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FAZ-Gruppe verkauft Buchverlage an Random House

Der Journalist Joachim Güntner hat angesichts des Verkaufes von drei Buchverlagen an Random House, eine Tochtergesellschaft des Bertelsmann-Konzerns, vor Panikmache gewarnt. Zwar hätte solch ein Großverlag Vorteile bei Marketing und Vertrieb. Die kleinen Verlage wiederum könnten weiterhin Nischen bewirtschaften und interessante Autoren fördern, so Güntner.

Moderation: Wolfgang Stenke |
    Stenke: Ist der Verkauf eine späte Reaktion auf die Zeitungskrise, ein bisschen verlegen bemäntelt als "Reduktion aufs Kerngeschäft"?

    Joachim Güntner: Ich glaube, darin kommt in dieser Aussage, man wolle sich aufs Kerngeschäft konzentrieren… das ist gar keine Bemäntelung. Das zielt genau auf den Kern. Und ich bin ganz sicher, dass es sich um eine Spätfolge handelt. Es wird schon seit zwei Jahren darüber diskutiert, ob die FAZ sich von ihren Buchverlagen trennt. Es gab immer wieder Dementis. Es gab jetzt im Juni noch eine Meldung, dass trotz Zugewinne bei den Verlagen man gleichwohl ein Minus hat von 30 Millionen Euro, durch Rücklagen, die man bilden musste. Das hat ganz sicher genau diese Motive, dass die Zeitungen aus den roten Zahlen nicht richtig herauskommen.

    Wolfgang Stenke: Käufer ist die Verlagsgruppe Random House aus dem Hause Bertelsmann. Was bedeutet das? Was bedeutet dieser Käufer für das Geschehen auf dem deutschen Buchmarkt?

    Güntner: Also man hat ja jetzt zuletzt denken können, dass sich der Konzentrationsprozess auf dem deutschen Buchmarkt etwas beruhigt hat. Der letzte große Akquisitionsversuch liegt zwei Jahre zurück. Damals ging es um die Buchverlage des Axel Springer Konzerns. Sie sehen auch hier ja schön die Parallele. Also, es waren auch damals Zeitungen - es war eine Zeitungsgruppe, die sich von den Buchverlagen zu trennen versucht hat. Und nach dieser Beruhigung, die man jetzt glaubte, sieht man aber, dass das ein Ammenmärchen war. Der Konzentrationsprozess geht weiter. Es gibt natürlich die üblichen ersten Warnungen, der Kleinverleger Wagenbach hat sich schon zu Wort gemeldet. Auch andere namhafte Verleger in der Republik warnen davor, dass dieser Konzentrationsprozess zu Lasten der Buchhandlungen und der Leser und der Literatur geht. Das wird man, glaube ich, abwarten müssen. Random House wird diese Marken als eigenständige weiter führen wollen. Die haben ja diese Verlage gekauft, um mit den Programmprofilen weiterhin werben zu können. Also die literarische Ausrichtung wird ähnlich sein. Man wird natürlich weiterhin darauf gucken, dass man die ordentliche Rendite bekommt. Wenn das nicht ist, wird es gehen wie mit dem Berlin Verlag, der erst eingegliedert wurde, als es ganz glänzend aussah; und den Conradi, der Verleger und Gründer des Berlin Verlages dann zurückkaufen konnte. Aber wir sind ja noch weit entfernt von Konzentrationsprozessen wie etwa in England, Italien oder Frankreich, so dass ich glaube, dass das jetzt nicht der Hauptpunkt sein wird. Es gibt ein zentrales, ganz simples Motiv bei der ganzen Geschichte. Die Hardcover-Verlage oder auch die Verlagsgruppen sind bemüht, ihre Taschenbuchverlage mit Lizenzen und Titeln zu füttern. Das große Geschäft heute, das wissen wir ja alle, findet im Taschenbuchsektor statt. Und dazu braucht man Lieferanten. Und solche Lieferanten, nämlich Hardcover-Verlage, hat jetzt Random House erworben.


    Stenke: Ist das ein Fall für das Kartellamt?

    Güntner: Ich glaube aus den genannten Gründen nicht. Wenn Sie die Parallelen sehen, ich habe sie eben schon erwähnt, Axel Springer Buchverlage - das waren also Ullstein, Heine, List, diese Verlage im Wesentlichen. Da führte die lange Diskussion - das Kartellamt hat sich sehr lange Zeit gelassen dafür, dass man sich schließlich bei Random House entschloss nur Heine zu kaufen und auf die anderen zu verzichten. Weil es damals hieß, da würde ein Drittel des deutschen Taschenbuchmarktes von Random House bestimmt, und das würde den Wettbewerb verzerren. Das ist in diesem Punkt ja nicht der Fall. Bei der DVA beispielsweise ist der Anteil an Belletristik sehr klein, fast gar nichts. Und Taschenbücher gibt es auch nicht, weil die Taschenbuchrechte noch bei DTV liegen, da wird es noch ein kleines Problem zu lösen geben - wie macht man das? Kösel und DVA, die DVA, die Deutsche Verlags-Anstalt, also FAZ-Gruppe bis vor kurzem, sind Gesellschafter beim Taschenbuch Verlag, beim Deutschen Taschenbuch Verlag gewesen, die wird man da ausgliedern müssen. Aber der Marktanteil dieser Gruppe ist so klein, dass ich nicht sehe, dass das ein Fall für das Kartellamt wird.

    Stenke: Wenn wir mal auf die Seite der Autoren schauen. Auch da ist ja gewarnt worden, zum Beispiel von dem eben von Ihnen zitierten Verleger Klaus Wagenbach, dass da sozusagen eine Monokultur im Entstehen sei, die also auch ganz schädlich sei für die Autoren. Welcher Ansicht sind Sie in diesem Fall?

    Güntner: Ich glaube das nicht. Sehen Sie, das Problem ist im Moment einfach, was man in der Branche sehen muss: Verlage einer mittleren Größenordnung haben es schwer. Bei den Großen haben sie gewisse Synergien in den Häusern. Sie können das Marketing zusammenlegen, sie können den Vertrieb zusammenlegen. Die kleinen wiederum - wie Wagenbach, der jetzt ruft, die haben eigentlich nach wie vor den Vorteil, dass sie Nischen bewirtschaften können. Und in diesen Nischen werden sie auch immer interessante Autoren finden, wenn sie bei den Großen keinen Platz mehr haben. Also diese - Entschuldigung, dieses Jammergeschrei, das kenne ich, aber ich glaube es nicht so richtig.