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Fernsehen aus dem Internet

Die Digitalisierung verändert die Fernsehlandschaft. Die Zahl der Fernsehsender und damit die Unübersichtlichkeit wächst. Um auf diesem Markt der Zukunft, der immer mehr einem Zeitungskiosk ähneln wird, noch wahrgenommen zu werden, setzt das ZDF verstärkt auf das Internet.

Von Brigitte Baetz |
    Rund zwei Millionen Menschen sahen zu, als das Kulturmagazin "Aspekte" die Hitlerpersiflage "Im Bonker" zeigte. Und rund 800.000 Nutzer luden sich seitdem den Videoclip herunter - über das ZDF-eigene Online-Portal Mediathek. Auch auf YouTube, dem weltbekannten Videoportal, tauchte der Comic-Hitler auf. Doch obwohl jeder Publizist gerne exklusiv sein möchte, setzt Robert Amlung gerade auf diese Weiterverbreitung. Der Leiter der Hauptredaktion Neue Medien möchte den Nutzern die freie Verwertung von Videos gestatten, die das ZDF aus seinem Programmfundus online stellt - ein Mittel zur Zuschauerbindung, das allerdings die Frage nach dem Urheberrecht aufwirft.

    "Das ist natürlich ein Riesenthema, weil wir jetzt anschauen müssen, und das machen wir jetzt, welche Rechte haben wir denn ganz konkret? Teils werden wir nachverhandeln, teils werden wir es auch einfach lassen, weil wir sagen: Das ist dann auch den Aufwand und auch das Geld nicht wert. Wichtig ist dabei aber, dass, wenn wir so etwas machen, wir es nicht komplett freigeben werden. Wir werden es schon wiederum mit einer Lizenz machen, mit einer Rechtevereinbarung. Dafür gibt es diese Creative-Commons- Lizenz, die eben ein Vertrag ist zwischen dem Nutzer und uns als Sender. Das steht dann zum Beispiel drin, dass es keine kommerzielle Nutzung geben darf, dass die Quelle genannt bleiben muss, keine sinnentstellende Nutzung. Also es wird nicht nach dem Motto freigegeben "Mach damit, was Du willst", sondern schon in einem gewissen Rahmen passieren, der dann auch zum öffentlich-rechtlichen System passt."

    25 Prozent des ZDF-Programms sind zur Zeit schon im Internet abrufbar - von ganzen Folgen der Telenovela "Julia-Wege zum Glück" über Reportagen und Diskussionsrunden bis hin zu Ausschnitten aus dem Quotenrenner "Wetten, dass..?". Robert Amlung sieht in der vielfältigen Weiterverbreitung von Programminhalten über das Internet einen Weg, wieder mehr junge Leute an das ZDF heranzuführen. Die Mainzer Sendeanstalt, an der noch immer das Etikett Kukident-Sender klebt, das RTL-Gründer Helmut Thoma ihr einmal aufgedrückt hat, will aber nicht allein wieder mehr unter 50-Jährige erreichen. Sie setzt auf eine Entwicklung, die sich schon seit längerem abzeichnet, nämlich das Zusammenwachsen von Internet und Fernsehen, eine Entwicklung, die in zunehmendem Maße das Fernsehen auch zu einem Abrufmedium macht.

    "Wir haben bereits vor anderthalb Jahren, als wir die jetzige Mediathek aufgesetzt haben, uns strategisch überlegt, auf welchen Plattformen müssen wir überhaupt präsent sein? Und wir haben gemerkt, dass allein der PC nicht ausreicht. Durch die Konvergenz der Medien, dadurch, dass es Fernsehen und Internet nun aus einem Gerät demnächst geben wird, über eine Leitung überall, müssen wir dort zur Verfügung stehen, dort unsere Angebote machen, wo der Zuschauer uns erwartet. Und der erwartet uns natürlich zunächst mal am Fernseher, am PC, aber auch auf dem Handy."

    Für die Journalisten im ZDF bedeutet das, dass sie verstärkt nicht nur für das Fernsehen in seiner alten Form arbeiten. Beim großen Vorbild BBC sind so genannte integrierte Redaktionen, die für Radio, Fernsehen und Online gleichzeitig tätig sind, schon Alltag.

    "In Teilen machen wir das schon so. Es ist allerdings etwas, das muss wachsen und diese neuen Herausforderungen für jeden Journalisten im Rundfunkbereich, dass er eben nicht nur sein traditionelles Medium bedienen kann, sondern in Zukunft wirklich multimedial arbeiten muss. Das betrifft uns alle, und da sind wir alle dran."

    In Großbritannien, aber auch in Dänemark gehören die Angebote der staatlichen Sender zu den führenden Portalen der Internet-Community, wie Robert Amlung nicht ohne einen Anflug von Wehmut erzählt. In Deutschland jedoch sind den Online-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Sender Grenzen gesetzt - einmal durch den Staatsvertrag und zum anderen durch die Selbstverpflichtung, höchstens 0,75 Prozent des Etats für Online auszugeben.