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Fassadenkletterer mit festem Griff

Technik. – Ein Traum vermutlich vor allem Technik begeisterter Enthusiasten könnte bald wahr werden, sofern sich auch ein Hersteller für die Entwicklung des Fraunhoferinstituts für Produktionsplanung und Automatisierung findet. Denn die Stuttgarter Forscher ersannen ein garantiert höhenfestes Gerät, mit dem die Glasfassaden moderner Hochhäuser blitzblank geputzt werden können. Schon in zwei Jahren könnte der autonome Scheibenputzer serienreif sein.

09.09.2003
    Von Cajo Kutzbach

    Der Aluminiumrahmen ist etwa so groß wie ein Din A 5 Schulheft. Er enthält Elektronik, eine Pumpe und zwei große drehbare Saugnäpfe. Das Ganze ist so dick wie zwei Stück Butter übereinander und knapp ein Kilogramm schwer. Das Putzteil wird später daran befestigt. Die Pumpe ist das lauteste Teil des Gerätes, mit dem die Roboter-Fachleute des Fraunhofer-Institutes für Produktionsplanung und Automatisierung in Stuttgart zeigen, wie klein ein Fensterputz-Roboter sein kann. Verglichen mit Eimer, Schwamm und Abzieher, die man heute zum Fensterputzen benutzt, wäre der Fensterputz-Roboter schon vom Gewicht her eine Erleichterung. Hauptproblem ist, wie man ihn an der Scheibe fest hält und bewegt. Beim ersten Roboter verwendete man eine Pumpe, die in Saugnäpfen Unterdruck erzeugt, beim zweiten probierte man es mit einfachen Saugnäpfen, wie man sie in Küche und Bad kennt. Aber jetzt beim Mini-Fensterputz-Roboter hört man wieder eine Pumpe, die in den Saugnäpfen Unterdruck erzeugt. Der Ingenieur Max von Kleinsorgen:

    Wir haben also wieder eine Vakuumpumpe, jedoch ein anderes Bewegungssystem. Und da sind wir bei Punkt zwei: Wir verbinden das Bewegungssystem und das Haltesystem und konnten so eine Miniaturisierung erreichen und die Bedienfreundlichkeit des Ganzen erhöhen.

    Diese Idee Halten und Bewegen zugleich zu erledigen, ist so raffiniert, dass man sich das zunächst nur schwer vorstellen kann. Normalerweise kann man Saugnäpfe ja nicht bewegen, ohne, dass sie von der Wand oder Glasscheibe fallen. Aber, wenn man sie feucht macht, dann kann man sie schieben, weil die Feuchtigkeit als Dichtung wirkt. Das nutzen die Fraunhofer Forscher aus:

    Wir haben zwei Saugglocken, die Rotieren können, und hält man eine Saugglocke fest, und lässt die andere rotieren, so verdreht sich das ganze System. Und wechselt man ab zwischen Rotation und Stillstand und ändert die Rotationsrichtung, kann man unseren Haushaltsroboter definiert auf der Scheibe bewegen.

    Max von Kleinsorgen hat hier noch ein wenig vereinfacht, denn normalerweise drehen sich beide Saugglocken gleichzeitig und über die Richtung entscheidet die unterschiedliche Drehgeschwindigkeit, oder die Drehrichtung. Man kann sich das ungefähr vorstellen, wenn man an Teigkneten mit dem Rührgerät denkt: Dabei wird der Teig zwischen den beiden Rührstäben, die sich gegenläufig drehen, hindurch gezogen. So ähnlich zieht sich der Fensterputz-Roboter über die Scheibe. Ob er dann trocken mit Mikrofasertüchern oder feucht die Fenster putzt, ist noch nicht entschieden, denn noch besteht das ganze Gerät vor allem aus dem Rahmen mit den zwei sich drehenden Saugglocken und der Pumpe.

    Man braucht zum Beweis seiner Funktionalität eben einen Demonstrator - den haben wir hiermit aufgebaut. Der nächste Schritt wird sein, ein elektronisches System zu bauen, das eben die Bahnplanung übernimmt und diese ganzen Randparameter wie eben möglicherweise Kontrolle der Arbeit, wie Akkuzustand und andere Zustände zu überprüfen und die dann einem Bediener mitzuteilen. Das wird aber erst der zweite Schritt sein. Der nächste Schritt wird sein, ein Reinigungsmodul zu entwickeln, das sich auch auf diesem Haltemodul und Fortbewegungsmodul integrieren lässt, so dass wir also schon sehr nah an einem richtigen Fensterreinigungs-Roboter sind.

    Die Elektronik muss auch melden, wenn der Akku leer wird und die Gefahr bestünde, dass der Roboter abstürzt. Aber das ist technisch kein Problem und Elektronik wiegt nicht viel. Dass das kleine Gerät nicht so schnell ist, wie ein professioneller Fensterputzer, gibt Max von Kleinsorgen sofort zu. Der Mini-Fensterputz-Roboter ist eher für Technikbegeisterte oder für ältere Leute, die ungern zum Fensterputzen auf die Leiter steigen. Vorausgesetzt, die Fraunhofer Forscher finden einen interessierten Hersteller, wann könnte man den Minifensterputzer dann kaufen und was soll er kosten?

    Das hängt immer von der Energie ab, die man in so ein Projekt steckt. Aber vorstellbar ist, dass man das Ganze innerhalb von einem Jahr auf den Markt bringen könnte. Wir schätzen so, dass 100 Euro realistisch sind.