Am Tag, als in Madrid der 76-jährige König Juan Carlos abdankte, wurden in ehrwürdigen Stadion von Rio de Janeiro, dem Maracana, auch die letzten Augenblicke der einzigartigen Ära des WM-Titelverteidigers eingeläutet. Spanien ist mit einem 0:2 gegen Chile bereits in der Vorrunde gescheitert. Das hatten vor der WM in Brasilien die wenigsten für möglich gehalten. "Es gibt keine Entschuldigungen", sagte der konsterniert und müde wirkende Erfolgstrainer Vicente del Bosque. "Ich hätte nie gedacht, dass wir die WM nach der ersten Runde verlassen würden." Vom Ende einer Ära, auch vom Ende seiner eigenen, wollte er aber nichts wissen: "Es ist jetzt nicht der Zeitpunkt, um darüber zu reden." Entscheidung vertagt.
Del Bosque hatte erst im Frühjahr seinen Vertrag bis 2016 verlängert. Auch Kapitän Iker Casillas wirkte betroffen: "Es ist schwierig zu erklären, was passiert ist", sagte er, doch die Erklärung scheint einfach: Tika-taka hat ausgedient. Eduardo Vargas und Charles Aranguiz hatten die gehemmt, müde und ratlos wirkenden Spanier bereits in der ersten Halbzeit ins Mark getroffen. "Das ist fantastisch - der schönste Augenblick in der chilenischen Fußball-Geschichte", sagte der Ex-Leverkusener Arturo Vidal glückstrahlend im ARD-Fernsehen. Sein Teamkollege Alexis Sanchez bekannte: "Wir hatten alle einen wahnsinnigen Willen. Wir wollten dieses Spiel gewinnen." Chile steht nun ebenso bereits im Achtelfinale wie die Niederlande, die zuvor Australien mit 3:2 bezwangen. Oranje hatte Spanien fünf Tage zuvor beim denkwürdigen 5:1 gedemütigt.

Mit den Triumphen bei der EM 2008 und der EM 2012 sowie bei der WM 2010 war den Spaniern Einzigartiges gelungen - jetzt schrieben sie erneut unfreiwillig Fußball-Geschichte: Nur 1950 war der Titelverteidiger schon vor dem Ende der Vorrunde gescheitert. Italien erwischte es damals aber erst im dritten Gruppenspiel. "Wir verlassen Brasilien sehr enttäuscht und angeschlagen", sagte Spaniens Kapitän Casillas.
Deutsches Team zuversichtlich
Das deutsche Team blickt zwei Tage nach dem WM-Traumstart gegen Portugal mit Zuversicht auf das zweite Gruppenspiel gegen Ghana am Samstag. "Ghana wird ein ganz anderes Spiel", sagte DFB-Assistenztrainer Hansi Flick im deutschen Teamquartier in Santo Andre. "Wir müssen gegen tief stehende Gegner die Freiräume nutzen und weiter beweisen, dass es klappt."
Flick hofft auf einen Einsatz des Dortmunder Verteidigers Mats Hummels. Er absolvierte beim Training gestern wegen seiner Prellung im rechten Oberschenkel und der daraus resultierenden Einblutung nur ein individuelles Programm. Eine Rückkehr von Philipp Lahm auf den Posten des rechten Außenverteidigers komme jedoch nicht infrage, unterstrich der Assistenztrainer.
Beckenbauer beantwortet FIFA-Fragen
Franz Beckenbauer hat nach seiner 90-Tage-Sperre durch den Fußball-Weltverband die Fragen der FIFA-Ethikkommission "per Mail & Fax" beantwortet, erklärte sein Manager Marcus Höfl auf Twitter. Beckenbauer kann damit aber nicht automatisch mit dem Ende seines Banns rechnen. Das Gremium sei frei in seiner Entscheidung, hatte die FIFA bereits zuvor mitgeteilt. Die FIFA hatte Beckenbauer für 90 Tage jegliche "Fußball-Aktivitäten" untersagt, weil er Frage zur Untersuchung der WM-Vergabe an Russland 2018 und Katar 2022 nicht beantwortet hatte.
Zur Info: Heute Nachmittag hat die FIFA-Ethikkommission per Mail & Fax die Antworten von Franz Beckenbauer auf alle ihre Fragen erhalten— Marcus Höfl (@marcushoefl) 18. Juni 2014
(sdö/db)