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Fast kein PVC in Kölner Kindergärten

Umwelt- und Verbraucherschutzverbände warnen immer wieder vor Chemikalien, die bei kleinen Kindern in das Hormonsystem eingreifen können, zum Beispiel Bisphenol A und Phthalate. Die Stadt Köln hat nun die Einkaufskriterien für Kindergärten und Grundschulen abgeändert.

Von Ralph Ahrens | 12.04.2012
    Kinder malen und toben in der Kindertagesstätte 'Schmuddelkinder' im Kölner Stadtteil Porz. Hier wird mit Bio-Lebensmitteln gekocht. Und Kirsten Jahn, die jugendpolitische Sprecherin der Grünen in der Stadt Köln, freut es, dass die Kinder auch mit schadstofffreien Klötzchen und Bällen spielen.

    "Ich bin auf jeden Fall froh, dass wir hier so weit wie möglich – und es ist viel möglich – schadstoffarme, wenn nicht sogar schadstofffreie Produkte benutzen. Dass auch bei den Spielsachen darauf geachtet wird, dass die PVC-frei sind, dass dort keine Schadstoffe sind, dass die Kinder das in den Mund nehmen können problemlos."

    Es geht etwa um 'Phthalate'. Industriefirmen nutzen solche Chemikalien schon lange, um den Kunststoff PVC weichzumachen. Einige dieser Weichmacher genannten Stoffe sind umstritten: Sie können, das zeigen Tierversuche, wie Hormone wirken und die Entwicklung junger Tiere beeinflussen.

    Was für diese von einer Elterninitiative getragenen Kita bereits Alltag ist, gilt jetzt so ähnlich auch für alle städtischen Kindergärten und Grundschulen: Die Stadt Köln hat Ende 2011 neue Vergabekriterien erlassen. Gerhard Wiesmüller, Umweltmediziner im Gesundheitsamt der Stadt:

    "Es geht um Anforderungen für Spielzeug und Mobiliar, wo die Stadt Köln auf Schadstoffarmut bei diesen Gerätschaften, Spielzeugen Wert legt."

    Möbel, Spielzeug, Sport- und Spielgeräte müssen wie bisher frei von Schwermetallen sein; Möbel dürfen keine gefährlichen Holzschutzmittel enthalten. Und jetzt muss Spielzeug und Mobiliar auch frei von umstrittenen Phthalaten und dem ebenfalls hormonell wirkenden Stoff Bisphenol A sein. Diese Einkaufsvorschriften wirken schrittweise. Gerhard Wiesmüller:

    "Es ist jetzt eine Frage des zeitlichen Austausches. Dann, wenn eben neues Mobiliar anzuschaffen ist und neue Spielgeräte und Spielzeug anzuschaffen sind, dann erfolgt eben der Austausch."

    Die Kölner Einkaufsvorgaben hält Umweltschützerin Sarah Häuser vom Bund für Umwelt und Naturschutz für zukunftweisend. So dürfte jetzt kein Spielzeug und kein Stuhl aus Polycarbonat mehr eingekauft werden, denn Bisphenol A ist Ausgangsstoff für diesen Kunststoff. Im Detail äußert Sarah Häuser jedoch Kritik:

    "PVC wird nicht für alle Einrichtungsgegenstände generell verboten. Bei den Spielsachen oder den Turngeräten, da ist PVC teilweise noch erlaubt."

    So dürfen Kindergärten und Grundschulen neue Turnmatten, Gymnastikbälle und große weiche Spielbausteine, die mit PVC bezogen sind, einkaufen. Doch Sarah Häuser fordert ein generelles PVC-Verbot:

    "Denn man kann auf Weich-PVC verzichten. Es gibt auch Hersteller, die Alternativen herstellen – und deswegen sollte man die Kinder diesem Risiko nicht aussetzen."

    Bauklötze und Turnmatten können mit Nylon, Baumwolle oder Kunstleder aus Polyurethan oder Polyester bezogen sein. Diese PVC- und damit phthalat-freien Produkte sind 20 bis 25 Prozent teurer als die mit PVC-Bezug. Es geht also ums liebe Geld. Hier gibt die Stadt Köln ihren Kindergärten und Grundschulen freie Hand.

    Die Eltern der Kindertagesstätte 'Schmuddelkinder' haben sich bereits für mehr Geld und weniger Schadstoffe entschieden. Kerstin Jahn verweist etwa auf die Schlafmatten im großen Bewegungsraum:

    "Die sind natürlich wasserundurchlässig. Also, selbst wenn ein Malheur bei den Kindern passiert, ist das kein Problem, die sind abwaschbar, aber sind trotzdem PVC-frei. Die Kinder können darauf schlafen, sie können darauf kuscheln, ohne dass sie irgendetwas passiert, ohne dass sie irgendetwas einatmen."

    Das Kunstleder, mit dem die Matten bezogen sind, besteht aus Polyurethan. Es enthält damit keine Phthalate. Ein kleiner, aber feiner Unterschied zum Schutz der Kinder.