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FDP plädiert für einen Umbau des Bafög

Seit fast genau drei Jahren gibt es das neue Bafög. Bundesbildungsministerin Bulmahn hatte das Bundesausbildungsförderungsgesetz überarbeiten lassen mit der Folge, dass es heute zum Beispiel höhere Freibeträge gibt. Die Zahl der Empfänger stieg, trotzdem gibt es noch kritische Stimmen. Zu ihnen gehört die FDP-Bundestagsabgeordnete Ulrike Flach, Vorsitzende des Bundestagsbildungsausschusses.

Moderation: Patrick Honecker |
    Campus & Karriere: Frau Flach, Sie wollen jetzt ein neues BaföG-Modell erarbeiten. Wieso reicht Ihnen denn die jüngste Reform nicht aus?

    Flach: Also, wir haben die Bulmahnsche Reform immer nur als Flickschusterei empfunden und die Probleme, die sie im Haushalt hat eigentlich jedes Jahr, bestätigen uns auch in dieser Einstellung. Unsere Grundüberlegung war immer, wir wollten ein möglichst weitgehendes, elternunabhängiges Modell und das haben wir zur Zeit natürlich überhaupt nicht.

    Campus & Karriere: Was sind denn die Inhalte Ihres Reformpakets?

    Flach: Bei uns sind die Kernsätze eben Elternunabhängigkeit. Wir wollen ein Bildungsdarlehen für die Lebenshaltung und, wenn möglich, auch für Studienentgelte, so dass wir also in eine ganz andere Richtung gehen als Frau Bulmahn das tut.

    Campus & Karriere: Dieses elterunabhängige BaföG, das wollte Frau Bulmahn ja auch einmal ursprünglich, aber das hat der Kanzler ja zurückgepfiffen.

    Flach: Das ist eigentlich ihr erstes großes Scheitern gewesen, was wir alle immer sehr bedauert haben, jetzt über alle Parteigrenzen hinweg, denn das Entscheidende ist ja, dass Menschen in ein Studium hineingehen, egal, ob die Eltern es wollen oder nicht, und dann sozusagen selbst entscheiden über diese Rieseninvestition in ihr Leben und den Zustand haben wir nun einmal zur Zeit leider nicht.

    Campus & Karriere: Also elternunabhängiges BaföG, das heißt, es geht nicht mehr darum, wie viel die Eltern verdienen, sondern der Student soll sozusagen als ernsthafte Person anerkannt werden und das Geld dann direkt vom Staat zugeteilt bekommen? Sonst noch irgendetwas?

    Flach: Ja, damit verbunden ist natürlich auch der sehr weit reichende Gedanke, andere Transferzahlungen zu erfassen. Also, das betrifft zum Beispiel das Kindergeld, zum Teil auch das Wohngeld, das sind ja auch Milliardenbeträge, die im Augenblick in die Familien hineinfließen und nicht an die Personen gezahlt werden, die, weil sie da sind, eigentlich zuständig sind für dieses Geld, wie es zum Beispiel beim Kindergeld ist.

    Campus & Karriere: Jetzt gab es ja ein echtes Problem im Rahmen der Rasterung, also Studierende, die mehr als 5.200 Euro auf ihrem Konto haben, sind ja aufgefallen und müssen das Geld teilweise zurückzahlen. Was halten Sie denn von diesem Umgang mit Vermögen von Studierenden ?

    Flach: Also, man kann da ja zweigeteilter Meinung sein. Es hat sicherlich Menschen gegeben, die ganz bewusst versucht haben, da Regelungen zu umgehen. In sehr, sehr vielen Fällen ist aber ein Missbrauch erfolgt, weil die Leute gar nicht wussten, dass sie missbrauchten. Also, da gibt es ja unterschiedliche Sachen, da hat einer lange gespart für sein Auto und plötzlich hat er die Grenze überschritten, ohne es zu ahnen, dass er damit jetzt sozusagen gegen BaföG-Regeln verstieß. Deswegen muss eine neue Form einer Studiendarlehensberechnung oder einer Studienfinanzierungsberechnung immer versuchen, diesen Missbrauchsansatz weitgehendst zu vermeiden.

    Campus & Karriere: Also, diese Vermögensgrenze ist Ihres Erachtens nicht realistisch?

    Flach: Ja, wenn man sich die Fälle anguckt, die damals schuldig geworden sind in Anführungszeichen, hat es ja viele Fälle gegeben, wo jeder sagt, na, das könnte mir auch passieren. Da haben Großeltern für ihre Kinder gespart, der Fall, den ich eben anführte, Leute haben selbst auf ein Auto gespart, das ist sehr oft so, dass das im Grauen verschwimmt, die Regularien, und dann übertritt man ein Gesetz, ohne es zu wissen. Also, insofern haben wir das immer als zu unscharf formuliert erachtet.

    Campus & Karriere: Und was wäre die Gegenvorstellung von Ihrer Seite?

    Flach: Wir sind der Meinung, ich kann einen Missbrauch in dieser Hinsicht eigentlich nur vermeiden, indem ich versuche, das BaföG in zwei Komponenten aufzuteilen, einmal in den elternunabhängigen Grundteil und zum anderen darauf aufbauend einen sogenannten zweiten Korb, ein Darlehen, welches dann abhängig vom späteren Einkommen, was man nach seinem Studienabschluss erhält, dann auch wieder zurückgezahlt wird.

    Campus & Karriere: Den Agenturen kann man entnehmen, dass die Union Ihre Pläne ablehnt. Wie realistisch ist denn, dass die Pläne über die Entwurfsphase hinaus kommen?

    Flach: Na ja, also die Union mag das jetzt ablehnen, wenn sie dann wirklich das Glück haben sollte, zusammen mit den Liberalen zu regieren, dann wird man darüber sehr handfest diskutieren und natürlich verhandeln.

    Campus & Karriere: Einmal eine ganz andere Frage: In diesem Jahr wird das Bundesverfassungsgericht ja darüber entscheiden, ob die Zulassung von Studiengebühren für das Erststudium rechtens ist. Die Hochschulen, zum Beispiel die Uni München, bereiten schon Kombiangebote vor von Gebühren und Bildungskrediten. Wird denn das BaföG nicht irgendwann sowieso obsolet?

    Flach: Also, wenn es wirklich zu dieser Entscheidung kommt, von der ich sehr hoffe, dass sie kommt, denn ich bin der festen Meinung als Liberale, dass der Staat nicht von oben verbieten soll, dass einzelne Hochschulen oder auch alle Hochschulen Studienentgelte nehmen. Das muss die Hochschule selbst entscheiden. Aber wenn es zu dieser Entscheidung kommen sollte, gehe ich davon aus, wird nicht nur die FDP über das BaföG diskutieren.

    Campus & Karriere: Die FDP-Bundestagsabgeordnete Ulrike Flach, sie ist Vorsitzende des Bundestagsbildungsausschusses im Deutschlandfunk Campus & Karriere.