere zwei Bedingungen."

    Obwohl die Bundesregierung selbst seit Jahren an dem Kompromiss mitgearbeitet hat, wird sie in Agadir der jetzt vorliegenden Version nicht zustimmen. Dazu wurde sie auch vorletzte Woche vom Deutschen Bundestag verpflichtet. Denn der Kompromiss bevorteile die Walfangländer und riskiere tatsächlich, dass der kommerzielle Walfang wieder voll beginnt.