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Fehlverhalten und Korruption
Die USA als neue alte Weltpolizei?

Volkswagen ist mit seinen Verfehlungen nicht allein. Der japanische Autokonzern Toyota soll Mängel an Fahrzeugen systematisch vertuscht haben, der Weltverband FIFA steht unter Korruptionsverdacht. Viele solcher Skandale wurden von amerikanischen Behörden aufgedeckt. Warum?

Von Michael Braun | 24.09.2015
    Pressekonferenz mit US-Justizministerin Loretta E. Lynch (R) zum Stand der Ermittlungen gegen neun FIFA-Funktionäre, gegen die in den USA Anklage erhoben wird.
    Pressekonferenz mit US-Justizministerin Loretta E. Lynch (R) zum Stand der Ermittlungen gegen neun FIFA-Funktionäre, gegen die in den USA Anklage erhoben wird. (dpa / picture alliance / Justin Lane)
    "Das ist zu Teilen so", sagt der Kölner Professor für Internationale Politik, Thomas Jäger: "Das liegt daran, dass die Staatsanwälte zum Teil eben gewählt werden und diesen Moment nutzen, um politische Karriere zu machen. Und politische Karriere macht man, indem man sich in den Vereinigten Staaten als jemand darstellt, der Recht und Gesetz nun wirklich verteidigt und hart durchgreifen kann."
    Es gibt also ein persönliches Motiv in der Strafverfolgung. Das Motiv mindert nicht die staatsanwaltliche Aktion. Es geht eben um Strafverfolgung. Dass Toyota-Chef Akio Toyoda vor fünf Jahren stundenlang in einer öffentlichen Anhörung vor einem Kongress-Ausschuss gegrillt wurde, mag hart gewesen sein und sich für europäische Augen als etwas Ähnliches wie ein Pranger angefühlt haben. Aber der Ursprung war nichts Gutes, nämlich dass Toyota über Mängel an seinen Autos hinweggehen wollte.
    Nur falle auf, dass gegen amerikanische Missetäter nicht immer mit gleicher Härte vorgegangen wird. Der Politologe Thomas Jäger sieht die Strafverfolgung in Amerika jedenfalls auch von wirtschaftlichen und politischen Interessen abhängig:
    "Das ist jedenfalls nicht ganz auszuschließen, dass das so ist und dass politische Überlegungen eben gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten in diese Fragen mit hineinspielen."
    So wundert es ihn etwa, dass die großen, nahezu monopolartig agierenden amerikanischen Ratingagenturen noch nicht dafür belangt worden sind, dass sie vor der Finanzkrise Schrottpapieren die höchsten Bonitätsnoten zuerkannt haben. Oder dass Steuerhinterziehung in der Schweiz nahezu ausgetrocknet wurde, das Steuerparadies im amerikanischen Delaware aber weiterhin blüht. Der Wirtschaftsethiker Thomas Pogge hat eine Ahnung, woran das liegen könne:
    "Der Steuersatz für Hedgefondsmanager liegt bei 15 Prozent. Ich und vermutlich auch Sie zahlen höhere Sätze. Warum zahlen die Hedgefondsmanager nur 15 Prozent? Nun, es hat was damit zu tun, dass Sie gut Einfluss nehmen können."
    Pogge äußerte sich auf einer Veranstaltung des Netzwerks Steuergerechtigkeit. Das hat offenbar auch in Amerika noch viel zu tun. Motormanipulationen entschuldigt das nicht.