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ISL-Skandal holt Blatter wieder ein

Der Schmiergeldskandal um die Schweizer Marketingfirma ISL gilt als "Mutter aller Sportskandale". Jetzt soll der Fall neu untersucht werden - das könnte weitere unangenehme Nachrichten für den suspendierten FIFA-Boss Sepp Blatter bedeuten.

Von Thomas Kistner | 07.12.2015
    Dollar-Noten für Joseph Blatter - die Aktion des britischen Komikers Lee Nelson.
    Wie genau wusste der damalige FIFA-Generalsekretär Sepp Blatter über ISL-Schmiergelder Bescheid? (picture alliance/dpa/Ennio Leanza)
    Es wird eng für Sepp Blatter. In den Ermittlungen der US-Justiz zur Fifa-Korruption spielt bereits seit Monaten die ISL-Affäre eine zentrale Rolle. Die Marketingagentur ISL hatte bis zu ihrem Bankrott 2001 insgesamt 142 Millionen Schweizer Franken Schmiergeld an hohe Sportfunktionäre, auch von der FIFA, ausgeschüttet. Ein Strafprozess dazu war 2010 gegen Geldstrafen eingestellt worden. Doch das ISL-Korruptionsschema gibt auch das Muster für die aktuellen Durchstechereien vor, die nun von der US-Justiz aufgedeckt werden. Nun soll der ISL-Fall selbst wieder aufgerollt werden. Denn aus Sicht der amerikanischen Behörden haben sich mehrere Anknüpfungspunkte für ihre Arbeit ergeben. Das Schweizer Bundesamt für Justiz bestätigte am Montag, dass die US-Behörden bereits im März im Zuge eines Rechtshilfeersuchens Strafakten aus dem ISL-Verfahren angefordert hätten.
    Dokument soll Blatters Mitwisserschaft belegen
    Der Fokus liegt auf dem suspendierten FIFA-Chef Sepp Blatter. Die US-Justiz ist offenbar in Besitz eines Dokuments von Blatters Amtsvorgänger Jõao Havelange, in dem der Brasilianer bezeugt, Blatter habe uneingeschränkte Kenntnis über die damaligen Vorgänge gehabt, er sei auch stets über alles unterrichtet worden im Kontext der ISL-Geschäfte. Havelange, der mit seinem Schwiegersohn Ricardo Teixeira nach Aktenlage 22 Millionen Franken von der Schmiergeldagentur hatte, soll diese Gelder als Provisionen darstellen. Auch soll der Brasilianer erklärt haben, dass die in dem von 2008 bis 2010 währenden Zuger Verfahren angefallenen Prozesskosten allesamt vom Weltverband übernommen worden seien.
    Wer wollte damals nicht mit Ermittlern kooperieren?
    Träfe dies zu, dürfte das FBI bald offiziell gegen Blatter ermitteln – sofern es nicht schon der Fall ist. Die Amerikaner interessiert an der Causa ISL neben den Empfängern der 142 Millionen Franken vor allem, wer hier Untreue-Delikte gegenüber der FIFA begangen hat. Dieses Thema wird für Blatter immer heikler. Die Schweizer Bundesanwaltschaft ermittelt bereits in zwei Untreue-Verdachtsfällen gegen ihn. Als nun 2010 das ISL-Verfahren eingestellt wurde, bat die Justiz auch die FIFA selbst mit 2,5 Millionen Franken zur Kasse: Weil sie die Strafermittlung nicht unterstützt hatte, war sie vom Opfer zur Beschuldigten geworden. Mit der Sanktionszahlung akzeptierte sie auch diese Vorwürfe. Zu klären ist jetzt, wer nicht mit den ISL-Ermittlern kooperieren wollte – und so einen Millionenschaden für die FIFA verursacht hat.