Biologen der Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg in Langenargen und der Universität Konstanz untersuchten die Entwicklung von Eiern und Larven der Blaufelchen in unterschiedlichen Wassertemperaturen. Die Larven der Kälte-liebenden Felchen würden bei höheren Temperaturen deutlich früher schlüpfen, also nicht wie üblich im Februar, sondern vielleicht schon Ende Januar, erklärten die Forscher. Zu diesem Zeitpunkt seien aber Futterorganismen noch nicht ausreichend vorhanden. Auch würden mehr Eier absterben, weil sie bei wärmerem Wasser eher von Mikroorganismen befallen würden. Für erfolgreich geschlüpfte Larven gehe der Überlebenskampf weiter. Normalerweise seien sie über den Dottersack mit einem kleinen eingebauten Nahrungsvorrat zunächst gut versorgt. Doch bei höheren Temperaturen verbrauche sich der Vorrat überproportional schnell.
Bodensee wird immer wärmer
Im tiefen Wasser des Bodensees, wo sich die Eier der Blaufelchen entwickeln und die Larven schlüpfen, lag die Temperatur im Jahresdurchschnitt 2023 bei 5,4 Grad. Das ist ein neuer Höhepunkt. Zehn Jahre zuvor waren es noch 4,3 Grad. Die Temperatur steigt von Jahr zu Jahr an. An der Wasseroberfläche erreichte 2022 die Temperatur im Jahresdurchschnitt einen Höchstwert von 14,1 Grad. 1962 betrug sie im Schnitt noch 10,5 Grad.
Weil die Felchenerträge seit Jahren zurückgehen, dürfen die Fische seit Januar im Bodensee-Obersee nicht mehr gefangen werden. Während einer dreijährigen Schonzeit soll sich der Bestand nun erholen. Zudem werden die Felchen nachgezüchtet und erst in einem größeren Larvenstadium in den Bodensee gesetzt.
Die Gründe für den dramatischen Ertragsrückgang sind vielfältig. Die Felchen finden zum einen weniger Futter. Doch die aktuell größte Rolle spielt Fischexperten zufolge der Stichling. Der kleine Fisch wurde Anfang der 1950er Jahre erstmals im Bodensee nachgewiesen und hat sich seit 2012 explosionsartig vermehrt. Heute dominiert der Stichling den größten Lebensraum des Sees, das Freiwasser.
Diese Nachricht wurde am 03.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.