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Feinstaub-Gipfel
Auswege aus der Dauerkrise

Fast täglich werden in deutschen Städten die Grenzwerte für Stickoxide überschritten. Einigen Städten drohen schon Strafzahlungen, wenn sie nicht bald etwas unternehmen. In Hamburg kamen Vertreter der Kommunen und der Autolobby mit Verkehrsminister Alexander Dobrindt zusammen, um nach Auswegen zu suchen.

Von Axel Schröder | 01.02.2016
    Autos fahren unter einer Brücke hindurch, an der ein Warnschild mit der Aufschrift "Feinstaub-Alarm Umweltzone Stuttgart - bitte Busse und Bahnen nutzen" hängt.
    Feinstaub-Alarm in Stuttgart. (imago/stock&people/Arnulf Hettrich)
    Die Idee für das Treffen zum Thema Luftschadstoffe hatte Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz schon vor einem Jahr. Damals hatte das Verwaltungsgericht - nach einer Klage des BUND - den Hamburger Senat aufgefordert, endlich Maßnahmen zu treffen, um die schon seit 2010 geltenden Stickoxid-Grenzwerte einzuhalten. Sogenannte "verkehrsbeschränkenden Maßnahmen" sollen aber möglichst vermieden werden, so Olaf Scholz vor dem Gespräch mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und dem Präsidenten des Verbands der Automobilindustrie, Matthias Wissmann:
    "Keiner von uns möchte Fahrverbote. Aber damit wir das erreichen, brauchen wir technischen Fortschritt. Und den miteinander zu besprechen und auf den Weg bringen, das ist das Ziel des heutigen Gesprächs. Es ist ein Auftakt, es soll Fortsetzungen geben. Wir werden heute nicht mit fertigen technischen Lösungen kommen, sondern das soll das Ergebnis des Prozesses sein, der nun einsetzt."
    Fahrverbote, argumentierte auch Verkehrsminister Alexander Dobrindt, gefährdeten die wirtschaftliche Entwicklung: "Wir wollen weiterhin kräftige Städte und Kommunen haben. Und das geht nur mit einem Wachstum auch an Mobilität."
    Diese Mobilität soll aber in Zukunft sauberer vonstattengehen. Zum einen, so Dobrindt, durch eine Erneuerung der Dieselflotte, durch Fahrzeuge, deren Motoren die Werte der bislang schärfsten Abgasnorm "Euro 6" einhalten. Zum anderen solle der Elektromobilität zum Durchbruch verholfen. "Es geht darum, dafür zu sorgen, dass wir die Ladeinfrastruktur auch deutlich verbessert aufbauen. Nicht nur auf den Bundesautobahnen."
    Verkehrsbeschränkende Maßnahmen unumgänglich?
    Und morgen soll es zu diesem Thema auch ein Gespräch im Kanzleramt geben. Dort, das hofft der Cheflobbyist der Automobilbranche, Matthias Wissmann, sollte auch über ein Fördersystem zum besseren Absatz von Elektroautos nachgedacht werden. Aber allein mit diesen Maßnahmen, kritisiert Manfred Braasch vom BUND in Hamburg, ließen sich die schon seit sechs Jahren geltenden Grenzwerte nicht einhalten.
    "Wir müssen dort, wo die Belastungssituationen extrem hoch sind, auch verkehrsbeschränkende Maßnahmen wie zum Beispiel Durchfahrverbote für LKWs oder auch mehr "Tempo 30"-Zonen auf Hauptstraßen. Ganz prominent für den BUND ist natürlich der Vorschlag einer "Blauen Plakette".
    Dieser Vorschlag stammt aus Baden-Württemberg, aus Stuttgart, das vom grünen Oberbürgermeister Fritz Kuhn regiert wird. Auch er war heute, wie seine Amtskollegen aus München, Berlin und Wiesbaden, Mainz, Münster und Aachen nach Hamburg gekommen, um Auswege aus der Praxis der alltäglichen Grenzwertüberschreitungen zu finden. In Wiesbaden und Darmstadt drohen mittlerweile Strafzahlungen, wenn die Städte die Belastung nicht effektiv senken, in Hamburg hat der BUND Klage angekündigt. Und auf EU-Ebene wird in gleicher Sache ein Vertragsverletzungsverfahren vorbereitet.