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Federleichter Wein aus Frankreich

Zwei französische Winzer aus dem Languedoc haben einen so genannten Leichtwein mit weniger Alkohol auf den Markt gebracht. Nach europäischem Recht ist ihr Verfahren zur Reduzierung des Alkoholgehalts eigentlich nicht erlaubt. Und auch bei Winzerkollegen stoßen sie auf Skepsis.

Von Beate Weides |
    Für ihren Leichtwein mit dem passenden Namen "plume", also "Feder", haben sich Francois und Vincent Pugibet vom Weingut La Colombette bei Béziers mit den Behörden angelegt. Das europäische Weinrecht erlaubt zwar, Tafelwein zu "entalkoholisieren", auch teilweise, dann darf er aber nicht mehr als vier Prozent Alkohol haben und muss entsprechend gekennzeichnet sein. Der Leichtwein der Pugibets hat neun Prozent. Dafür verwenden sie ein Gerät, das gleich neben den Edelstahltanks in ihrem Weinkeller steht. Aus einem der Tanks wird der Wein in ein System von Rohren mit Membranwänden gepumpt. Umkehr-Osmose heißt das Verfahren, das bei deutschen Winzern für den gegenteiligen Zweck eingesetzt wird, nämlich um Most zu konzentrieren und so den späteren Alkoholgehalt des Weins zu erhöhen. Vater Francois Pugibet:

    "80 Prozent des Weins fließt auf der anderen Seite unversehrt wieder heraus. 20 Prozent dringt durch die Membranwände, hauptsächlich eine Mischung aus Wasser und Alkohol. Aber 80 Prozent des Weins bleibt unberührt, nur der Druck wird von 0 auf 20 Bar erhöht."

    Bei jedem Durchgang verliert der Wein anderthalb Prozent Alkohol. In einer Destillationsanlage werden anschließend Wasser und Alkohol getrennt, das Wasser kehrt in das Weinfass zurück. Die Winzer setzen die Umkehr-Osmose nicht nur für ihren leichten Tafelwein ein, sondern pressen mittlerweile auch manche ihrer Spitzenweine einmal durch die porösen Rohre. Denn die Weine im Languedoc haben mittlerweile 13,5 bis 14, in extremen Sommern bis zu 15 Prozent Alkohol. Ideal finden Sensoriker 11,5 bis 12 Prozent. Junior Vincent Pugibet:

    "Sie haben meiner Meinung nach stark an Finesse und Eleganz gewonnen, auch wenn sie sich etwas von den Standards im Languedoc entfernen und den Burgund- und Bordeaux-Weinen näher kommen. Sie sind also frischer, eleganter, weniger schwer, als es sonst für die Weine des Südens typisch ist."

    Der neunprozentige Leichtwein hat mehrmals die porösen Rohre durchlaufen. Es gibt ihn als Roten, Weißen und Rosé. Ein alltagstauglicher Wein, fanden die innovationsfreudigen Winzer nach vielen Geschmackstests heraus. Vincent Pugibet:

    "Man wird nicht müde vom Alkohol, aber der Wein macht doch ein bisschen euphorisch. Und wenn man darüber nachdenkt, ist es doch witzig: Mein Großvater und mein Urgroßvater machten Weine mit acht bis zehn Prozent Alkohol. Wir bleiben also in dieser Tradition, die im Mittelmeerraum einmal bestand."

    Für ihren Leichtwein haben die Winzer nach zwei Gerichtsprozessen mittlerweile eine Versuchsgenehmigung bekommen. Ihre Kollegen haben für ihr Tun kein Verständnis. Marcel Damais von der Domaine de la Devèze im Norden von Montpellier, fragt sich, warum man dann die letzten 30 Jahre überhaupt so viele verbesserte Rebsorten eingeführt hat.

    "Das war doch dann nicht nötig. Wenn schon, dann sollte man zu den Weinsorten zurückkehren, die vor 30 Jahren verwendet wurden, die viel Ertrag hatten, aber nur kleine Weine mit acht oder sieben Prozent Alkohol ergaben, anstatt erst Weine mit hohem Alkoholgehalt und interessanten Aromen herzustellen und dann hinterher den Alkohol wieder rauszuziehen und damit gleichzeitig auch alle Aromen."

    Ohne konkret die Weine der Pugibets zu kennen, sieht Gerhard Scholten von der Weinversuchsanstalt Trier die Sache mit den Aromen anders: Er ist überzeugt, dass die Winzer in Südeuropa auch wegen des Klimawandels langfristig nicht darum herum kommen, die Alkoholkonzentration ihrer Weine zu verringern. Außerhalb Europas wird das Verfahren der Schleuderkegelkolonne angewandt. Dabei wird der Wein in seine chemischen Bestandteile zerlegt und komplett neu zusammengebaut. Das wollen die Europäer nicht. Sie konzentrieren sich, so Scholten, vor allem auf verschiedene Membranverfahren:

    "Diese Verfahren werden mit Sicherheit kommen, und wenn man die Membrantechnologie der letzten 20 Jahre mal verfolgt, dann sind die Membranen so gut und so selektiv geworden, dass ich glaube, dass man den Alkoholgehalt sehr gut einstellen kann, ohne Aromaverluste zu befürchten."