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Farbrekonstruktionen von Dinosauriern
Fossile Pigmente könnten Paläontologen in die Irre führen

Paläontologen können mithilfe spektroskopischer Methoden Farbpigmente in Fossilien von ausgestorbenen Tieren nachweisen. Damit gelingt es ihnen, selbst vor hunderten Millionen Jahren ausgestorbene Tierarten zu rekonstruieren. Doch neuesten Erkenntnissen zufolge könnten viele Farbrekonstruktionen fehlerhaft sein.

Von Michael Stang | 10.09.2018
    Eine fast realistische Darstellung des Lebensraumes der Flugsaurier (Pterodactylus) vor etwa 140 Millionen Jahren zeigt ein Modell im Naturkundemuseum in Leipzig.
    Maria McNamara vom University College in Cork behauptet: Flugdinosaurier könnten farblich anders aussehen als bisher angenommen (picture alliance / Zentralbild / Peter Endig)
    Seit einigen Jahren beschäftigt sich Maria McNamara mit den heute noch nachweisbaren Farbpigmenten in den Fossilien früher Vögel und gefiederter Dinosaurier. Kernpunkt ihrer Forschung am University College Cork ist die Untersuchung bestimmter Organellen in den Pigmentzellen, den sogenannten Melanosomen. Viele kürzlich veröffentlichte Studien seien sehr interessant und aufschlussreich gewesen, schließlich hätten sie neue Einblicke in die Evolution der Federn und Kommunikation über Farbe der Tiere gegeben, so die Paläontologin. Doch irgendwann wurde sie stutzig als ihr eine einfache Frage durch den Kopf ging.
    "Aber, können wir sicher sein, dass diese Melanosomen wirklich von den Federn oder der Haut stammen und nicht von anderen Körperteilen, etwa von inneren Organen?"
    Farbgebung könnte anders sein als gedacht
    Um das zu überprüfen, hat Maria McNamara ihre Lieblingsobjekte untersucht - versteinerte und heute lebende Frösche. Bei drei modernen Froscharten schaute sie, ob auch in anderen Körperbereichen neben der Haut, wie etwa Leber oder Lunge, Melanosomen vorkommen.
    "Und, siehe da! Die Organe waren rappelvoll mit Melanosomen. Eine Hochrechnung ergab, dass es im Körperinneren mehr Melanosomen gibt als auf der Haut. Und das wirft die reale und gefährliche Frage auf, ob die bisher untersuchten Melanosomen bei Fossilien überhaupt etwas über die äußere Farbgebung aussagen können."
    Oder deutlicher: Damit besteht die Möglichkeit, dass einige der farblichen Rekonstruktionen früher Vögel oder Dinosaurier fehlerbehaftet sein können. Da die Leute aber, so Maria McNamara, keine traurigen Geschichten wie diese mögen, stand die Frage im Raum: Gibt es eine Möglichkeit, herauszufinden aus welcher Region des Körpers bestimmte Melanosomen stammen?

    "Bei den Untersuchungen an modernen Fröschen sahen wir, dass sich die Melanosomen der Organe deutlich in Form und Größe von denen der Haut unterscheiden. Wenn man die Gestalt dieser Melanosomen betrachtet und schaut an welcher Stelle sie im Tier vorkommen, dann können wir herausfinden, ob Pigmente von der Haut stammen oder nicht. Und als wir das bei versteinerten Fröschen überprüft haben, sahen wir, dass die Methode funktioniert."
    Bereits publizierte Ergebnisse müssen überprüft werden
    Da Melanosomen winzig klein sind, ist ihre dreidimensionale Struktur auch in Fossilien gut erhalten. Jetzt gehe es darum, bereits publizierte Forschungsergebnisse auf die Melanosomentypen zu untersuchen, denn es sei möglich, dass für die Farbrekonstruktion Pigmente genutzt wurden, die von einem inneren Organ und nicht von der Haut stammen.
    "Die Geometrie ist nun die erste Methode, mit der wir klären können, um welche Melanosomen es sich handelt. Wir gehen ferner davon aus, dass sich das auch chemisch bestimmen lässt. Wenn wir diese beiden Ansätze kombinieren könnten, hätten wir eine wirkmächtige Methode, um sicher zu sein, dass man Reste der Haut untersucht."
    Und erst dann sollten sich Paläontologen an die Rekonstruktion eines farbenprächtigen Federkleids früher Vögel oder Dinosaurier setzen.