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Fernbus statt Zug

Im Koalitionsvertrag zwischen Union und FDP ist eine Liberalisierung des Fernbusverkehrs vereinbart. Doch die Unternehmen, die mehr Personenverkehr von der Schiene auf die Straße holen wollen, haben in der Deutschen Bahn AG einen mächtigen Konkurrenten.

Von Helmut Frei | 09.02.2011
    Eine ehemalige Fabrik in Offenbach am Main. Aus dem Gebäude ist ein Gewerbezentrum geworden, in dem etliche kleine Firmen untergekommen sind. Eine davon heißt "Dein Bus". Das Unternehmen bietet nach dem Prinzip von Mitfahrzentralen Busfahrten zwischen verschiedenen Städten an und sorgt damit seit ein paar Monaten für Aufregung in der deutschen Verkehrspolitik. Das wirkt zunächst unverständlich, weil auch Bundesverkehrsminister Ramsauer plant, den Fernbusverkehr in Deutschland auszuweiten. Dieser soll zu einer preiswerten Alternative im gesamten Personenfernverkehr werden.

    Doch die jungen Pioniere von "Dein Bus" sind der Deutschen Bahn ein Dorn im Auge. Der Staatskonzern fürchtet offenbar die Konkurrenz zum eigenen Fernverkehr und zieht vor Gericht, ein Kampf wie David gegen Goliath. Jetzt hofft Christian Janisch, einer der Gründer der Busmitfahrzentrale, auf juristischen Beistand für das Unternehmenskonzept von "Dein Bus".

    "Auf jeden Fall ist das auch eine Überzeugungstat von uns, weil wir selbst ganz oft gemerkt haben im Studium, dass wir mobil sein müssen, dass es sehr teuer ist, wenn wir mit der Bahn fahren oder es ist mit dem Auto - wir hatten selbst keine Autos zur Verfügung, dass es einfach fehlt, und dass es großen Bedarf gibt. Und als wir dann so rumgefragt haben bei Bekannten, haben die auch gesagt: Ja, auf jeden Fall, ich würde sofort mitfahren. Und wir merken eben auch jetzt, wo wir's angefangen haben, dass die Nachfrage sehr, sehr groß ist."

    Christian Janisch ist Absolvent der privaten Zeppelin-Universität in Friedrichshafen am Bodensee. Mit zwei Kommilitonen, die ebenfalls darauf brannten, die gepaukten betriebswirtschaftlichen Kenntnisse in die Praxis umzusetzen, hat der junge Mann "Dein Bus" gegründet. Zuvor mussten sie das Personenbeförderungsgesetz genau studieren. Es regelt, wer eine Genehmigung für Busverkehr bekommt. Das Gesetz unterscheidet zwischen Gelegenheitsverkehr und Linienverkehr.

    Gelegenheitsverkehr sind beispielsweise Ausflugsfahrten, die nicht von einer Behörde genehmigt werden müssen. Linienverkehr setzt normalerweise einen Fahrplan voraus und muss genehmigt werden. Laut Personenbeförderungsgesetz darf eine neue Fernbusverbindung nur dann eine Erlaubnis bekommen, wenn die Linie nicht schon "befriedigend bedient" wird.

    Was befriedigend bedeutet, ist allerdings umstritten. Im betreffenden Paragrafen ist an einer Stelle ausdrücklich von "Eisenbahnen" die Rede. Vor allem der Schienenverkehr soll durch die Regelungen vor den Härten des Wettbewerbs geschützt werden. Und so profitiert die Deutsche Bahn von der Klausel, weil ihre Fernzüge meistens schon vor den Bussen auf den jeweiligen Strecken unterwegs waren. Die Initiatoren von "Dein Bus" mussten wissen, mit wem sie sich anlegen. Um von dem übermächtigen Transportriesen nicht ausgebremst zu werden, nutzten sie die interpretationsfähigen Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes und entwickelten ihre clevere Geschäftsidee.

    "Also, wir haben dann gesagt: Na ja, wenn sich die Leute im Internet zu einer Reisegruppe zusammenschließen und einen Bus mieten, dann ist das kein Linienverkehr. Und das war so unsere Idee, dass wir nicht durch dieses Monopolgesetz behindert werden. Und haben dann mit den Behörden Rücksprache gehalten und Anträge gestellt und Genehmigungen beantragt, die wir eben haben beantragen müssen. Der erste Bus fuhr im Dezember 2009 von Frankfurt nach Köln. Und wir sind dann auch mitgefahren. Und das war wirklich ein ganz einzigartiges Gefühl."

