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Fessel für freie Programme

Fast schon ein Star nicht nur unter Linux-Jüngern ist . Denn der umtriebige Ingenieur aus Kaiserlautern verleitete mittels seiner inzwischen legendären Knoppix-CD, mit der Linux faszinierend problemlos auf nahezu jedem PC sofort gestartet werden kann, auch eingefleischte Windows-Fans zumindest zum Experimentieren oder gar zum Umstieg auf das alternative Betriebssystem. Als Sprecher des diesjährigen LinuxTags freut sich Knopper, dass auch Microsoft dabei mit von der Partie ist. In geplanten Softwarepatenten sieht er indes eine Gefahr für die Wirtschaft.

Manfred Kloiber im Gespräch mit Klaus Knopper |
    Klaus Knopper: Die Open-Source-Gemeinde fordert ja Fairness und fairen Wettbewerb bei Software und daher wollen wir auch niemanden von diesem Wettbewerb ausschließen. Deshalb freuen wir uns, dass Microsoft hier die Gelegenheit wahrnimmt, seine Position darzustellen und vielleicht über das eine oder andere Projekt, das Microsoft jetzt unter eine freie Softwarelizenz stellt, zu berichten. Das wird natürlich nicht bedeuten, dass Microsoft umschwenkt und nur noch Open-Source betreibt. Aber es ist zumindest eine Entwicklung zu beobachten, dass Microsoft das Geschäftsmodell der freien Software sehr ernst nimmt.

    Manfred Kloiber: Zwischen diesen beiden Parteien sind in der Vergangenheit oft harte Worte gefallen und noch immer existieren Gruppierungen, die die Gegenseite strikt ablehnen. Ist jetzt wirklich eine Entspannung zwischen Microsoft und Open-Source-Anhängern zu verzeichnen?

    Knopper: Dass es ideologische Streitigkeiten gibt, ist bekannt. Aber es gibt auf ganz sachlicher Ebene Diskussionen. Auch auf dem LinuxTag wird stark diskutiert, wie ernst Microsoft es meint mit offenen Standards. Versteht Microsoft darunter wirklich von einem Gremium verabschiedete, feste Vereinbarungen oder vielmehr Quasi-Standards, die Microsoft selbst für sich definiert. Welche Rolle spielen zum Beispiel Softwarepatente. Was nützt ein offener Standard, wenn man ihn nicht in freier Software implementieren darf, weil die Firma Microsoft Patente darauf hält.

    Kloiber: Softwarepatente waren eines der beherrschenden Themen hier auf dem LinuxTag 2004. Es gab auch eine Demonstration gegen solche Patente. Warum wehrt sich die Linux-Gemeinde so vehement gegen Patentierung von Software?

    Knopper: Was allgemein als Softwarepatent besprochen wird, sind in Wirklichkeit Ideen- und Logikpatente. Dass heißt, hier wird nicht ein Programm - also eine konkrete Implementierung patentiert, sondern eine Idee, die im Zusammenhang mit einem technischen Gerät, nämlich dem Computer, steht. Hier ist dann gar nicht mehr möglich eine Software zu schreiben, ohne ein bereits bestehendes Patent von jemandem, der vielleicht Bildschirmausgaben, Fortschrittsbalken oder Scrollbars patentiert hat, zu verletzen. Weil das alle Entwickler, nicht nur die von Open Source, sondern auch bei der proprietären Softwareentwicklung schädigt, sind sehr viele mittelständige Unternehmen gegen Softwarepatente aufgetreten und versuchen, über Petitionen und Studien dagegen vorzugehen.

    Kloiber: Bislang hatten Sie in diesem Kampf zwei Verbündete: einerseits das EU-Parlament, das diese Patente ablehnte, andererseits die Bundesregierung. Bei den letzten Entscheidungen in der europäischen Gesetzgebung rückte aber die Bundesregierung von dieser Position ab und stimmte Softwarepatenten zu. Wie sieht das die Open-Source-Szene?

    Knopper: Das ist eine sehr merkwürdige Entwicklung, weil sich eigentlich alle Parteien gegen Softwarepatente ausgesprochen hatten, da sie die vehemente Gefahr dadurch gerade für die deutsche Wirtschaft erkannt haben. Denn der Großteil der Softwarepatente, die in Europa erteilt wurden, gehört gar nicht europäischen, sondern außereuropäischen Unternehmen. Es würde also die deutsche und europäische Wirtschaft nicht gerade stärken, wenn Softwarepatente mit einem Schlag wirksam wären. Die Regierung hat sich lange Zeit gegen solche Patente und vor allem gegen die viel gefürchteten Trivialpatente wie eben den oft zitierten Fortschrittsbalken ausgesprochen. Dennoch hat Bundesjustizministerin Zypries spontan für den europäischen Entwurf zu Softwarepatenten gestimmt, was im Moment niemand logisch nachvollziehen kann. Die Ministerin hat versucht, das zu erklären mit Änderungsentwürfen, die aber niemals eingeführt wurden. Hier weiß niemand so genau, wieso das passiert ist.