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Feuer und Ruß

Paläontologie. – Seit mehr als 20 Jahren gehört die Theorie vom Asteroiden, der den Dinosauriern den Tod gebracht habe, zu den populärsten geowissenschaftlichen Hypothesen – und gleichzeitig zu den am heftigsten umstrittenen. In der aktuellen "Geology" berichten US-Forscher über einen neuen Aspekt der Einschlagstheorie.

Von Dagmar Röhrlich | 08.05.2008
    Klar ist: Der Einschlag allein hat die Saurier noch nicht von der Erde gefegt. Da muss vor 65 Millionen Jahren schon einiges zusammengekommen sein. Nur was? Eine Idee ist, dass der Staub des Einschlags das Sonnenlicht verdunkelt hat, so dass die Pflanzen Probleme mit der Photosynthese bekamen. Eine andere besagt, dass feurige Trümmer vom Himmel regneten und rund um die Erde Wälder in Brand setzten. Allerdings finden sich in den Steinen, die genau aus dieser Zeit stammen, weder genügend Staub noch Holzkohle für solche Szenarien.

    "”Wir haben jetzt ein neues Puzzleteil gefunden, das uns vielleicht dabei hilft aufzuklären, was an der Grenze zwischen Kreide und Tertiär passiert ist","

    erklärt Simon Brassell von der Indiana University. Die Spur fand sich in der berühmten Iridium-Lage, die Luis und Walter Alvarez in Gesteinen entdeckt hatten, die vor 65 Millionen Jahren beim Übergang von der Kreidezeit ins Tertiär entstanden waren. Es handelt sich dabei um sogenannte "Cenosphären", eine Art Ruß. Die Cenosphären aus der Iridiumlage sehen genauso aus wie die, die heute nur in großen Kraftwerken entstehen, wo Kohle oder Öl verbrannt wird. Brassell:

    "”Als wir sie in den 65 Millionen Jahre alten Sedimenten der Grenzschicht entdeckten, suchten wir nach einer Erklärung für ihre Entstehung. So kamen wir auf die Idee, dass sie von der Einschlagstelle stammen, denn beim Einschlag des Asteroiden sind dort die Sedimente verdampft.""

    Direkt neben der Einschlagstelle, dem Chicxulub-Krater, befinden sich heute die großen Öl- und Gaslagerstätten im Golf von Mexico. Der Asteroid raste damals offenbar in Gesteine, in denen sich gerade Erdöl bildete. Brassell:

    "”Wir wissen nicht sicher, ob es zur Zeit des Einschlags bereits flüssiges Öl im Untergrund gegeben hat. Wir halten es für wahrscheinlicher, dass die Erdölentstehung gerade angefangen hatte, und der Kohlenstoff eher fein verteilt in den Sedimenten vorlag.""

    Bei dem Einschlag verdampften Schichten, in denen sich über viele Jahrmillionen hinweg Sedimente mit einem hohen Gehalt an organischem Material gesammelt hatten. Brassell:

    "”Durch die enorm hohen Temperaturen beim Einschlag verdampfte in diesen unterirdischen Schichten auch der Kohlenstoff. Falls es schon genügend Öl gegeben haben sollte, wird es in einem ungeheuren Feuerball verbrannt sein. Das Geschehen glich aber wahrscheinlich eher einem gigantischen Vulkanausbruch. Wie auch immer, die Einschlagshitze verwandelte das organische Material zu Cenosphären, die hoch hinauf in die Stratosphäre flogen und dort vom Wind rund um die Welt verteilt wurden. Je weiter die Stellen vom Chicxulub-Krater entfernt waren, desto kleiner waren die Partikel.""

    Bislang isolierten die Forscher diese Cenosphären an 13 Fundstätten in Kanada, Dänemark und Neuseeland aus der Grenzschicht. Brassell:

    "”Wir haben aus der Menge berechnet, wie viel Kohlenstoff verdampft sein könnte, und das Ergebnis stimmt mit dem überein, was an organischem Kohlenstoff in den Sedimenten an der Einschlagstelle gewesen sein müsste.""

    Ruß und Staub brachten das Klima aus den Fugen, vermutet Simon Brassell. Außerdem waren die Rußpartikel weiter weg von Yucatan so klein, dass sie in die Lunge gelangen und die Atmung behindert haben könnten. Vielleicht trug das zum Ende der Saurier mit ihren hoch entwickelten Lungen bei. Gelöst sei das Rätsel mit der Entdeckung der Cenosphären aber noch lange nicht. Die Suche nach der Todesursache der Dinosaurier geht weiter.