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Fantast mit Forscherdrang

Raketen wurden bereits vor mehr als 800 Jahren in China erfunden. Und die Idee, sich damit von der Erde weg in den Weltraum zu bewegen, war schnell geboren. Aber erst die praktischen Raketenversuche von Robert Hutchings Goddard zeigten, dass diese Träume verwirklicht werden können.

Von Andrea Westhoff | 05.10.2007
    Als am 16. Juli 1969 die drei Astronauten Armstrong, Aldrin und Collins ihren ersten Flug zum Mond starten, ist Robert Goddard schon 24 Jahre tot. Trotzdem wird er mit einem Filmdokument der amerikanischen Weltraumbehörde NASA als einer der Väter der Apollo-11-Mission geehrt.

    "Sie nannten ihn den 'Mond-Mann' und lachten, aber er machte unbeirrt weiter mit dem Entwerfen, Erfinden und Testen."

    Tatsächlich galt der am 5. Oktober 1882 in Worcester, Massachusetts, geborene Physiker Robert Hutchings Goddard vielen als Fantast, wenn er von Flügen zum Mond oder gar Mars sprach. Er war ein Fan von Science-Fiction-Literatur. Insbesondere die Visionen von Jules Verne hatten es ihm angetan, der in einem seiner Romane unter anderem beschreibt, wie Menschen mit Hilfe einer starken Kanone zum Mond geschossen werden.

    Aber Goddard war durchaus auch Praktiker und beschäftigte sich mit der Frage, die allen Raumfahrtträumen vorangehen musste: Wie kommt man überhaupt von der Erde weg?

    Raketen erschienen ihm ein besonders geeignetes Mittel zu sein, die Erdanziehungskraft zu überwinden. Sie waren im Prinzip schon lange bekannt: Vermutlich im 12. Jahrhundert in China erfunden, wurden die mit Schießpulver gefüllten Papprohre als effektvolle Feuerwerkskörper bei großen Festen, aber auch als Waffen benutzt. Auch Goddard entwickelte und nutzte sein Wissen über Raketentechnik beim amerikanischen Militär im Ersten und im Zweiten Weltkrieg. Doch seine Forscherleidenschaft galt immer der Raumfahrt. Und sein Arbeitsmotto lautete:

    "Der Traum von gestern ist die Hoffnung von heute und die Realität von morgen."

    Neben den Lehrverpflichtungen als Physikprofessor an der Clark University in Massachussetts bastelte Goddard an verschiedenen Raketen-Modellen und vor allem an neuen Antriebsarten jenseits des allzu kurzlebigen Schießpulvers.

    Am 16. März 1926 gelang ihm der erste erfolgreiche Start einer mit flüssigem Treibstoff betriebenen Rakete. Sie blieb allerdings nur 2,5 Sekunden in der Luft und flog auch nur 50 Meter weit und knapp 14 Meter hoch. Zum Vergleich: Um die Schwerkraft der Erde überwinden und in eine Umlaufbahn eintreten zu können, benötigt eine moderne Trägerrakete heute eine Geschwindigkeit von 28.000 Stundenkilometern.

    Die Idee mit dem flüssigen Treibstoff hatte auch der russische Schullehrer Konstantin Tsiolkovski - sogar schon etwas früher. Und ebenso entwickelte der Deutsche Herrmann Oberth in den 20er Jahren viele wichtige Ideen zur Raketentechnik. Aber die Wissenschaftler wussten nichts voneinander. Ein bisschen Schuld daran hatte Goddard, der wenig veröffentlichte und sehr geheimniskrämerisch arbeitete, angeblich weil er nicht vergessen hatte, wie man ihn einst verlachte.

    Nun war der Raketenpionier tatsächlich eine etwas kuriose Erscheinung: wie er da im Schnee auf der Farm seiner Tante Effi in Auburn herumexperimentierte, bis die Nachbarn ihn wegen des Lärm verklagten oder wie er später in Roswell, New Mexico, höchst selbst seine Rakete mit einem Anhänger an seinem alten Ford zur Startrampe transportierte. Doch Goddard hatte zukunftsweisende Erfolge, wie die NASA-Dokumentation lobt:

    "Im Jahr 1930 erreichte seine Rakete eine Geschwindigkeit von 800 Stundenkilometern und eine Höhe von 600 Metern. Das war das Jahr, in dem die drei Apollo-11-Astronauten geboren wurden."

    1935 testete Goddard eine Rakete, die als erste die Schallmauer durchbrach. Beim nächsten Versuch erreichte die Rakete eine Höhe von 1460 Metern und flog fast 4000 Meter weit. Außerdem arbeitete der Physiker immer wieder auch an Einzelproblemen wie zum Beispiel der Stabilisierung von Raketen und hatte am Ende über 200 Patente angemeldet. Er entwickelte Pläne zu mehrstufigen Raketen, um beim Flug in den Weltraum Stück für Stück das Gewicht zu reduzieren und so letztlich Ziele wie den Mond zu erreichen.

    Aber die wirkliche Anerkennung seiner Leistungen erlebte Robert Goddard nicht mehr. Er starb am 10. August 1945 im Alter von 63 Jahren an den Folgen einer Halsoperation.

    "Goddard hatte eine Vision vom Raumfahrtzeitalter. Aber die Welt war zu langsam, um sie bis zu seinem Tod zu verwirklichen. Danke Robert Goddard für deine Erfindungen und deine Ausdauer!"

    Immerhin trägt seit 1959 das "Space Flight Center" der NASA in der Nähe von Washington seinen Namen. Und im Vorspann zur fünften Staffel der Science-Fiction-Serie "Star Trek – Enterprise", in dem friedliche Entdeckungen und Leistungen der Menschheitsgeschichte in kurzen Bildern gezeigt werden, ist auch Robert Hutchings Goddard zu sehen, wie er vor einer Tafel steht und eine Formel schreibt.