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Fieber hilft

Medizin. Einer alten Volksweisheit zufolge ist eine Erkältung mit Fieber schneller überstanden als ohne. Ob da was dran ist, haben amerikanische und deutsche Forscher untersucht und ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift "Natur Immunology" veröffentlicht.

Von Kristin Raabe |
    Von der Maus bis zum Elefanten - jedes Säugetier leidet hin und wieder unter Fieber. Im Laufe der Evolution scheint sich Fieber als Reaktion auf Infektionskrankheiten bewährt zu haben. Warum eine erhöhte Körpertemperatur dem Organismus hilft, Erreger abzuwehren, beginnen Experten allerdings erst langsam zu verstehen. Stefan Rose-John von der Universität Kiel untersucht schon seit einigen Jahren, wie das menschliche Immunsystem auf Eindringlinge reagiert:

    "Die erste Reaktion ist, dass Blutzellen, das sind Monozyten und Makrophagen, erst mal merken, das etwas Fremdes im Körper ist, die haben dafür Rezeptoren, und jetzt teilen sie dem Rest des Körpers mit, das da was passiert ist, und dafür senden sie Zytokine auf den Weg, die dann sozusagen den lokalen Eintritt von Organismen zu einer systemischen Reaktion machen, weil diese Zytokine jetzt im ganzen Körper verbreitet sind."

    Zytokine sind Botenstoffe des Immunsystems und stellen so eine Art Alarmsystem unseres Körpers dar. Während sie im Blut zirkulieren, bringen sie die Botschaft von den fremden Eindringlingen überall hin. Dabei lösen sie die unterschiedlichsten Reaktionen aus, dazu zählt auch das Fieber. Unter Fieber können sich die Immunzellen viel besser an bestimmte so genannte Endothelzellen des Lymphsystems anheften und in das Lymphgewebe eindringen, wo sie schließlich die fremden Erreger bekämpfen. Wie das genau funktioniert, hat Stefan Rose-John zusammen mit amerikanischen Kollegen jetzt herausgefunden. Auch da spielen Zytokine eine wichtige Rolle, vor allem das so genannte Interleukin 6, oder auch Il 6.

    "Was wir aber gefunden haben, bei diesem Interleukin 6, das ist, dass der Rezeptor aus zwei Teilen besteht, nämlich aus einer bindenden und einer signalisierende Untereinheit, und dass die bindende Untereinheit von der Oberfläche der Zelle abgeschnitten werden kann."

    Die Endothel-Zellen, an die sich die Immunzellen anheften müssen, haben eigentlich keinen Rezeptor für Interleukin 6, das durch das Fieber freigesetzt wird. Sie können erst mit dem löslichen Rezeptor aus dem Blut auf Interleukin 6 reagieren. Erst dann wissen die Immunzellen, wo der Kampf gegen die Eindringlinge stattfindet, und es gelingt ihnen, bis an den Ort des Geschehens vorzudringen. ein komplizierter aber hocheffizienter Prozess, der ohne Fieber nicht stattfinden würde.

    "Wenn wir uns mal gefragt haben, sollten wir Fieber bekämpfen, dann würden wir jetzt sagen, nein, eigentlich sollten wir das nicht tun. In aller Regel - von vielleicht ganz extremen Situationen abgesehen - in aller Regel ist das ein Prozess, der dem Körper hilft, dass effektiv die Blutzellen dahin kommen, wo sie effektiv die Infektion bekämpfen können."

    Zu hoch darf Fieber allerdings nicht werden, dann sind auch die Zytokine außer Kontrolle. Es ist in jedem Fall richtig, bei Fieber einen Arzt um Rat zu fragen. Aber bei gesunden Erwachsenen ist es nicht verkehrt, das Fieber einfach einmal durchzustehen. Die Erkältung ist dann vermutlich schneller überstanden.