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Fernsehen überall

Technologie.- Für das Fernsehen unterwegs hat die Industrie das System DVB-SH entwickelt. Hinter der Abkürzung steckt die Technik des digitalen Antennenfernsehens DVB-T, abgespeckt auf H für den "Handheld-Empfänger." Seit Dezember läuft der Testbetrieb in Paris.

Von Gerd Pasch | 06.02.2010
    Eine Autofahrt durch Zentral Paris. Auf der Rückbank des Kleinbusses taschenbuchgroße Monitore. Darauf zu sehen: französisches Fernsehprogramm. Unterbrechungsfrei, beste Bildqualität, wie auf dem Fernseher zuhause. Mit Programmen, die vom Satelliten kommen. Dafür liegt auf dem Autodach eine handtellergroße Satellitenschüssel, befestigt mit einem Saugfuß. Unter der Rückbank hängt eine Set-Top-Box. Diese ist mit der Satelliten-Dachantenne, aber auch mit einer DVB-T-Fenster-Antenne verbunden. Die TV-Signale kommen auf zwei Wegen in die Empfänger-Box, aus dem Orbit und von den Antennen des terrestrischen Digital-Fernsehens, erklärt Projektleiter Herbert Mittermayr vom System-Hersteller Alcatel-Lucent:

    "Man muss sich das so vorstellen, dass verschiedene Signale, manche sind stark, manche weniger stark, manche verschwinden auch wieder, wenn man mit dem Auto an einem Hochhaus vorbeifährt, dass diese Signale zu jeder Zeit voll synchronisiert sind. Das ist das sogenannte hybride terrestrische Satellitennetz. Es funktioniert technisch über eine einzige Frequenz. Zu dem Zeitpunkt wird eine einzige Frequenz auf das Handy übertragen. Deswegen heißt es auch single frequency network."

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    Im Vorführwagen in Paris wandelt eine Box die TV-Signale für die Verbreitung übers drahtlose Computernetzwerk WLAN um. So ist der mobile Fernsehgenuss auch mit jedem WiFi- Handy oder dem Netbook möglich. Ob aus dem All oder von den terrestrischen Antennen, bei DVB-SH wird die gleiche Frequenz genutzt. Sie liegt im Bereich der UMTS-Frequenzen. Der Empfänger im Endgerät wählt immer aus den ankommenden Signalen die stärksten aus. Bei Überlandfahrten werden vorwiegend die Satelliten genutzt, in der Stadt sind es die Sendemasten für das digitale Antennenfernsehen.

    Über dieses gemischte Doppel von Satelliten und Antennen-Übertragung sollen aber nicht nur Fernsehprogramme übertragen werden. Geplant ist auch, Datendienste so flächendeckend bereitzustellen. Data-Broadcast nennt sich das Verfahren. Sogenannte Push-Dienste, Musik-Wiedergabelisten, Videofilme, elektronische Zeitung, E-Book-Seiten, aktuelle Software-Ergänzungen lassen sich so an unendlich viele Nutzer gleichzeitig übertragen. Der interaktive Rückkanal für die Auswahl und Bestellung der Dienste, den stellt das Multimedia-Gerät über Mobilfunk-Netze her. Herbert Mittermayr :

    "Der TV- und Medienkonsum verändert sich gerade stark, jedenfalls wird ein großer Teil der Bandbreite downstream verwendet, das heißt vom Sender zum Empfänger, da geht es darum, möglichst effizient zu übertragen. Die Broadcast-Technologie ist die effizienteste, und wenn ich dann noch einen Satelliten dazunehme, dann habe ich eine ganze Region, ganz Europa damit abgedeckt. Die Interaktivität kommt trotzdem hinein mit dem zweiten hybriden Aspekt, nämlich die Verwendung eines Unicast-Netzes zum Beispiel 3G oder später LTE Netzes, um zwei Aspekte zu realisieren, das eine ist die Interaktivität, das heißt die Steuerungssignale Richtung Content-Provider müssen übertragen werden. Und der zweite Aspekt ist der Video-On-Demand-Aspekt, das heißt Videos und Content für nur kleine Interessengruppen oder Einzelpersonen muss übertragen werden, dafür ist ein Netzwerk, das auf Internettechnologien basiert, viel besser geeignet."

    Bislang haben nur wenige Handy-Hersteller ihre Geräte auf mobiles Fernsehen vorbereitet. Breitbandiges Internet hatte bislang Vorrang. Doch DVB-SH als System bedient beide Nutzungsbereiche. Dabei haben die Betreiber des DVB-SH Systems nicht den Fernseh-Massenmarkt im Blick. Eher Nischen, in denen sich kleinere Nutzergruppen tummeln, die bestimmte Medieninhalte benötigen und gezielt danach suchen. Und das tun sie mit neuen Endgeräten wie Tablet-PCs und E-Book-Readern. Oder mit Smartphones, die als Brücke zum Großbild-Fernseher dienen.