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Fashion in Namibia
Mit Mode in die Zukunft

Namibia ist für Wüsten und wilde Tiere bekannt, nicht unbedingt für Mode. Genau das will Dennis Hendricks ändern: Er ist Model, Designer und Gründer der "Katutura Fashion Week". Heute wird sie zum ersten Mal eröffnet. Nicht in einem schicken Venue, sondern in einem Township.

Von Leonie March | 26.09.2019
Auf dem Bild ist der Designer Dennis Hendricks zu sehen, der seine Hand mit Neonfarben angemalt hat und sie vor sein Gesicht hält.
Dennis Hendricks wirbt für die Katutura Fashion Week (Katutura Fashion Week)
Groß, athletisch, wandelbar – Dennis Hendricks ist auf vielen afrikanischen Laufstegen zuhause. Bekannt als Gesicht großer Kampagnen. Eines der ersten männlichen Models in der Geschichte seiner Heimat Namibia.
"Ich war ein guter Läufer in der Schule und wurde bei einem Athletik-Wettbewerb entdeckt. Eine ältere weiße Frau kam auf mich zu uns sagte: "Junger Mann, Du hast einen unverwechselbaren Look. Würdest Du es gern mal mit modeln probieren?" Ich habe mich bedankt und gefragt: "Gern, aber was ist Modeln?" Damals hatte ich keine Ahnung. Aber ich habe es ausprobiert."
Vom Läufer auf den Laufsteg
Von Familie und Freunden wurde der heute 37-Jährige damals schief angeschaut. Viele Namibier, erzählt er, meinen bis heute, Modeln sei nur etwas für Mädchen oder Homosexuelle. Sie wollen, dass ihre Söhne Anwälte oder Ärzte werden, nicht Models oder Designer. Einen Beruf erlernen, der bei der Entwicklung ihre Heimat hilft. Obwohl Mode das auch könne.
"In Namibia gibt es viele Talente. Aber unsere afrikanischen Brüder müssen auch verstehen, dass wir nur dann erfolgreich sein können, wenn wir unsere lokale Modeindustrie unterstützen. Mein Traum ist es, in ein paar Jahren in der Einkaufsstraße in Windhoek Boutiquen einheimischer Designer zu sehen und nicht nur die großen internationalen Modeketten. Afrikaner müssen beginnen an sich selbst zu glauben. Das ist momentan die größte Herausforderung."
"Der Ort, an den wir nicht gehören"
Um zu diesem Selbstbewusstsein beizutragen und die bislang winzige Modeindustrie in Namibia zu fördern, hat Dennis Hendricks die "Katutura Fashion Week" gegründet. Kein elitärer Event, sondern einer für die ganze Familie, mit Mode für Kinder und Erwachsene, Dicke und Dünne. Für Designer und Models aus dem ganzen Land, die er auf einem Roadtrip gecastet und nach Katutura eingeladen hat – in das wohl berühmteste Township Namibias.
"Katutura bedeutet wörtlich übersetzt: Der Ort, an den wir nicht gehören. Unsere Familien wurden während der Apartheid hier zwangsangesiedelt. Auch meine Vorfahren. Katutura ist ein Teil der Geschichte Namibias. Es ist der Ort, an dem unsere schwarzen Leute leben. Es repräsentiert mein Land, meinen Stolz, meine Nation. Die ‚Katutura Fashion Week‘ ist eine Hommage an die, die für unsere Freiheit gekämpft haben und meine Art dieser Community etwas zurückzugeben."
Jeden Tag modisch herausgeputzt
Dennis Hendricks ist während des Unabhängigkeitskrieges in einem Flüchtlingscamp aufgewachsen und hat seine Jugend in Katutura verbracht. Er sieht dort mehr als nur ein armes Viertel mit vielen sozialen Problemen; Armut, Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Drogen. Für ihn schlägt hier das Fashion-Herz seiner Heimat.
"Es ist inspirierend, dass sich die Leute hier jeden Tag wirklich herausputzen, "dressed to kill" wie man sagt. Von Streetwear bis zum Nachtclub. Nicht so wie in Europa, wo sich die Leute eher leger kleiden. Hier wollen die Leute auffallen und durch ihren Stil zeigen, wer sie sind. Wir leben Mode also jeden Tag. Sie ist ein wichtiger Teil der Kultur."
Doch noch profitieren davon meist westliche Modeketten und nicht einheimische Designer, sagt Hendricks, der selbst eine Modelinie entwirft. Überwiegend Sportswear, die an seine athletische Vergangenheit erinnert.
Sprungbrett für die afrikanische Modeindustrie
"Wenn Namibier meine Klamotten sehen, fragen sie, ist das eine Marke aus den USA? Auch bei der Lagos Fashion Week wollte man nicht glauben, dass diese Entwürfe von einem schwarzen Typ aus Namibia stammen. Das ist das Problem: Wir haben zwar gute Designer auf dem Kontinent, aber wir unterstützen uns nicht gegenseitig. Wir sollten nicht immer danach schielen, was auf den Laufstegen in Paris oder Mailand passiert, sondern diese Leute dazu bringen, dass sie bald auch hier in Katutura in der ersten Reihe sitzen."
Von Afrika inspirierte internationale Trends haben nicht unbedingt etwas mit der modischen Realität des Kontinents zu tun. Dennis Hendricks träumt von authentischen Entwürfen, die an Orten wie Katutura entstehen und den Menschen dort zugutekommen. Nur weil man sich etwas noch nicht vorstellen könne, sagt er mit Blick auf seine eigene Erfolgsgeschichte, bedeutete das nicht, dass es nicht wahr werden könne.