
Eine Bühne im großen Gemeinschaftsraum der Freizeitstätte Wolfshausen bei Marburg. Einige Pädagogen sind in die Rolle von Animateuren geschlüpft. Verkleidet als Wikinger oder mit Liedtexten auf Plakaten kündigen sie schon beim Frühstück an, welche Vielfalt an Freizeitangeboten sie am Abend anbieten: Von Wikingerschach über eine Backaktion bis zu Aerobic oder einer Musiksession reicht das heutige Angebot. Das gemeinsame Singen und Klatschen wird gleich einmal zum Tagesauftakt geprobt.
Doch dann geht es erst einmal in die Lerngruppen. 50 Jugendliche aus Offenbach, Wiesbaden und anderen Städten Hessen büffeln in der abgelegenen Freizeitstätte Wolfshausen in den Osterferien Mathe, Deutsch oder Englisch, weil sie einen Nachholbedarf haben und versetzungsgefährdet sind. Einige Jugendliche freiwillig im Camp, so Camp-Leiterin Kirsten Genenger:
"Und wir haben andere Jugendliche, die nicht ganz freiwillig da sind, die geschickt werden von den Eltern, von der Schule und die sind erst mal nicht begeistert."
Doch nach vier Tagen hat sich das bei den meisten geändert. Denn auch in den Lerngruppen ist nicht langweiliges Pauken angesagt, sondern es werden Liedtexte geschrieben und vertont. Der Matheunterricht wird mithilfe eines gemeinsam gestalteten Videoclips spannend gemacht, für den einzelne Fotos mit mathematischen Mitteln am Computerbildschirm zu einem Film zusammengefügt werden:
"Ich bin halt im Mathe-Kurs "Numbers and Motion" und wir machen da so Stop-Motion-Filme. Das sind so einzelne Bilder, die werden am Ende zusammenfotografiert und dann wird da am Ende so ein kleiner Film daraus."
"... alle nett, auch die Teamer und Teamerinnen"
Sie heißen Tucash, Tahin, Julian oder Anwar. Eine Gruppe 14 und 15 Jahre alter Jungen aus Wiesbaden, Offenbach und Neu-Isenburg südlich von Frankfurt am Main freut sich schon beim gemeinsamen Frühstück auf die Lerngruppen. Einige geben zu, dass das zu Wochenbeginn noch nicht so war, als sie nach Wolfshausen kamen. Denn schließlich haben ihre Mitschüler Ferien:
"Aber als ich hier her gekommen bin und sofort die Leute zu mir kamen, alle nett, auch die Teamer und Teamerinnen."
"Also ich fand am Anfang, das wird langweilig hier. Und das hat sich halt komplett geändert."
Ein Songprojekt hat es den Jugendlichen aus Südhessen so angetan, dass sie nach vier Tagen das anhaltend miese Wetter längst vergessen haben. Das Projekt heißt "Camp-Jam":
"Im Camp-Jam machen wir einen eigenen Song, den wir den anderen dann am letzten Donnerstag vorstellen."
Die Gruppe arbeitet mit Leidenschaft an eigenen Songtexten und sogar eigener Musik. Bei so viel Kreativität sind die Wetter-Kapriolen des Ostercamps kein Thema mehr. Etwa der Orkan, der vor zwei Tagen sogar einen Baum im Camp ausriss und auf die Gemeinschaftsküche fallen ließ. Die Feuerwehr musste anrücken und die Jugendlichen durften den nahen Wald gar nicht mehr betreten. Langeweile kommt trotzdem nicht auf, so Camp-Leiterin Kirsten Genenger:
"Wir bringen ganz viel Material mit. Laptops, Aufnahmegeräte, Kameratechnik, Fotoapparate, Spiegelreflexkameras sind mit da. Und auch der ganze Kreativbereich ist mit da, sodass Kostüme gebastelt werden können. Hüte, und Schminke, wir haben viel, viel Material in allen Bereichen, sodass ein ganze Menge möglich ist."
Auch über die Ostertage bleiben die Schüler aus Südhessen im Camp und lernen weiter. Erst Ende der kommenden Woche kehrt man wieder zurück nach Offenbach oder Wiesbaden. Die Camp-Leiterin und ihr 20-köpfiges Team werden dann noch mal vor Ort nachschauen, wie das Camp sich ausgewirkt hat:
"Wir haben zwei Termine, wo wir noch mal an den Schulen sind, wo wir die Jugendlichen dann noch mal nachbegleiten. Sodass sie einen guten Übergang dann auch in die Schule haben."
Viele Jugendliche werden mit der Erfahrung nach Hause zurückkehren, dass Lernen auch in den Ferien richtig Spaß machen kann, wenn die Projektideen gut sind und die Pädagogen mit Engagement bei der Sache sind. Sogar als Animateure im Wikinger-Kostüm.