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Festival im Berliner Konzerthaus
So klingt Südamerika!

Brasilianische Popmusik, Tangos aus Argentinien und Gesänge, die Missionare vor über 200 Jahren nach Bolivien gebracht haben: Das Südamerika-Festival in Berlin wird eine Entdeckungsreise in die Welt der Musik.

Von Oliver Kranz |
    "Das Leben in Südamerika ist schön, finde ich. Es ist weniger hektisch. Man hat mehr Zeit zu denken, mehr Zeit zu fühlen. Und alles ist so schön chaotisch," sagt Ivan Fischer, der Chefdirigent des Berliner Konzerthausorchesters. Er hat das Festival initiiert. Das wichtigste Merkmal südamerikanischer Musik ist für ihn die Melancholie.
    Zum Eröffnungskonzert des Festivals hat Fischer die brasilianische Sängerin Ceumar eingeladen. Auf dem Programm stehen Lieder von Marcelo Tupinambá und Heitor Villa-Lobos.
    "Villa-Lobos gehört zu unseren großen Helden. Er hat vor 100 Jahren gelebt und sehr verschiedene Werke geschrieben, aber immer spürt man diese Melancholie. Melancholie gehört bei uns zum Leben einfach dazu. Das hat damit zu tun, dass in Brasilien so viele verschiedene Menschen leben – die indianischen Ureinwohner, Afrikaner und Europäer. Die Leute sind vor 200 Jahren nach Brasilien gekommen und haben ihre Heimat vermisst. Und so ist es noch heute. Wir Brasilianer tragen ein Verlustgefühl mit uns herum. Mal sind wir traurig, mal glücklich – das zeigt sich auch in unserer Musik."
    Ceumar ist als Sängerin eigentlich in der brasilianischen Popmusik zu Hause – doch seit ein paar Jahren tritt sie auch mit klassischen Orchestern auf. Ivan Fischer wird sie mit dem Berliner Konzerthausorchester begleiten.
    "Sie singt ins Mikrofon ganz nah und dann kann sie sehr viele Farben zeigen. Das hat etwas Wunderbares."
    Beim Eröffnungskonzert werden neben den Lieder auch Ravels "Boléro" und Tangos von Piazzolla zu hören sein. Es wird eine Brücke von Europa nach Südamerika geschlagen und die Grenzen zwischen Klassik und Pop verwischen sowieso. In den Foyers des Konzerthauses stehen künstliche Palmen, an den Bars werden lateinamerikanische Snacks und Cocktails gereicht. Ein Tangopaar tanzt während der Konzertpausen durch die Säle. Für Maestro Fischer ist das schon fast zu viel.
    "Das Schöne ist, dass man das nicht braucht. Ich habe diesen Eindruck, dass die Leute Südamerika lieben. Darum ist das total ausverkauft. Die Leute strömen sowieso. Wir müssen gar nicht viel erzählen, einfach spielen."
    Neben dem Konzerthausorchester werden verschiede Tango-Ensembles zu hören sein. Doch es wird auch Musik präsentiert, die man bei einem Südamerikafestival nicht erwarten würde.
    Die Gesänge, die vor 200 Jahren von Missionaren nach Bolivien gebracht wurden, wurden von den Stämmen der Chiquitos- und Moxos-Indianer bewahrt. Das britische Ensemble Florilegium bringt diese Musik nun zurück nach Europa. Siewird am Montag zu hören sein. Danach werden im Konzerthaus die Stühle ausgebaut. Totó la Momposina kommt nach Berlin, die Königin des Cumbia.
    Bei diesem Konzert darf getanzt werden. Auch das erlebt man im klassizistischen Konzertsaal am Berliner Gendarmenmarkt nicht alle Tage.
    Das Festival Südamerika findet vom 13. bis 23. Feburar statt.