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Fast wie in Stanford

Deutsche und amerikanische Unternehmen haben im letzten Jahr etwa gleich viele Erfindungen beim Europäischen Patentamt angemeldet. Nachholbedarf haben Deutschlands Ingenieure allerdings beim Thema Benutzerfreundlichkeit, auch und gerade im IT-Bereich. Das war der Grund für den Wissenschaftsmäzen und SAP-Gründer Hasso Plattner, in Potsdam eine Designschule zu gründen - sie startet im Wintersemester.

Von Claudia van Laak |
    Hasso Plattner liebt die USA. An der Stanford-University in Kalifornien hat er vor einigen Jahren eine Designschule gegründet, an der Studierende ein Jahr lang zusammenarbeiten und besonders innovative und benutzerfreundliche Produkte entwickeln.

    " Design ist nicht, ein Schwein mit Lippenstift zu verschönern. Design ist nicht nur das Aussehen, das Gefühl, Design ist: wie funktioniert ein Produkt. "

    Das Prinzip und die Methode dieser Designschule überträgt Hasso Plattner nun auf Potsdam. Im Oktober können die ersten 40 Studierenden starten. Sie sollen sich in der Endphase ihres Studiums befinden und bereit sein, zwei Tage in der Woche in Potsdam zu verbringen. Bewerben können sich Studierende aller Fakultäten. Sie arbeiten gemeinsam in einem kreativen Raum, erklärt der Leiter der Designschule Ulrich Weinberg.

    " Wir in Deutschland sind ja extrem fokussiert auf das richtige Ergebnis möglichst beim ersten Anlauf schon, finden das schwierig, Fehler zu machen und Fehler einzugestehen. Hier geht es darum, möglichst ganz früh nach außen zu gehen, zu präsentieren, was dazu führt, dass die Ideen sprudeln und sprudeln, da ist nicht alles toll, aber es ist immer etwas dabei, was sich weiterentwickeln lässt zu einem neuen, spannenden Thema. "

    Ulrich Weinberg - bislang Professor an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam - nennt Produkte, die an der Designschule in Stanford entwickelt wurden. So sind Studierende nach Indien gefahren, haben sich nach Problemen der dortigen Slumbewohner erkundigt und erfahren, das diese dringend eine nächtliche Beleuchtung für ihre Hütten brauchen.

    " Und die Idee war jetzt, eine Lampe zu entwickeln, die unter zehn Dollar kostet, die eine Woche lang Licht spendet, die man möglichst mit Sonnenenergie aufladen kann und die so hell ist, dass man den ganzen Familienbereich beleuchten kann. "

    Ulrich Weinberg war gerade in Stanford, hat Fotos der dort entwickelten Produkte mitgebracht und sie an die Wände der noch leeren Räume gehängt, die sich im Herbst mit Leben füllen sollen. Der kreative Geist soll sich auch in der Einrichtung widerspiegeln - keine schnöden Seminarräume, sondern bewegliche Stellwände, eine Spielecke für Kinder, überdimensionale Schaumstoffwürfel, aus denen schnell eine Ladeneinrichtung gebaut werden kann.

    " Und alles steht auf Rollen, das ist ganz wichtig, alles ist beweglich, nichts ist festgenagelt. Wir können schnell eine komplett andere Raumsituation schaffen, je nachdem wie viele Leute gerade an einem Projekt arbeiten. "

    Amerikanischen Erfinder- und Pioniergeist soll die neue Designschule nach Deutschland bringen. Michael Heinrich kennt die Mentalitätsunterschiede. Er hat elf Jahre im kalifornischen Silicon Valley gearbeitet und ist jetzt als Geschäftsführer einer von Hasso Plattner unterstützten Softwarefirma zurückgekehrt.

    " Die Ingenieurkultur in Deutschland ist eine Streitkultur, eine Dominanzkultur, möchte ich mal sagen. Meine Lösung ist besser als Deine Lösung, und dabei vergisst man, dass es keine Lösung für die Ingenieure sein soll, sondern für den Enduser. "

    Die Potsdamer Designschule endet mit einem Zertifikat, Studiengebühren werden nicht erhoben. Bewerben können sich nicht nur Studierende aus den Naturwissenschaften, auch Geisteswissenschaftler sind willkommen, sagt Ulrich Weinberg.

    " Der ist hier richtig, wenn er das Gefühl hat, wenn er innovativ-aktiv sein will, wenn er seine berufliche Zukunft in einem interdisziplinären Kontext sieht und wenn er Lust hat auf erfinderisch-entwickelndes Denken. "

    Wer sich um einen der 40 Studienplätze bewerben will, sollte sich beeilen, die Frist endet bereits am 30. Juli.