    "Dein Bus" organisiert also nach eigenem Verständnis keinen Linienverkehr nach Fahrplan, sondern Gelegenheitsfahrten. Ähnlich wie bei den Mitfahrzentralen melden sich die Interessenten für eine Reise zum Beispiel von Köln nach Frankfurt per E-Mail bei dem kleinen Start-up-Unternehmen an. In der Offenbacher Zentrale werden die Anfragen gesammelt und schließlich zu einer Tour zusammengestellt. Bus und Personal werden bei einem Busunternehmen gechartert. Von "Dein Bus" erfahren die Reisenden dann die Einzelheiten wie zum Beispiel den genauen Abfahrtsort und den Reisepreis. Kann die Fahrt nicht stattfinden, weil die Mindestteilnehmerzahl nicht erreicht wurde, versprechen die jungen Buspioniere das Ausfallrisiko zu tragen.

    Das zuständige Landratsamt in Friedrichshafen hat das Geschäftsmodell von "Dein Bus" akzeptiert. In der Stadt am Bodensee ist der offizielle Sitz der jungen Firma. Nach Ansicht der Behörde ist deren Konzept mit dem geltenden Personenbeförderungsgesetz vereinbar. Dieses Gesetz stammt in seinen Grundzügen aus den 30er-Jahren. Nun wird es vom Bundesverkehrsministerium überarbeitet, der erste Referentenentwurf wurde bereits vorgelegt. Er wird jetzt mit den anderen Ministerien abgestimmt. Bereits im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP war eine Liberalisierung des Fernbusverkehrs vereinbart worden, erklärt der Patrick Döring, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag:

    "Wir nehmen wahr, dass viele Unternehmerinnen und Unternehmer im Busbereich glauben, auf den Mittelzentrenverbindungen Fernbuslinien lukrativ anbieten zu können. Und deshalb wollen wir diesen Markt ein Stück weit liberalisieren. Wir wissen aus anderen Ländern und Studien, dass eben eine andere Zielgruppe mit dem Fernbus erreicht wird: Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten, aber auch Rentnerinnen und Rentner, die nicht bereit sind, die Preise im ICE auch für die zweite Klasse zu bezahlen, sondern dann vielleicht auf Mobilität verzichten würden oder ihren PKW nehmen."

    Genauso sieht es Toni Hofreiter: Der verkehrspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen hält das Personenbeförderungsgesetz in seiner heutigen Form für überholt. Der Münchner unterstützt das Angebot von "Dein Bus":

    "Ich bin dafür, dass dieses Angebot zugelassen wird. Weil es ist eine Ergänzung zu bestehenden Angeboten der Bahn, es ist eine kostengünstige Ergänzung. Es ist eine Ergänzung, die mehr Flexibilität möglich macht. Es ist eine Ergänzung, die auch Menschen, die über ein geringeres Einkommen verfügen, Alternativen zum Auto oder zur Mitfahrgelegenheit ermöglicht. Und der Bus ist ähnlich umweltfreundlich, wenn man es richtig ausgestaltet wie die DB AG."

    Skeptischer betrachtet Uwe Beckmeyer, der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, einen Ausbau des Busverkehrs.

    "Weil das ist ein Thema, was dazu führt, dass wir wieder mehr Verkehr auf die Straße, auf die Autobahn bekommen, statt auf der Schiene zu lassen. Mir geht's eher darum, dass der Schienenverkehr attraktiv wird, vom Preis wie aber auch vom Angebot."

    Offenbar fürchtet die Deutsche Bahn AG tatsächlich, Fahrgäste an den Bus zu verlieren, wenn Fernbusse auf den Markt drängen. Die sind auf internationalen Verbindungen zum Beispiel zwischen Deutschland und der Ukraine allerdings längst im Einsatz. Deshalb fragt Patrick Döring von der FDP, warum das nicht grundsätzlich möglich sein sollte:

    "Es kennt kein Land der Europäischen Union die Schutzvorschrift, die wir kennen. Insofern passen wir unser Recht jetzt an die europäischen Standards an, und das ermöglicht natürlich auch grenzüberschreitende Verkehre sowohl von Deutschland in die Niederlande, nach Belgien und Frankreich wie auch nach Polen und in die Tschechische Republik. Weil gerade auf diesen Destinationen die Eisenbahn leider noch sehr schwach ist. Und deshalb wird es für die internationalen Destinationen sicher ein sehr attraktives Angebot auch im Fernbusbereich geben."

