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Feinstaub auch aus Benzinmotoren

In der Feinstaubproblematik geraten nun auch Benzinmotoren ins Visier der Umweltschützer und Mediziner. Der Verkehrsclub Deutschland und die Deutsche Umwelthilfe warnen, dass die beliebter werdenden Benziner mit Direkteinspritzung große Mengen an ultrafeinen Partikeln in die Luft schleudern.

Von Dieter Nürnberger | 23.09.2011
    Es geht zuallererst um die generellen Feinstaubemissionen des Verkehrssektors. Sie haben die Dieselfahrzeuge angesprochen - hier gibt es ja inzwischen gesetzliche Vorgaben für eine bessere Luftreinhaltung. Aus Sicht der beiden Umwelt- und Verkehrsverbände verschärft sich derzeit allerdings dieses generelle Problem, weil inzwischen viele Benziner mit Direkteinspritzung boomen, sprich diese werden vermehrt produziert und auch verkauft. Und hier würden großen Mengen an ultrafeinen Partikeln in die Luft geschleudert, ohne dass jedoch bislang eine gesetzliche Regelung zur Vermeidung bestünde. Der Verkehrsclub Deutschland und die Deutsche Umwelthilfe haben sich heute Vormittag sozusagen wissenschaftlichen Beistand geholt. Erich Wichmann ist Leiter des Instituts für Epidemiologie am Helmholtz Zentrum in München. Er machte darauf aufmerksam, dass dieser Verkehrsfeinstaub direkt in den menschlichen Körper gelangen kann.

    "Wir haben im Körper einen komplizierten Lungenbaum mit sehr verästelten Atemwegen. Damit haben wir auch ein gutes Reinigungssystem der Lunge. Und immer dann, wenn die Partikel relativ groß sind, werden sie durch diese Reinigungswege langsam, aber sicher auch wieder ausgeschieden. Das gilt aber überhaupt für die feineren, die ultrafeinen Partikel. Die gehen nämlich in die Lungenbläschen, und da gibt es diese Reinigungsmechanismen nicht mehr. Die Kleinst-Partikel bleiben dort also eine gewisse Zeit, treten dann aber in das Gewebe ein, sie können in die Blutbahn übergehen."

    Die gesundheitlichen Folgen dieses Feinstaubs, dieser Nano-Partikel, seien nachweisbar gravierend, sagt der Wissenschaftler. So steige die Gefahr eines Herzinfarktes um das 3fache für jene Menschen, die sich in direkter Straßennähe bewegen würden. Eine aktuelle Studie würde dies auch beweisen. In Augsburg wurden in einem Versuch Verkehrsteilnehmer mit Messgeräten verkabelt.

    "So gab es teilweise innerhalb von 5 Minuten, auf jeden Fall aber im Bereich einer halben Stunde, Veränderungen beim EKG. Die sind zwar auch wieder geringer geworden, es wird aber aufgezeigt, dass hier doch ein deutliches Risiko besteht."

    Auf diese Sachverhalte müsse nun reagiert werden, so die Forderung der beiden Umweltverbände. Denn auch Messungen des ADAC, im Auftrag von Verkehrsclub Deutschland und Deutscher Umwelthilfe durchgeführt, hätten kürzlich ergeben, dass moderne Benzinmotoren das Problem verschärfen würden, der Ausstoß von ultrafeinen Partikeln liege 30-mal über dem für Diesel zulässigen Wert. Und gleichzeitig nehme die Anzahl der Benziner mit Direkteinspritzung in Deutschland zu. Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland, VCD:

    "Wir erleben derzeit eine Art Schub. Seit Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung zur CO2-Reduzierung bei neuen PKW ist dies so. Der Grund dafür ist, dass Direkteinspritzer Verbrauchsvorteile von bis zu 20 Prozent gegenüber herkömmlichen Benzinern haben. Deswegen führen die Hersteller diese Technologie auch nach und nach ein. Damit können sie ja die gesetzlichen CO2-Grenzwerte auch gut einhalten. Somit wird wohl der Direkteinspritzer bei Benzinern die herkömmliche Technik ablösen."

    Allerdings sei bis heute politisch nichts passiert. Die beiden Verbände fordern nun, dass auch für die modernen Benziner die derzeit gültigen Grenzwerte für Dieselmotoren gelten sollten. Die EU plant dies für den Zeitraum ab 2014. Doch sei hier konkret noch nichts beschlossen worden. Allerdings gebe es hier auch Widerstand, vor allem von der deutschen Automobilindustrie, so der Experte des VCD.

    Erich Wichmann, der Fachmann des Helmholtz Instituts, unterstützt die politische Forderung.

    "Wenn Benzinmotoren mit Direkteinspritzung die Euro-5-Emissionsgrenzwerte für die Partikelzahl und auch teilweise für die Masse überschreiten, dann müssen sie aus gesundheitlicher Sicht genauso streng behandelt werden, wie Diesel-Fahrzeuge."