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Festival "Staging Cambodia"
Eine seelenvolle Gemeinschaft

"Galaxy Khmer" heißt die Zusammenarbeit des belgischen Regisseurs und Choreografen Michael Laub mit der Band "The Cambodian Space Project" aus Kambodscha am HAU in Berlin. Eindrücklich wird auf der Bühne und mit Videos der künstlerische Aufbruch in Kambodscha dargestellt.

Von Franziska Buhre | 18.01.2014
    Außenansicht des Hebbel am Ufer Theaters am Abend
    Theater Hebbel am Ufer (HAU) Berlin (dpa/picture alliance/Paul Zinken)
    "Die Sängerin Pan Ron ist mein Vorbild. Sie sang Lieder, die sexy waren, manchmal sehr schnell und auch lustige Lieder - alle wirklich sehr schön. Pan Ron starb während des Regimes unter Pol Pot. Aber Pol Pot konnte ihre Lieder nicht töten. Diese Lieder bleiben in unseren Herzen, in den Herzen der nächsten Generation erhalten."
    Srey Thy, die Sängerin der Band "The Cambodian Space Project" hat ihre Bestimmung gefunden. Seit 2009 lebt sie mit dem australischen Gitarristen Julien Poulson ihre gemeinsame Leidenschaft für kambodschanischen Rock‘n‘Roll aus den 1960er-Jahren.
    Damals schwappten die Hits von Jimi Hendrix, The Kinks, Ike und Tina Turner und die Motown-Aufnahmen über Radiowellen der amerikanischen Armee in Vietnam nach Kambodscha. Der belgische Regisseur und Choreograf Michael Laub hörte Srey Thy in einer Bar in Phnom Penh und entschloss sich, mit dem Cambodian Space Project eine Aufführung unter dem Titel ,Galaxy Khmer‘ zu verwirklichen, die nun zum ersten Mal in Europa, im Hebbel Theater am Ufer in Berlin zu sehen war.
    Malerei, Musik, Tanz, Theater und Zirkus
    Im ersten Teil des Abends zeigt Laub seine neue Porträt-Reihe, erstmals als Video. Sie ist mithilfe der Nichtregierungsorganisation PPS in Battambang entstanden, die Kindern und Jugendlichen Schulbildung und Ausbildungen in Malerei, Musik, Tanz, Theater und Zirkus anbietet. Auf einer blauen Fläche sehen wir junge Mädchen ihre Träume vom Modeln erzählen, den Tanzlehrer von PPS, der auf einem Bein stehend majestätisch mit zwei Fächern wedelt, den gestrandeten Amerikaner Nick, der seit fünf Jahren an seinem Comicbuch arbeitet, oder den älteren Mann, der das Regime der Roten Khmer nur knapp überlebte und an der Sorge für seinen aidskranken Bruder, dessen Frau und schließlich deren drei Waisen schier verzweifelt.
    Fünf Frauen erzählen von ihren Gewalterfahrungen. Eine nach der anderen fängt an zu weinen - eine von Laub choreografierte Szene, welche die Frauen aber nicht entblößt, sondern zugleich ihre Würde und ihren Humor veranschaulicht.
    Drei junge Frauen im kleinen Schwarzen und Pumps gesellen sich im Konzert von The Cambodian Space Project zu Srey Thy. Sie tanzen Twist, schwingen leicht mit den Hüften, wiegen sich bei Drehungen von rechts nach links und zurück - wie Background-Tänzerinnen der 60er-Jahre, nur dass sie jetzt auch im Rampenlicht stehen.
    Seelenvolle Gemeinschaft
    Ein berührender Moment entsteht, als eine der Tänzerinnen im gleichen Kostüm barfuß den klassischen Khmer-Tanz aufführt, die Beine majestätisch langsam artikuliert, die wunderschönen Handgesten zeigt und den Kopf dazu neigt. Abseits aller Differenzen von Alter, familiären und kulturellen Hintergründen wird zwischen den Mitgliedern der Band und den Musikern und Tänzern aus Battambang eine seelenvolle Gemeinschaft sichtbar.
    Der deutsche Dokumentarfilmer Marc Eberle zeigt eine Aufnahme der Sängerin Srey Thy, wie sie von Dy Saveth, einer berühmten Filmschauspielerin, die den Roten Khmer nur durch ihre Flucht nach Frankreich entkommen war, den Tanz Twist lernt.
    Vor - tip, zurück - tip, dabei die Hüften wiegen und die Arme rhythmisch vor dem Körper schütteln. Man wünscht Eberles Film über die Band The Cambodian Space Project schon jetzt viele Zuschauer. Und der Sängerin Srey Thy, dass sie die Haaresbreite zwischen sich und den harten Lebenswegen ihrer Landsfrauen mindestens auf die Breite eines Flusses wird erweitern können.