Freitag, 29. März 2024

Archiv

Feuerwerksmuseum
Von der Waffe zum kulturellen Vergnügen

Ein Museum im schweizerischen Aigle geht Sprengstoff auf den Grund. Mithilfe von Ausstellungsstücken aus aller Welt erfahren Besucher unter anderem, welche Ursprungsidee hinter Feuerwerken steckt und seit wann Pyrotechnik zu Unterhaltungszwecken in die Luft geschossen wird.

Von Katja Lückert | 29.12.2013
    Sterne, Funkenregen, goldene Figuren, die an Blumen oder Tiere erinnern. Die Formen, die Feuerwerkskörper am Nachthimmel erzeugen können, sind vielfältig. Doch was war eigentlich die Ursprungsidee des Feuerwerks und seit wann existiert das Lustfeuerwerk? Diese Fragen versucht man bei Pyromin zu beantworten - das Museum liegt in einer ehemaligen militärischen Festung tief im Berg. In den letzten Jahren sind verschiedene Festungen in der Schweiz deklassiert und verkauft worden. So auch das in der Nähe von Aigle gelegene Fort de Champillon, das bereits 1994 als militärische Anlage als zu veraltet galt und aufgegeben wurde. Eine Firma für Feuerwerkskörper hatte dort ursprünglich nur nach einer Lagermöglichkeit für Sprengstoffe und Feuerwerkskörper gesucht. Doch die Gemeinde des kleinen Ortes Corbeyrier wünschte sich, dass das Fort wiederbelebt und für die Öffentlichkeit geöffnet würde. Martial Baudin erklärt, warum er sich bei der Gestaltung für das Museum für Pyrotechnik als Pionier gefühlt hat.
    "In Europa gibt es zwei oder drei private Sammlungen, die meist zu Feuerwerksfabriken gehören. Aber wir sind hier die Einzigen, die sich in einem richtigen Museum mit Sprengstoffen und Pyrotechnik beschäftigen und auch den militärischen Aspekt nicht außer Acht lassen. Das heißt, wir versuchen, die vorhandenen Objekte oder das, was von ihnen übrig ist, denn Vieles ist ja schon explodiert, in einen sinnvollen Zusammenhang zu stellen."
    Die ehemalige Festung von Champillon besitzt noch die originalen Schlaf- und Mannschaftsräume, die Küche, die bis zu 200 Soldaten versorgen konnte und natürlich die Kanone, die von hier aus in Richtung des Genfer Sees gerichtet war. Denn von dort erwarteten die Schweizer im Zweiten Weltkrieg die aus Frankreich kommende Deutsche Artillerie. Geschossen wurde aus Champillon jedoch nur zwei Mal - und das nur zur Probe.
    Übrigens waren in China salpeterhaltige Brandsätze vermutlich bereits um das Jahr 1000 bekannt. Sie wurden jedoch meist zu Kriegszwecken benutzt. Die Legende, nach der ein Freiburger Mönch namens Bertold Schwarz das Schwarzpulver erfunden hat, darf in der kulturhistorischen Sektion des Museums natürlich auch nicht fehlen. Mithilfe von Feuerwerkskörpern konnten die Menschen zum ersten Mal selbst den Nachthimmel erleuchten, was sonst nur die Gestirne vermochten.
    Aus dem Gebrauch des Schwarzpulvers entwickelte sich Ende des 14. Jahrhunderts besonders in Italien eine eigene Feuerwerkskunst und später ein neuer Berufsstand: der des Lustfeuerwerkers. Gerade in der Barockzeit galten Feuerwerke mit symmetrisch erscheinenden Lichtspielen als eine besondere Art der Belustigung.
    Um seine Ausstellungsstücke zu finden, ist Martial Baudin bis nach Japan und China gereist. Von dort hat er auch die imposante kugelförmige Bombe von etwa einem Meter Durchmesser mitgebracht, ein mit Zeitzündern versehenes Feuerwerksstück, das aus einem Mörser in die Luft geschossen wird, dort platzt und am Himmel Lichteffekte entstehen lässt. Die Fachleute nennen sie Schwärmer, Leuchtkugeln oder Garnierungen. Valentine Delarze betreut die deutschen Besucher des Museums und erklärt den Aufbau einer solchen Bombe, die auch Figuren oder spezielle Muster an den Himmel projizieren kann.
    "In jeder Kugel, also in jeder Bombe gibt es ganz viele kleine Kugeln, das sind diese étoiles, diese Sterne und sie sind schwarz, weil dort Schwarzpulver um sie herum ist und in der Mitte gibt es so ein chemisches Element. Und wenn das brennt, entsteht eine Farbe. Und es gibt Farben, die sehr einfach zu bekommen sind, zum Beispiel Gold, und die man oft sieht und andere wie Rot sieht man seltener. Und diese Kugeln werden miteinander verbunden, damit man eine bestimmte Form haben kann. Das heißt, man kann also definieren, in welche Richtung jede Kugel gehen soll und wie das Feuerwerk allgemein aussehen wird."
    Das Sprengstoff-Museum in Corbeyrier umspielt seine lebensgefährlichen Ausstellungsstücke mit Klängen von sphärischer Musik. Es ist allerdings nicht Händels Feuerwerksmusik, die ursprünglich auch als Begleitung für ein Lustfeuerwerk gedacht war. Der englische König Georg II. wollte die Beendigung der österreichischen Erbfolgekriege mit einem glanzvollen Konzert nebst Feuerwerk feiern.
    Doch bei der Uraufführung der Feuerwerksmusik im April des Jahres 1749 in London klappte bekanntlich rein gar nichts. Das Wetter war schlecht, die geplanten Salutschüsse kamen zu spät, die Ouvertüre begann zu früh und zu guter Letzt geriet dann auch noch die Bühne in Brand. Nur Händels Musik begeisterte die Gäste.