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Fernerkundung zur Verhütung von Bergbaufolgeschäden

Bergbau. - Die meisten Bergbauregionen haben die bittere Erfahrung oft auch noch Jahrzehnte nach dem Ende des Betriebes gemacht: Die aufgelassenen Gruben sind eine andauernde Gefahr für die über ihnen liegenden Gemeinden. Tagesbrüche nennt der Bergmann die Löcher, die sich urplötzlich in der Erde auftun, wenn ein Teil einer ehemaligen Zeche einbricht. An der Technischen Universität Clausthal-Zellerfeld beschäftigt sich das mit den Spätfolgen des Bergbaus.

07.11.2002
    Einer der Organisatoren, Klaus Maas vom Institut für Geotechnik der Technischen Universität, sprach mit dem Deutschlandfunk. Die Fragen stellte Ralf Krauter.

    Krauter: Welche Rolle spielt die Fernerkundung bei der Überwachung kritischer Regionen?

    Maas: Die Fernerkundung ist natürlich ein sehr aktuelles Thema, weil es dort aus dem Bereich der Geografie Techniken gibt, die jetzt auch der Bergbau im Sinne einer Früherkennung anzuwenden versucht. Und hier gab und gibt es Forschungsvorhaben, um plötzlich eintretende Veränderungen an der Tagesoberfläche vielleicht mit einem Vorlauf von einigen wenigen Wochen zu erkennen, durch Bildverarbeitung, durch Bildinterpretation. Grundlage sind Satellitenbilddaten und Luftbilder, um dann im Sinne einer Frühwarnung Bereiche zu erkennen, aus denen Gefahren hervorgehen können: Tagesbrüche, die sich vergrößern, Tagesbrüche, die sich durch morphologischen Veränderungen an der Tagesoberfläche andeuten. Das sieht man auch nicht mit dem bloßen Auge, zum Beispiel Feuchteänderungen im Boden können hier detektiert werden durch Fernerkundung, die man mit bloßen Auge nicht sehen kann.

    Krauter: Eines dieser Projekte dreht sich um Staßfurt, was war da die Ausgangslage?

    Maas: Staßfurt wird als die Wiege des Kalibergbaus bezeichnet. Dort ist jahrhundertelang Bergbau betrieben worden, erst Salinen-Bergbau, dann aber zunehmend Tiefbau, und man muss sich vorstellen, da geht es um Hohlräume von mehreren Millionen Kubikmetern, und es kam sehr früh, Anfang des letzten Jahrhunderts, schon zu sehr großen Tagesbrüchen von mehreren Zehner Metern Durchmesser und zu Senkungen im Stadtgebiet von bis zu sechs Metern. Im Stadtgebiet wurden mehrere 100 Gebäude abgerissen, man kann also sagen, das Bereiche im Stadtgebiet sprichwörtlich entkernt worden sind. Die Ursache waren einfach bergmännische Fehlplanungen im vorigen Jahrhundert. Eine Maßnahme, die man in der DDR getroffen hat, war die Flutung großer Teile dieses Systems von untertägigen Hohlräume, um die Senkungen und Tagesbrüche zu minimieren. Das hat in Teilen funktioniert, in anderen Bereichen, etwas entfernt von Stadtgebiet, sind noch erhebliche Gefahren durch diese untertägigen Hohlräume zu befürchten.

    Krauter: Kann man mit Früherkennung diese hoch riskanten Zonen erkennen?

    Maas: Das hat tatsächlich in einem Projekt funktioniert, wo also dort von der BGR, der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, im Randbereich eines Tagesbruchs Veränderungen detektiert werden konnten, und tatsächlich einige Wochen später vergrößerte sich der Tagesbruch in diesem Bereich. Und es sind wirklich brisante Bereiche, weil dort Gewerbegebiete angrenzen, und niemand möchte natürlich in Sachsen-Anhalt Gewerbegebiete ausgrenzen, wenn keine akute Gefahr droht. Und dazu könnte natürlich Fernerkundung beitragen.

    Krauter: Wieweit ist man bei der Sanierung?

    Maas: Es gibt Verfahren, die auch jetzt neuerdings patentiert sind, zum Beispiel zur Abdichtung im Salz, Techniken aus dem Endlager-Bergbau, wo also bei Zutritt von Feuchtigkeit erst eine vollständige Abdichtung einer Strecke oder eines Schachtes erfolgt, andere Techniken gehen in die Richtung, dass man solegefüllte Hohlräume, wo also Lösungsprozesse von z. B. Salzgestein stattfinden, vergelt, um auf diese Art und Weise den Lösungsprozess zu stoppen.

    Krauter: Funktioniert das schon?

    Maas: Das funktioniert in Laborversuchen oder in so genannten in-situ-Versuchen, also in Bergwerken, aber es ist natürlich ein sehr großes Projekt, wenn man eine solche Technik im Großmaßstab, also für mehrere Hohlräume, mit mehreren Millionen Kubikmetern, wie es in Staßfurt beispielsweise der Fall ist, anzuwenden. Also dieser Schritt ist noch nicht getan.

    Krauter: welchen Zeitraum setzen Sie dafür an?

    Maas: Es sind in Sachsen-Anhalt unter Führung der dortigen zuständigen Bergbehörde Arbeitskreise gegründet worden, die Entwürfe hierzu ausgearbeitet haben. Es ist jetzt eine Frage des Geldes, wann diese Maßnahmen im Projekte umgesetzt werden. Die Zeit drängt jedoch, es sind wirklich ganz wichtige Projekte, die angegangen werden müssen, und ich gehe davon aus, dass das in den nächsten ein, zwei Jahren begonnen wird.