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Fehlplanungen und Geldverschwendung

Wenn die Bundesregierung von Flusspolitik spricht, dann geht es nicht nur um die Reinhaltung des Wassers und um Gewässerschutz, sondern auch um den Fluss als Transportweg. Die Binnenschifffahrt gilt als umweltfreundlich. Und deshalb wird in diesem Bereich viel Geld investiert. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, BUND, ist allerdings der Ansicht, dass dieses Geld falsch eingesetzt wird und spricht von Fehlplanungen des Bundesverkehrsministeriums.

Von Verena Kemna |
    Verena Kemna in unserem Berliner Studio, bei welchen Flussprojekten wird denn unser Steuergeld, aus Sicht des BUND, unnütz versenkt?

    Das Bundesverkehrsministerium will, laut BUND, 30 Millionen Euro für Studien ausgeben, die den Donauausbau zwischen Straubing und Vilshofen untersuchen. Eine besonders schützenswerte Naturlandschaft am bayerischen Donauabschnitt. Nur ein Beispiel für verfehlte Flusspolitik der Bundesregierung, so die Experten des BUND. Ein anderes Beispiel ist der geplante Saale-Elbe-Kanal in Sachsen-Anhalt. 100 Millionen Euro soll der Kanalbau kosten. Dabei seien die Daten, die den Bedarf begründen, geschönt. Auch mit einem Elbe-Saale Kanal würden in den meisten Monaten wegen Niedrigwasser keine Schiffe fahren. Der Fluss sei bekannt für Wassermangel vor allem im Sommer und Herbst, eben das macht die Schifffahrt unrentabel und zwar an über 250 Tagen im Jahr.

    "Wir haben in diesem Jahr die Darstellung der Entwicklung der Wasserstände, die zeigt, dass von Januar bis April ausreichend Wasser da ist, die Schiffe können fahren, aber schon ab Mai, Juni beginnt die Niedrigwasserzeit und sie hält auch in diesem Jahr wieder bis November an und es kann nichts fahren. Selbst wenn dieser 100 Millionen teure Saale-Elbe-Kanal fertig wäre, es wären auch in diesem Jahr keine Schiffe gefahren, der Nutzen tendiert gegen Null."

    Kein wirtschaftlicher Nutzen, aber hohe Kosten für Ausbaupläne und Unterhaltungsmaßnahmen, so lauten die Vorwürfe des BUND. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland hat berechnet, dass die Bundesregierung mindestens zwei Milliarden Euro sparen könnte, wenn ökologisch und wirtschaftlich fragwürdige Projekte an Flüssen und Kanälen gestoppt würden. An Spree und Havel ließe sich eine Milliarde einsparen, 400 Millionen bei der geplanten Vertiefung Unterelbe, rund 20 Millionen bei den Ausbaumaßnahmen an der Unterweser. Fast immer seien die zugrunde liegenden Daten veraltet. So auch beim Elbe-Saale Kanal, meint Ernst-Paul Dörfler:

    "Es wird nach wie vor mit Wasserständen der Elbe gerechnet aus dem letzten Jahrhundert, aus den Siebziger, Achtziger Jahren. Das war eine sehr nasse Periode, da hatte man immer ausreichend Wasser, aber diese Wassermengen sind seit zwanzig Jahren nicht mehr da und das nimmt das Bundesverkehrsministerium nicht zur Kenntnis. Die zuständige Behörde, die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost täuscht die Öffentlichkeit, indem sie behauptet, der Verkehr wird ganzjährig erfolgen."

    Dazu kommen die voraussichtlichen ökologischen Schäden. Eine geplante Elbvertiefung zwischen Hamburg und Cuxhaven werde die Flusslandschaft negativ verändern. Verschiedene EU-Schutzgebiete seien betroffen. Doch die Hamburger Behörden würden den Eingriff offiziell als unerheblich darstellen. Nur so sei es möglich, eine nach EU-Recht vorgeschriebene Alternativprüfung zu umgehen. Nutzlos, nach Ansicht des BUND, auch die geplante Verbreiterung des Sacrow-Paretzer-Kanals in Brandenburg sowie der Ausbau von Havel und Spree, sagt Winfried Lücking:

    "Die mittlere Havel steht zu neunzig Prozent unter Naturschutz, angrenzende Feuchtgebiete drohen durch den Ausbau trocken zu fallen. Seltene Tierarten sind gefährdet, das ist ein sehr starker Eingriff in die gesamte Flussökologie weil der Fluss noch mal verbreitert und vertieft wird und wir sehen keine Notwendigkeit dafür."

    Am Wochenende werden in sieben Bundesländern die Menschen aus fast vierzig Städten von Cuxhaven bis Bad Schandau mit Fackeln in der Hand gegen die Flusspolitik der Bundesregierung demonstrieren. Außerdem hat der BUND den Bundesrechnungshof aufgefordert, die Kanalplanungen zu überprüfen.