    Auch die Deutsche Bahn selbst ist bereits heute im grenzüberschreitenden Fernbusverkehr aktiv. So auf der Strecke Nürnberg-Prag als Alternative zum Zug. Auf nationalen Linien versucht sich die DB AG, die Konkurrenz vom Leib zu halten. Der Prozess gegen "Dein Bus" vor dem Landgericht Frankfurt läuft noch - Ausgang ungewiss. Bis zur Entscheidung nimmt die Bahn in der Öffentlichkeit nur mit allgemein gehaltenen schriftlichen Erklärungen Stellung zu dem Fall. Darin verweist sie auf eine "Risikoanalyse" des Bundesverkehrsministeriums und fasst deren Ergebnisse zusammen.

    Demnach seien 60 Prozent der künftigen Fernbuspassagiere Umsteiger von der Schiene und 20 Prozent Umsteiger vom Auto. Weitere 20 Prozent sollen neue Kunden sein, die erst das günstigere Busangebot zu Reisen bewegt. Die Deutsche Bahn befürchtet, sie werde nicht zuletzt auf stark befahrenen ICE-Strecken bis zu zehn Prozent der Verkehrsnachfrage verlieren. Für den Grünen-Verkehrspolitiker Toni Hofreiter ist das Panikmache:

    "Wir haben eine sehr erfolgreiche ICE-Verbindung zwischen Berlin und Hamburg. Und nebendran fährt sehr erfolgreich ein Fernlinienbus. Dieser Fernlinienbus wird auch von der DB AG betrieben. Es ist eigentlich meiner Meinung nach völlig absurd, wenn die DB AG Fernlinienbusse betreiben kann, wo sie will, aber jemand anders, der das den Kunden anbieten will, der darf das dann nicht. Aber so wie jetzt, dass wir eigentlich ein doppeltes Monopol haben: Monopol der DB AG im Fernverkehr Schiene und Monopol der DB AG im Fernverkehr Bus, das ist nicht sinnvoll."

    Ein doppeltes Monopol also. Die Deutsche Bahn AG nutzt es wie im Fall der lukrativen Verbindung Berlin - Hamburg für einen Parallelverkehr auf der Straße und auf der Schiene. Schon vor dem Fall der Mauer galten die Einschränkungen beim Busverkehr nicht für die Verbindungen zwischen dem Bundesgebiet und Berlin. Wenn heute Wettbewerber wie "Dein Bus" auf den Markt drängen, möchte der bundeseigene Schienenriese Busfernverkehr gerichtlich verbieten lassen. Das widerspricht den Grundsätzen der europäischen Verkehrspolitik. Die EU hat die Weichen in Richtung Liberalisierung längst gestellt.

    Und Deutschland folgt dieser Idee. Die Änderung des Personenbeförderungsgesetzes für Fernbuslinien ist noch in Arbeit, aber im Schienennahverkehr ist das Monopol der Bahn längst gefallen. Auf vielen Nahverkehrsstrecken in Deutschland fahren inzwischen nicht bundeseigene Bahnen. Im Fernverkehr jedoch versucht die DB immer wieder, die lästige Konkurrenz auszubremsen.

    Gleichzeitig pocht das Mammutunternehmen bei seinem Engagement in anderen Ländern auf den uneingeschränkten Zugang zu Strecken und Bahnhöfen. So beispielsweise in Italien. Die dortige Staatsbahn hat verfügt, dass ein Zug aus Deutschland, der München und Venedig verbindet, nach Mailand nicht fahrplanmäßig an italienischen Bahnhöfen halten darf. Sie möchte auf diesem Abschnitt das Geschäft nicht mit ausländischen Bahnen teilen. Dagegen hat die Deutsche Bahn protestiert. Sie fühlt sich diskriminiert und beharrt auf dem freien Zugang.

    Auf Dauer wird der bisherige deutsche Monopolist nicht bestimmen können, wann Liberalisierung gelten soll und wann nicht. Nach der geplanten Gesetzesänderung muss sich die DB AG auch im inländischen Busfernverkehr dem Wettbewerb stellen. Im Gegensatz zu den Managern des staatlichen Transportunternehmens sieht der grüne Bundestagsabgeordnete Toni Hofreiter nicht die Gefahr, dass die Bahn durch den Fernbus erhebliche Marktanteile verliert. Hofreiter beruft sich auf andere Studien:

    "Untersuchungen haben auch ergeben, dass der Hauptkonkurrent von einem vernünftigen Fernlinienbusverkehr ist nicht der Zug. Der Hauptkonkurrent ist die Mitfahrzentrale, der Hauptkonkurrent ist das billige alte Auto mit drei, vier Studenten besetzt. Konkurrent ist der klassische PKW. Die Bahn verliert nur dann Kunden, wenn sie ein sehr langsames, sehr schlechtes Angebot auf einer Strecke hat."

