Dienstag, 07. Mai 2024

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Feuer im Windpark

Windkraftanlagen sind nicht jedermanns Sache, ihre Gegner immer aktiv, stichhaltige Argumente gegen sie vorzubringen. Sie seien zu laut, nervten mit flackernden Schatten, verlören Öl und Fett, ständen auffallend oft still. Da sind dann größere Pannen oder gar Unfälle erst recht Grund genug, mit dem Finger auf diese prinzipiell umweltfreundliche Art der Energiegewinnung zu zeigen. Etwa dann, wenn so ein Windrad gar Feuer fängt. Wie Mitte Dezember in einem Windpark in Uedem am Niederrhein. Morgens um 7 schlugen aus der Gondel Flammen in den noch nachtschwarzen Himmel, als es hell wurde, sah man auch die fette schwarze Rauchfahne. Anwohner beklagten sich über den Geruch nach verbranntem Kunststoff. Die Feuerwehr kam schnell – musste aber hilflos zusehen. Da oben kam sie nicht dran. Die Bürger stellen sich jetzt einige Fragen: Was war die Ursache? Die aufwendige Elektrik oder Elektronik? Ist da im Getriebe etwas heißgelaufen? Wie gefährlich ist so ein Brand? Warum kann die Feuerwehr nichts tun? – Spekulationen machen die Runde.

Von Andreas Kleinebenne | 05.02.2003
    Nein, so ein Vertreter der Herstellerfirma am Telefon, zur Brandursache wolle man keine Details bekannt geben, nur so viel: es handele sich um ein komplexes Ursachenbündel. Genau das jedoch hätten die Bewohner von Uedem gerne gekannt, hatte der örtliche Windpark doch bereits während der Planungsphase vor einigen Jahren für erhebliche Unruhe und Streit in der Gemeinde gesorgt. Das Schweigen von Betreiber und Herstellern ist Wasser auf die Mühlen überzeugter Windenergiegegner. Dabei sind Brände in Windenergieanlagen sehr selten. Von den Gondeln der etwa 11.500 Windräder in Deutschland sind seit 1998 nur 10 ausgebrannt – völlig ausgebrannt aber. Denn bei Windrädern gilt, was bei anderen Bauwerken unvorstellbar wäre: brennen lassen, auch wenn die Anlage in einem trockenen Getreidefeld oder auf einer Waldlichtung steht. Die Feuerwehr ist nicht glücklich darüber:

    Wenn wir zum Einsatz kommen, wo eine Windkraftanlage brennt, haben wir eigentlich keine Chance. Ja, wie fühlt man sich da? Erst mal hilflos; nur – man muss sich mit solchen Dingen auseinandersetzen und sich da Gedanken drüber machen: wie können wir das ändern?

    Ändern konnte der Einsatzleiter der Uedemer Feuerwehr Gerhard Ingenerf in diesem Fall jedoch nichts. Ihm blieb nichts weiter zu tun, als das Gebiet im Umkreis von ca. 300 Metern absperren zu lassen und mit seinen Leuten zuzusehen, wie einige hundert Liter Öl in 68 Metern Höhe in Flammen aufgingen. Keine Leiter reicht so hoch, kein Wasser- oder Schaumstrahl so weit. Und hochsteigen wäre kaum praktikabel und auch viel zu gefährlich. Für den Mann der Praxis gäbe es da nur eine Lösung.

    Ja, da müsste ne Steigleitung gebaut werden, wo wir als Feuerwehr die Möglichkeit hätten, Schaum einzuspeisen, und dann natürlich mit den entsprechenden Pumpen den Schaum nach oben zu bekommen.

    Auch der Landesfeuerwehrverband Nordrhein-Westfalen hält das kalkulierte Ausbrennenlassen nicht gerade für eine elegante Lösung. Er würde automatische Löschanlagen favorisieren. Doch die wird es wohl auch weiterhin in Windenergieanlagen nicht geben. Die Genehmigungsinstanzen für Windräder, die Bauaufsichtsbehörden, sehen dafür keine Notwendigkeit. Zitat aus einem Schreiben des Landesbauministeriums NRW:

    Anforderungen an den Brandschutz von Seiten der Bauaufsichtsbehörde bestehen nicht". Nur eingebaute automatische Löschanlagen würden zu einer Brandbekämpfung einsetzbar sein. Eine technische Lösung dafür existiert zur Zeit nicht und würde nur mit einem erheblichen nicht vertretbaren Aufwand realisierbar sein.

    Aber selbst wenn eine automatische Löschanlage in Aktion träte, gelöst wären die Probleme damit bei weitem noch nicht. Feuerwehr-Einsatzleiter Gerhard Ingenerf:

    Da wäre dann die Gefahr, dass das restliche Öl, das nicht verbrannt ist, doch in ner großen Geschwindigkeit nach unten fließt – wobei wir es mit umweltverträglichem Öl zu tun haben. Trotzdem müsste es gebunden werden; wir haben als Feuerwehr da nicht die Möglichkeit direkt an die Mühle zu gehen. Ich als Einsatzleiter würde keinen Feuerwehrmann da hinschicken, weil die Gefahr besteht, dass irgendwelche Teile oben von der Gondel runterfallen.

    Hersteller und Betreiber argumentieren nicht ganz zu Unrecht: zu retten sei im Brandfall ohnehin nichts mehr. Und eine Feuerlöschanlage würde die ganze Sache unrentabel machen. Immerhin verlangten nicht einmal die Versicherungen derartige Vorrichtungen. So scheint es kostengünstiger zu sein, die Gondel ausbrennen zu lassen und anschließend eine neue einzubauen – nach rund 14 Tagen läuft solch eine Anlage dann wieder. Ein schaler Geschmack bleibt bei der Sache. Das Feuer im privaten Garten wird mit einem Bußgeld geahndet – bei der umweltfreundlichen Windkraft gerät das untätige Zuschauen im Brandfall zum Prinzip, manchem Bürger ist das schwer zu vermitteln. Die Feuerwehr jedenfalls wünscht sich eine bessere Regelung:

    Ich denke, man sollte sich auf jeden Fall Gedanken drüber machen, auch der Gesetzgeber sich da mal einsetzen und da noch mal 'n bisschen nachhelfen. Wichtig ist, dass wir als Feuerwehr die Möglichkeit haben, da etwas zu tun.