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Fehldiagnose

Die Lungenkrankheit COPD ist nur wenigen bekannt, obwohl daran doppelt so viele Menschen leiden wie an Asthma. Jahre für Jahr sterben 50.000 Menschen in Deutschland an COPD, vergleichbar viel wie an Lungenkrebs. COPD ist die medizinische Abkürzung für chronisch-obstruktive Bronchitis mit Lungenemphysem. Experten prognostizieren weltweit eine rasante Zunahme dieser Krankheit. Deshalb war sie auch ein Schwerpunkt auf dem 48. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin vergangene Woche in Mannheim.

Von Renate Rutta |
    Patienten mit einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung leiden an Husten mit Auswurf und an Atemnot. Zuerst tritt die Atemnot nur bei körperlicher Belastung auf, in schweren Fällen auch schon im Ruhezustand. Professor Heinrich Worth, Vorsitzender der Deutschen Atemliga:

    " COPD ist eine chronische, das heißt dauerhaft bestehende Lungenkrankheit, die gekennzeichnet ist durch eine durch Medikamente nicht vollständig zurückzubildende Enge der Atemwege, die wir Obstruktion nennen. Hauptursachen der COPD sind eine dauerhafte Entzündung der Atemwege, eine chronische Bronchitis mit Einengung der Atemwege und ein Lungenemphysem, eine nicht rückbildungsfähige Überblähung der Lunge. Beides kommt häufig in unterschiedlicher Ausprägung bei ein und demselben Patienten vor."

    Experten bemängeln, dass die Krankheit zu häufig nicht erkannt oder nicht gut genug behandelt wird. Neue Leitlinien sollen deshalb Diagnose und Therapie der COPD verbessern. Neu ist, dass man die Entzündungsreaktion stärker in den Mittelpunkt stellt und welche Auswirkungen diese Entzündung auf andere Organe hat. Prof. Worth:

    " Die Boten der Entzündung trifft man auch außerhalb der Lunge, über die Blutbahn transportiert, in anderen Organsystemen an. Und sie haben Auswirkungen auf die Funktion anderer Organe, etwa der Muskulatur mit vermehrter Muskelschwäche, damit auch verminderter Belastbarkeit, auf Herz- und Kreislaufsystem. So ist zum Beispiel die COPD der dritthäufigste Risikofaktor beim Herzinfarkt. Und sie betrifft andere Organsysteme wie den Knochenaufbau, den Bewegungsapparat, die Osteoporose - häufig bei COPD-Patienten anzutreffen. Es finden sich außerdem Auswirkungen auf den Stoffwechsel, die dazu führen, dass ein Teil der COPD-Patienten an Gewicht verliert, abmagert, was mit einer schlechten Prognose einhergeht."

    Verursacht wird diese entzündliche Erkrankung, die in den Atemwegen beginnt, in erster Linie durch Zigarettenrauch. Die im Rauch enthaltenen Substanzen üben einen Dauerreiz auf die empfindlichen Atemwege aus. Dieser Dauerreiz regt die Körperabwehr an und kann damit eine Entzündung auslösen. Tagungspräsident Professor Gerhard Sybrecht:

    " Jede Zigarette macht die Lunge schneller alt. Es macht Oxidationsvorgänge in unserem Körper, die zerstörerisch wirken und die der Körper nicht reparieren kann. Deswegen ist es zunächst eine Form der Abwehr, eine Entzündungsreaktion zu haben aber auch der Versuch der Reparation. Und Sie können sich vorstellen, dass, wenn das immer weiter geht, es eben auch zu bösartigen Tumoren kommt und das ist eine schlimme Situation."

    Aus Fallberichten weiß man, dass bei einer akuten Verschlechterung der Krankheit eine Antibiotika-Inhalation die Luftnot bessern kann und neue Infektionen verhindert. Das soll nun in einer großen Studie überprüft werden. Zuwenig beachtet werden derzeit Patientenschulung, körperliche Bewegung und Rehabilitation. Professor Sybrecht:

    " Wichtig ist, dass der Patient gut aufgeklärt ist über seine Situation, was es bedeutet, an dieser Erkrankung zu leiden und wie er selbst durch sein Verhalten und durch seinen Lebensstil diese Krankheit besser beherrschen lernt. Dazu gehören körperliches Training, Gewichtsreduktion bei Übergewicht, richtige Anwendung der Inhalationsmedikamente. Denn die sind nicht so leicht anzuwenden, wie man Tabletten nimmt. "