    Ein privates Busunternehmen, das sich mit einer innerdeutschen Strecke gegen die Bahn behauptet, ist die Firma "Deutsche Touring" mit Sitz in Frankfurt am Main. Sie bietet eine Nachtbusverbindung zwischen Mannheim und Hamburg an. Bis vor wenigen Jahren war die "Deutsche Touring" ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn. 2005 wurde sie an ein spanisch-portugiesisches Konsortium verkauft.

    Bereits im vergangenen Jahr plante die "Deutsche Touring" eine Linienbus-Verbindung Frankfurt-Dortmund. Das in diesem Falle zuständige Regierungspräsidium in Darmstadt hatte die Genehmigung bereits erteilt. Aber dann zog die Deutsche Bahn vor Gericht. Die Einwände des Konzerns wurden schließlich vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt, das der "Deutschen Touring" die Betriebserlaubnis für die Strecke wieder entzog.

    In seiner Urteilsbegründung fügte das Bundesverwaltungsgericht allerdings ein weiteres Kriterium für die Genehmigung von Fernbuslinien ein. Demnach muss der Anbieter einer solchen Linie nicht nur einen Bedarf nachweisen, sondern diese muss auch deutlich billiger sein als die entsprechende Bahnverbindung. Genau das will Deutsche-Touring-Chef Michael Svedek bei künftigen Genehmigungsverfahren nachweisen. Er glaubt fest an ein Fernbusnetz in Deutschland.

    "Wir werden sicherlich die großen Zentren miteinander verbinden - müssen, sag sich jetzt einmal. Weil das der Kunde will. Und werden mit regionalen Busunternehmen Kooperation machen, dass die dann aus dem Umland, aus der Region dann die Leute dem Fernverkehr zuführen. Dann ist das, glaube ich, eine ganz gute Alternative und eine gute Ergänzung auch."

    Das setzt jedoch mehr voraus, als einfach viele einzelne Buslinien zu eröffnen. Das weiß auch Gunther Mörl vom Bundesverband deutscher Omnibusunternehmer. Er fordert, die Buslinien zu einem Netz zu knüpfen, das attraktiv gestaltete Busbahnhöfe miteinander verbindet.

    "Wir müssen eine echte Infrastruktur haben: Busterminals, wo die Fahrgäste sitzen können, wo sie unterhalten werden, wo sie was essen können, wo sie was trinken können, wo sie bestens informiert werden über entsprechende Linien und so weiter. Dieses fehlt. Da müssen die Unternehmen gemeinsam mit dem Staat versuchen, etwas zu machen."

    Soweit sind die Verkehrspolitiker noch lange nicht mit ihren Überlegungen zur künftigen Rolle des Fernbusverkehrs. Die Politik muss erst den gesetzlichen Rahmen schaffen, damit er sich entwickeln kann. Welche Zielgruppen Fernbusse vor allem umwerben sollen, das entscheidet die Branche. Gunther Mörl vom Verband der Busunternehmen hat da eine klare Meinung:

    "Das sind Leute, die haben nicht so sehr viel Geld, die sind sozial nicht so gut gestellt. Die gucken nach günstigen Preisen. Die haben teilweise auch mehr Zeit - und da haben wir in Deutschland eine ganze Menge von."

    Soll sich der Busfernverkehr in Deutschland also tatsächlich als Mobilitätsangebot für Leute mit kleinem Geldbeutel profilieren, während die Bahn für diejenigen da ist, die nicht jeden Cent rumdrehen müssen? Selbst wenn man diese Perspektive für ein Fernbusnetz nicht sieht, stellt sich die Frage, ob die starke Betonung des Preises nicht einen Discounter-Mechanismus im öffentlichen Verkehr auslösen könnte, eine "Aldisierung" nach dem Motto: je billiger, desto besser.

    Diese Befürchtung teilt Michael Svedek von der Busgesellschaft Deutsche Touring nicht. Abgesehen vom Preis gebe es etliche weitere Pluspunkte, die für den Fernbus sprächen:

    "Wir haben natürlich auch den Komfort, dass jeder Passagier bei uns einen Sitzplatz garantiert hat, weil wir gar nicht Stehplätze anbieten dürfen. Auch gerade älteren Leuten können wir den Vorteil anbieten, dass sie ihre Koffer nicht durch ein, zwei Waggons schleppen müssen und dann noch vielleicht oben in ein Regal wuchten müssen, sondern bei uns stellen sie's vor den Bus, und der Busfahrer tut das unten in den Kofferraum rein, und sie haben dann ein ganz bequemes Reisen."

