Archiv


Feuermelder aus dem Tierreich

Technik. - Wenn eine sommerliche Feuerwalze Hektar um Hektar Wald vernichtet, dann gibt es dabei auch Profiteure aus Tier- und Pflanzenreich. So wartet etwa der Schwarze Kiefernprachtkäfer geradezu auf Waldbrände, denn er legt seine Eier auf frisch verbranntes und deshalb nahezu steriles Holz. Überdies können seine Larven diese Nahrung gut verdauen. Den richtigen Zeitpunkt zur Eiablage erkennt das Insekt mittels einer Art Infrarotkamera, um deren Nachbau sich Bonner Zoologen seit geraumer Zeit bemühen.

Von Matthias Schulenburg |
    Der Schwarze Kiefernprachtkäfer ist gleich zweifach auf Feuer gepolt. Da sind zum einen hoch empfindliche Duftsensoren, mit denen er über Kilometer hinweg sogar die brennende Baumsorte erriechen kann. Zum anderen – und das ist für Helmut Schmitz und Mitarbeiter am Zoologischen Institut der Universität Bonn das eigentlich Interessante - trägt er raffinierte Infrarotsensoren, die auf die Wellenlänge brennenden Holzes getrimmt sind, drei Mikrometer:

    Der Käfer hat ein kleines Organ im Brustbereich unter den Flügeln, wo er ungefähr siebzig kleine Sinneseinheiten hat, die jeweils aus einer kleinen Kugel bestehen. Diese Kugel ist von einem hoch empfindlichen Mechanosensor innerviert, und die Infrarotstrahlung wird nun an diesen Kugeln sehr effektiv absorbiert. Dabei dehnt sich die Kugel nun entsprechend aus, macht also eine mikromechanische Deformation durch, die man messen kann und auch berechnen kann, und das wird dann eben durch diesen kleinen Mechanosensor gemessen.

    Der Käfersensor, dachten die Bonner Zoologen nach dieser Entdeckung vor vier Jahren, sollte sich technisch imitieren lassen. Tatsächlich konnten die Forscher Sensor-Prototypen entwickeln, die anstelle der Käferkügelchen Plastik-Materialien verwenden, die Infrarotstrahlung von drei Mikrometern Wellenlänge aufnehmen, dabei wärmer werden und sich ausdehnen ...

    ... und dieser Absorber wird dann entsprechend dimensioniert, wird dann natürlich möglichst klein gehalten, und dann mit einem hoch empfindlichen Mechanosensor kombiniert, das können etwa kapazitive Detektoren sein, die wir einsetzen, oder kleine Piezoelemente, die eben auch ansprechen, wenn minimale Dimensionen auftreten. Das Gute ist, dass es ja in der Technik mittlerweile eine ganze Menge hoch empfindlicher Mechanosensoren gibt, die man dann eben möglichst direkt und unmittelbar mit diesem Infrarot absorbierenden Festkörper kombinieren muss.

    Für alles das interessiert sich die Deutsche Forschungsgemeinschaft ebenso wie die DARPA, eine Wehrforschungseinrichtung in den USA, denn die Käfersensoren müssen - anders als viele technische Infrarot-Sensoren – nicht aufwändig gekühlt werden. Es wäre schön, sagt Helmut Schmitz, wenn sich nun noch ein industrieller Partner fände, der die Idee in etwas Praktikables umsetzt, denn man müsse die Empfindlichkeit noch um einen Faktor Hundert bis Tausend verbessern und vor allem billiger werden.

    Dann hätte man sicherlich eine Marktchance, zumindest in einigen Anwendungsbereichen. Beispielsweise sind jetzt gerade einige Anfragen gekommen von der Feuerwehr, die sich tatsächlich für solche Sensoren sehr interessieren würden und da ist eben immer die wichtige Frage: Wie teuer ist im Prinzip ein solcher Sensor, kann im Prinzip jeder Feuerwehrmann damit ausgerüstet werden, und wenn man das glaubhaft machen könnte, dann hätten wir in der Tat eine Chance.

    Die Käferkamera ist also noch in der Schwebe. Die ja doch fachfremde technische Verfeinerung können und wollen die Zoologen ohne industriellen Partner nicht vornehmen. Der Schwarze Kiefernprachtkäfer ist im übrigen nicht der einzige Käfer, der mit Mechanosensoren, die die Ausdehnung eines Absorberkügelchens reagieren, auf infrarotes Licht reagiert, es gibt zahlreiche andere Arten. Die Mechanosensoren für den Feuersinn wiederum, vermuten die Forscher, hat die Evolution aus Vibrationssensoren abgeleitet, wie sie etwa der gemeinen Küchenschabe zu eigen sind. Die kann noch Schwingungen von der Amplitude eines Atomdurchmessers wahrnehmen und ist deshalb so schwer zu fangen.