Die 1940er-Jahre in Jerusalem. Bald wird der israelische Staat gegründet werden, bald findet der Unabhängigkeitskrieg der Juden gegen die Araber statt, indem sich die Juden gegen die Araber wehren, die sie in der Nacht der Staatsgründung überfallen haben. Israel, wo die europäischen Juden, die den Holocaust überlebt haben, auf eine neue Heimat hoffen. Das ist auch der Traum von Fania, die aus Polen stammt. Und wenn sie sich erinnert, in ihren Geschichten, die sie erzählt, nimmt sie ihren Sohn Amos mit auf die Reise.
"Es waren einmal zwei Mönche, sie gelobten auch völliges Schweigen. Kein einziges Wort sollten ihnen in den Jahren der Wanderung entschlüpfen, aber einmal, als sie an einem Flussufer entlang gingen, hörten die beiden eine ertrinkende Frau um Hilfe rufen. Ohne ein Wort lief der jüngere der beiden los und sprang ins Wasser, trug die Frau auf seinem Rücken ans Ufer und legte sie wortlos auf den Boden."
Verbirgt sich in dieser Geschichte aber der Ruf der Mutter nach Hilfe, der sich an den jungen Sohn schickt? Es beginnt bei Fania mit rasenden Kopfschmerzen.
"Ich hätte bitte gerne einmal APC. - Bringe ich Ihnen sofort. - Ich habe Kopfschmerzen, die einfach nicht weggehen wollen."
Als die junge Mutter in ihrem Alltag immer mehr realisiert, dass ihr Traum vom gelobten Land sich nicht erfüllt, versinkt sie zunehmend in Depressionen. Immer wieder sehen wir im Film den greisen Amos, der durch das Jerusalem seiner Jugend geht und sich erinnert, als er sechs, acht oder zehn war.
"Vielleicht verspürt meine Mutter den Verlust der Leidenschaft des Traums, da sie urplötzlich damit aufhörte, ihre Geschichten zu erzählen."
Wie aber soll Amos in dieser Welt von Krieg, Gewalt ohne sie überleben? Nun, er fängt an, die eigenen Geschichten zu erzählen. Natalie Portmans Film "Eine Geschichte von Liebe und Finsternis" ist so eine auch über die Urgründe eines Schriftstellers.
Portmans Regie-Debüt bei Filmkritikern gescheitert
Manchmal würde ich mir wünschen, Filmkritiker könnten die Bücher, die sie gelesen haben, vergessen. An sich eine bescheuerte Vorstellung, ich weiß - Literatur vergessen! Einige Literaturverfilmungen aber hätten es dann leichter, weil Vergleiche nicht stattfänden. Dann würde auch niemand auf die Idee kommen, Natalie Portmans Amos-Adaption mit dem Satz nieder zu machen, ihr sei es nicht gelungen, "den epischen Atem des Romans auf die Leinwand zu übertragen". Oder auch der Kritiker-Satz würde nicht stattfinden, dass "dieses ambitionierte Debüt letztlich auch an der Komplexität des Romans" gescheitert sei.
Nun habe ich den Roman von Amos Oz nicht gelesen. Ich bedauere das durchaus, aber so kann ich mich nun einmal auf das konzentrieren, was ich sehe, nicht auf das, was ich vorher einmal gelesen habe. Der Film ist der Film ist der Film.
Und so sah ich eine Geschichte, die von einem Traum und dessen Zerstörung erzählt, ganz konzentriert auf die Träumerin, Fania, die Mutter, großartig und ungeheuer intensiv gespielt von Regisseurin Natalie Portman.
"Ihre Wünsche und Kindheitsträume wurden zerschmettert, gnadenlos mit Füßen getreten. Verwöhnt von der Monotonie des Lebens an sich." Ich sah einen Film, der sich ganz konzentriert auf die Träumerin und ihren Sohn, den sie mit ihren Geschichten aus den alten osteuropäischen Heimat zum Mitträumen zu verleiten sucht. Aber wenn die Mutter in Schwermütigkeit versinkt, in das verzweifelte Schuldgefühl, dass sie den Holocaust überlebt hat, dann fängt der Junge an, zum stummen Beobachter zu werden.
"Es gibt nur einen Weg, einen verheißungsvollen Traum in seiner Gänze zu bewahren, nicht enttäuscht zu werden. Man darf niemals versuchen, ihn zu verwirklichen."
Film über die Trauer der Mutter
Natalie Portman erzählt die historische Realität der 1940er Jahre in Jerusalem, die Zeit der Staatsgründung, die des Unabhängigkeitskrieges in nur wenigen Pinselstrichen. In Andeutungen. Das ist gut so, das überzeugt, dass berührt und nimmt mit, denn damit konzentriert sich die Filmemacherin umso mehr auf die Perspektive von Mutter und Sohn. Ob Kopfschmerzen und oder Wunsch, die Welt zu fliehen: Die Realität, das Draußen, es wirkt in "Eine Geschichte von Liebe und Finsternis" wie hinter einer milchigen Glasscheibe. Am Ende wird klar, dass die Welt, die für die Mutter Fania, die den Freitod wählt, viel weniger reizvoll war als der Traum bzw. ihre Geschichten. Und am Ende wird klar, dass alles, was wir sehen, auch die Erinnerung des Jungen, das Mannes, das alten Mannes ist, der, "Nein, ich werde nicht Schriftsteller. Gefühle finde ich furchtbar.", der dann doch Schriftsteller geworden ist.
"Sich zu erinnern, fühlt sich an, als würde man versuchen, ein uraltes Haus aus den Trümmern wieder aufzubauen."
"Eine Geschichte von Liebe und Finsternis" ist Natalie Portmans Film über die Trauer angesichts des Verlusts der Mutter und eine über die Kraft eines Jungen, sich da heraus zu lösen, aus dieser Verzweiflung, indem er die Geschichten der Mutter zu seinen Geschichten macht. Mag sein, dass Amos Oz in seinem großen Roman mehr erzählt hat, aber was interessiert es mich. Denn das, was Natalie Portman uns in ihrer Adaption zeigt, das ist eindrucksvoll anzusehen.