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Felsgravuren im Hunsrück
"Bewahrung wird großer finanzieller Aufwand"

Die 25.000 Jahre alten tierförmige Gravuren in einem Felsen im rheinland-pfälzischen Hunsrück sind die ältesten in Deutschland, sagt Landesarchäologe Axel von Berg. Da die Fundstelle nur schwer zu begehen sei, werde die Rettung und Bergung dieser altsteinzeitlichen Felskunst teuer sein, so von Berg.

Axel von Berg im Gespräch mit Antje Allroggen | 03.07.2014
    Pferdegruppe, die in einen Felsen im Hunsrück eingraviert ist
    Sensationeller Fund 25.000 Jahre alter Felskunst im Hunsrück (GDKE Rheinland-Pfalz)
    Antje Allroggen: So wie jedes Foto ein Stück Seele des Fotografierten einfängt, so tun es vielleicht auch die steinzeitlichen Höhlenmalereien. Daran glaubten zumindest die Menschen damals. In Gondershausen, im Hunsrück gelegen, ist nun eine archäologische Sensation gelungen. Dort wurden altsteinzeitliche Felsgravuren entdeckt, die vermutlich die ältesten Funde paläolithischer Felskunst in Europa, zumindest in Deutschland sein könnten. Vermutlich wurden die Felsgravuren vor 20.000 oder 25.000 Jahren erstellt.
    Axel von Berg, Landesarchäologe in Rheinland-Pfalz, handelt es sich also um einen Fund, der noch älter ist als die Höhlenmalerei von Lascaux in der französischen Dordogne?
    Axel von Berg: Nein. Gerade das ist nämlich genau die Fragestellung. Wir haben jetzt mit den Gravuren die nördlichsten dieser altsteinzeitlichen Felsgravuren gefunden, und es sind nicht die ältesten in Europa, sondern die ältesten in Deutschland. Wir kennen ja aus Spanien und Portugal einiges an diesen künstlerischen Leistungen des frühen Menschen und wir konnten nun zum ersten Mal hier in unseren nördlichen Gebieten und dann noch in der Mittelgebirgszone des Hunsrücks solch schöne und wunderschöne Gravuren nachweisen.
    Allroggen: Was hat denn den Fund so gut gegen Witterungsschäden geschützt?
    von Berg: Sie müssen sich vorstellen, dass die Fundstelle in einem Seitental der Mosel liegt, wo es große Schieferwände gibt und große Schieferformationen, und wahrscheinlich durch einen leichten Überhang, der dort entstanden ist, haben sich diese Gravuren erhalten und wurden vor der Witterung geschützt. Wir haben die Gravuren in sehr deutlicher Darstellung hier unter einem Schieferfelsen erhalten, was wirklich eine echte Sensation für Deutschland ist.
    Allroggen: Entdeckt wurden die Gravuren ja schon vor etwa 22 Jahren von einem Gondershausener Bürger. Warum hat man so viele Jahre dafür gebraucht, um den Wert dieser Malereien zu benennen und die Gravuren zu datieren?
    von Berg: Es handelt sich hier um einen interessierten Laien, der die Sachen tatsächlich vor so langer Zeit gefunden hat und erst vor zwei, drei Jahren mit diesem Wissen zur Landesarchäologie, sprich zu uns Fachleuten gekommen ist und gesagt hat, Mensch, hier habe ich was entdeckt, könnt ihr mal gucken, was das ist.
    Darauf haben wir uns die Fundstelle genau angeschaut und mussten dann natürlich, weil wir schon die Vermutung hatten, dass es sich um was sehr Altes handelt, natürlich entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen durchführen, um wirklich verifizieren und nachweisen zu können, dass es aus der Zeit und keine jüngeren Gravuren. Diese Untersuchungen haben etwa zwei Jahre gedauert.
    Allroggen: Und was ist auf diesen Gravuren genau zu sehen?
    Pferde aus der Alteinsteinzeit
    von Berg: Sie müssen sich vorstellen, es ist eine senkrechte Schieferwand und auf dieser Schieferwand sind mehrere Pferdedarstellungen erkennbar. Es sind also tief eingravierte Pferde in Halbrelief, die eine Größe haben von etwa einem halben Meter und von der Stilistik und der Machart eindeutig in eine frühe Phase der jüngeren Altsteinzeit gehören.
    Allroggen: Das muss ja ein Traum sein für Sie, so eine Entdeckung zu machen.
    von Berg: Wie gesagt, Rheinland-Pfalz hat ja sehr viel zu bieten. Ich muss an dieser Stelle das Land mal loben. Aber wir waren doch sehr überrascht, gerade auch von der Qualität dieser Gravuren. Auch war das natürlich noch die Voraussetzung, sagen zu müssen oder sagen zu können, es ist tatsächlich so alt. Deshalb haben auch die Untersuchungen so lange gedauert.
    Allroggen: Und was wird nun mit den Felsgravuren passieren? Werden sie zu Forschungszwecken ihren Platz verlassen müssen, oder sind sie schon bald für die Öffentlichkeit zugänglich?
    von Berg: Wir haben natürlich das große Problem auch von Vandalismus, gerade an der Stelle. Deshalb haben wir die genaue Fundstelle auch nicht richtig preisgegeben. Es laufen derzeit Überlegungen, wie man zum einen die Felsformation vor Ort sichern kann, dauerhaft sichern kann, und zum anderen auch, wie man die Felswand auch für die Nachwelt erhalten kann. Es sind also Überlegungen, auch von wissenschaftlicher Seite, auch von den einzelnen politischen Positionen, gerade in der Region, wo jetzt Diskussionen beginnen, wie man das Ganze dauerhaft konserviert.
    Allroggen: Das könnte also ein erheblicher auch finanzieller Forschungsaufwand sein?
    von Berg: Es wird ein sehr großer finanzieller Aufwand sein, weil die Fundstelle topografisch in einem Steilhang liegt, der sehr schwer nur zu begehen ist, sodass man hier grundsätzlich überlegen und auch mit Fachleuten der Steinsicherung diskutieren muss, wie man das Ganze wirklich rettet und auch bewahrt.
    Allroggen: Der rheinland-pfälzische Landesarchäologe Axel von Berg über den Fund altsteinzeitlicher Felsgravuren im Hunsrück.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.