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Fehlende Zulassungen für Pflanzenschutzmittel im Obst- und Gemüsebau

Schon seit 1998 gibt es ein neues Pflanzenschutzgesetz nach EU-Recht. Es erlaubt eine Übergangsregelung für bestimmte Bereiche, die aber nun zum 1. Juli ausläuft. Und das bereitet Obst- und Gemüsebauern derzeit arges Kopfzerbrechen. Ihr Problem: zukünftig müssen nicht nur die Pflanzenschutzmittel selbst zugelassen sein, sondern auch all ihre Anwendungsbereiche. Bisher konnte ein Pflanzenschutzmittel für eine bestimmte Kultur zugelassen sein und durfte dann aber auch für eine andere Pflanze benutzt werden. Beispiel: mit einem Mittel etwa gegen Mehltau für Getreide, durfte man auch Rosen bearbeiten - vorausgesetzt es wirkte und war verträglich. Das geht nun nicht mehr. Mit Ablauf der Übergangsfrist muss jedes Anwendungsgebiet für ein bestimmtes Mittel eigens zugelassen sein. Vorausgesetzt, die Übergangsfrist wird nicht verlängert, wie es Obst- und Gemüsebauern fordern.

von Ursula Mense |
    Insgesamt über 900 Anwendungsgebiete sind es, die durch die normale Zulassung nicht abgedeckt sind. Eine gewaltige Menge, die zu überprüfen auch über Jahre kaum zu leisten ist. Darum hat man sich auf die wichtigsten beschränkt. Und das sind immerhin noch 313. Ein spezieller Arbeitskreis bei der Biologischen Bundesanstalt in Braunschweig hat sich dieser Arbeit angenommen und in Zusammenarbeit mit den Pflanzenschutzdiensten der Bundesländer für zahlreiche Kulturen bereits eine Genehmigung erwirkt. Das derzeit größte Problem aber ist, die Höchstmengen für Pflanzenschutzmittelrückstände in den Obst- und Gemüsekulturen zu benennen. Dr. Bernd Böhmer ist Leiter des Pflanzenschutzdienstes bei der Landwirtschaftkammer Rheinland.

    Ein Präparat X kann in Blumenkohl nur eingesetzt werden, wenn auch die Rückstandsanalytik im Blumenkohl entsprechend durchgeführt worden ist. Das muss so sein, denn wir wollen ja alle sicherstellen, dass in dem Nahrungsmittel Blumenkohl nachher keine Pflanzenschutzmittelrückstände drin sind. Deshalb werden für die kleinen Kulturen auch umfangreiche Rückstandsuntersuchungen durchgeführt, die dann von den Zulassungsbehörden beurteilt und bewertet werden. Und erst dann kann das Produkt auch in der Kultur zum Einsatz kommen. Unser Problem im Augenblick ist, dass die Ausweisung der Höchstmenge, die bereits bearbeitet sind, über Brüssel laufen muss und ehe sie in der deutschen Höchstmengenverordnung genannt werden können, vergehen eineinhalb bis zwei Jahre.

    Das heißt also: die Ergebnisse sind da und die Mittel könnten schon längst wieder verwendet werden, wenn nur die langsamen Mühlen der Bürokratie nicht wären. Ohne Pflanzenschutzmittel aber ist der Obst- und Gemüseanbau undenkbar. Selbst die Öko-Bauern kommen ohne bestimmte, für ihren Bereich erlaubte Pflanzenschutzmittel, nicht aus. Vielfach wendet man dort zwar alternative Verfahren an, stellt Fruchtfolgen her und wählt eine andere Bodenbearbeitung. Ganz ohne aber geht es nicht. So ist es erlaubt, dem falschen Mehltau bei Kartoffeln und im Obstbau mit Kupfer zu Leibe zu rücken.

    Damit auch in der zweiten Jahreshälfte noch Obst- und Gemüse angebaut werden kann, sieht Dr. Böhme nur einen Ausweg.

    In der Zwischenzeit brauchen wir eine politische Lösung, ein Übergangslösung. Aber diese Übergangsregelung sollte nur für Kulturen gelten, die zwingend mit dem Mittel behandelt werden müssen, also kein Einsatz von Nützlingen möglich ist . Zweitens muss ein zugelassenes Pflanzenschutzmittel vorhanden sein, so dass der Verbraucher davon ausgehen kann, dass es kein erhöhtes Risiko gibt.

    Eine Übergangsregelung ist nach Ansicht Böhmes auch für das Heißnebelpräparat Chlorprofam erforderlich. Damit werden die Kartoffeln auf den Förderbändern behandelt, ohne dass man sie aufnehmen oder bewegen müsste und sie damit möglicherweise schädigt. Dieses keimhemmende Mittel aber ist nicht mehr zugelassen und nach dem neuen Gesetz dürfen auch vorhandene Lagerbestände nicht mehr aufgebraucht werden. Dr. Böhme

    Der überwiegende Teil unserer Kartoffeln wird ja in Holland verarbeitet. Aber das heißt, wir können die Verträge nicht einhalten und können nicht bis zum April, Mai Kartoffeln nach Holland für die Verarbeitung liefern. Diese Kartoffeln würden früher keimen, sie müssten früher ausgeliefert und an die Verarbeitungsbetriebe angeliefert werden. Das hat zur Folge, dass man nicht kontinuierlich liefern kann und sehr wahrscheinlich auch in den Preisen gedrückt wird.