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Feiner Druck auf die Tube

Technik. - Selbst Kaffeemaschinen besitzen heute komplexe Elektronik und täglich kommen neue Anwendungsfelder für intelligente Schaltungen hinzu. Eine der wichtigsten Leitmessen der Branche ist die , die seit Dienstag in München Trends in der Elektronik zeigt.

Von Wolfgang Nitschke |
    Alles wird kleiner in der Elektronik. Ein Mobiltelefon von heute ist gerade noch halb so groß wie ein Mobiltelefon vor zehn Jahren und auch im Computer müssen die immer leistungsfähigeren Chips auf den Leiterplatten immer kleiner werden, denn das Notebook soll ja nicht größer sein als heute. Je kleiner die Bauteile jedoch werden, umso schwieriger sind sie zu verarbeiten. Mikro und Nanometer kann man eben nicht mehr mit den Händen fassen, verkleben oder verlöten. Am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart hat man deshalb "easydot" entwickelt. Ein Mikrodosiersystem, mit dem man winzige Mengen von Flüssigkeiten wie Blut, Öl oder Klebstoff präzise auftragen kann. Dirk Schlenker:

    "Außenrum sehen Sie die Peripherie zum Positionieren des Systems. Das eigentliche Dosiersystem ist dieses hier, besteht aus dem eigentlichen Pumpkörper, der dann das Medium weiterführt, einer Kartusche, in der das Medium – in diesem Fall jetzt hier Klebstoff – drin ist und unter eine Dosiernadel. Und wir haben hier die Möglichkeit, mit diesem System kleinste Dots zu setzen. Das heißt: Dots im Größenbereich um die 100 Mikrometer – wenn man vergleicht, ein Haar hat eine Größe von siebzig Mikrometer, dann kommen wir hier doch in recht kleine Dimensionen und das eben recht zuverlässig."

    Neu ist aber am easydot nicht nur, dass er so kleine Mengen zuverlässig auftragen kann. Wer heute Klebstoff mikrodosiert, kann mit dem Gerät morgen Öl in winzige Lager einfüllen und übermorgen medizinische Proben verarbeiten. Die Forscher denken schon an Anwendungen auch außerhalb der Elektronik. Dass man von der Analyse elektronischer Bauteile im Nanometerbereich durchaus zu anderen Tätigkeitsfeldern finden kann, beweist die Firma NanoFocus. Ein neuartiges Mikroskop-System für die hochpräzise optische Oberflächenanalyse war eigentlich für die Industrie gedacht – Hauptkunde ist nun die amerikanische Polizeibehörde FBI. Verglichen werden Gewehr- oder Pistolenkugeln, die am Tatort gefunden worden sind. Und da jeder Lauf einer Waffe ein charakteristisches Rillenmuster hat, was mit einem Fingerabdruck vergleichbar ist, kann man durch die Analyse einer Kugel feststellen, aus welcher Waffe sie abgefeuert wurde. Heike Schmidt, Entwicklungsingenieurin bei NanoFocus:

    "Der Unterschied ist, dass bislang wirklich nur Vergleichsmikroskopie angewendet wurde und das nur in 2D. Jetzt ist es so, dass hier eine 3D-Technik angewendet wird, also sprich, es wird ein dreidimensionales Bild aufgenommen, was natürlich wesentlich mehr Informationen hat und die Vergleichstechniken werden auch durch eine spezielle Software einfacher gemacht. Man hat eine wesentlich höhere Trefferquote als vorher, das ist wirklich maximal nach oben hin ausgereizt."

    Zwischen allen Mikro- und Nanometern findet man auf der Productronika dann aber auch einen überdimensionalen Roboter. Dieser Gigant kann Wafer – also das Rohmaterial der Elektronik – berührungsfrei transportieren. Adolf Zitzmann von der Technischen Universität München:

    "Interessant ist das für Wafer, die sehr dünn werden. Weil dort diese Kanten messerscharf werden können und kleinste Stöße an den Rändern zum kompletten Waferbruch führen können. Umgesetzt ist das so: an den empfindlichen Seiten greift ein Luftfilm an, der über Ultraschall-Sensoren generiert wird und damit zu einem berührungsfreien Schweben des Wafers über dem Greifer führt – den Wafer also ausjongliert wie das ein Kellner mit einem Teller Suppe macht."

    Ein weiteres großes Thema der Productronica heißt "bleifrei" – denn am dem 1. Januar 2006 müssen alle elektronischen Bauteile umweltfreundlich sein. Stoffe, die seit Jahren in Handys, Computern oder Autos verarbeitet wurden, werden verboten. Einfach sei die Umstellung nicht – hört man – aber den Boom der Branche wird sie sicher nicht aufhalten.