    Andere europäische Länder haben kein so dichtes Eisenbahnnetz wie Deutschland. Sie setzen deshalb auch im nationalen Fernverkehr schon seit Langem stark auf den Bus, wie Christian Janisch von der Firma "Dein Bus" betont.

    "In England gibt's wirklich neben der Bahn für ganz viele Routen ganz verschiedene Busse, die auch verschiedene Menschen ansprechen. Es gibt die günstigen Busse, wo dann die Sitzreihen enger sind, es gibt aber auch die Luxusbusse, mit kostenlosem Internet und Stewards an Bord; und ich glaube, dass, wenn jetzt dann die Liberalisierung kommt, des Busmarktes, dass sich dann sehr, sehr viel hier auch noch verändern wird, dass wir den Bus bald als ganz normales Verkehrsmittel ansehen, so wie wir im Moment eben nur den Flieger oder die Bahn oder das Auto kennen."

    Die Betreiber von "Dein Bus" hoffen auf einen weitestgehend liberalisierten Markt. Gunther Mörl vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer plädiert jedoch für ein gewisses Maß an Regulierung:

    "In der Tat ist das eine Gratwanderung: Wie viel Liberalisierung, wie weit soll die Liberalisierung gehen. Das heißt: Catch as catch can, jeder darf fahren ohne Zulassung und ohne Nachweis, ob er überhaupt geeignet is. Oder bringt man das in gewisse saubere Bahnen, was auch für die Fahrgäste natürlich viel besser ist? Weil das geht um Sicherheit, es geht um die Qualität der Bedienung. Es geht darum: Finden diese Linien überhaupt statt, so wie sie im Fahrplan stehen?"

    Ganz ähnlich argumentiert der FDP-Verkehrspolitiker Patrick Döring. Er zählt eine ganze Reihe von regulierenden Maßnahmen auf, die bei der anstehenden Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes berücksichtigt werden sollen:

    "Die in Deutschland geltenden Standards für die Sicherheit der Fahrzeuge, für die Qualität des eingesetzten Fahrpersonals, für die Zuverlässigkeit des Fahrplans, die sogenannte Betriebspflicht. Der angemeldete Fahrplan muss eben auch gefahren werden. Eine Preisregulierung oder eine Marktzugangsregelung ist aus meiner Sicht nicht nötig. Wenn es dann da zu Auswüchsen käme, was ich nicht erwarte, dann könnte man immer noch Regulierungen nachsteuern, aber man soll nicht einen Markt, den es gar nicht gibt, gleich mit Regulierungen überfrachten."

    Mit dieser Absichtserklärung eines Politikers aus den Reihen der Regierungskoalition müsste die Deutsche Bahn AG leben können. Denn auch sie bemüht in dem Prozess, den sie gegen das Start-up-Unternehmen "Dein Bus" führt, die Stichworte Fahrplan und Betriebspflicht. In einer schriftlichen Stellungnahme ist zu lesen, ein Wettbewerber, der sich keinerlei Verpflichtungen unterwerfe, Fahrpläne einzuhalten und nur bei Bedarf fahre, gefährde die Grundlage zuverlässiger Verkehrsangebote.

    Jetzt ist das Landgericht Frankfurt am Zug. Es muss klären, ob "Dein Bus" Linien- oder Gelegenheitsverkehr anbietet und - falls das Angebot als Linienverkehr gilt - das Unternehmen eine Genehmigung erhält. Und es steht ja außerdem noch gar nicht fest, ob das Geschäftsmodell der Firmengründer überhaupt funktioniert. Die Jung-Unternehmer erhalten zwar viel Zuspruch und politische Rückendeckung, aber ihr Unternehmen muss sich im Alltag erst richtig bewähren. An die zehn Bustouren pro Woche und ein paar Hundert Fahrgäste - das ist ein Anfang, nicht mehr.

    Zudem profitiert die Busmitfahrzentrale von den Negativschlagzeilen, die der Deutschen Bahn Großprojekte wie "Stuttgart 21" und massive technische Probleme ihrer Züge einbrachten. Auf dieser Welle surft "Dein Bus" derzeit, wie Mitinhaber Christian Janisch zugibt:

    "Dieser Wind, der da im Moment gegen die Bahn bläst, der ist natürlich auch Rückenwind für uns, weil natürlich alle sagen: ah, ihr seid ne Alternative. Wir selbst sind aber überhaupt keine Bahngegner und sind auch große Freunde der Bahn, nach wie vor, obwohl sie uns jetzt verklagt hat. Wir sind immer für etwas gewesen und zwar für den Bus und für ein zusätzliches Angebot, was Leute anspricht, die sonst nicht mit dem Zug fahren."