Dienstag, 07. Mai 2024

Archiv


Filme, Frauen, Flugzeuge

Er soll ein paranoider, rachsüchtiger und emotional gestörter Mann gewesen sein, dessen Gemütszustand sich so verschlechtert hatte, dass er zu Mord oder Selbstmord fähig gewesen sein soll. Der pessimistische Tonfall der FBI-Aktennotiz über die letzten Lebensjahre des Howard Hughes kann so falsch nicht sein. Ein Hang zur Selbstzerstörung lässt sich schon an den frühen Eskapaden des legendären amerikanischen Multimillionärs ablesen, der neben dem Film und den Frauen auch die gefährliche Fliegerei zu seinen Lieblingsbeschäftigungen zählte und mehrere Abstürze überlebte.

Von Marli Feldvoß | 24.12.2005
    Nach der Atlantiküberquerung im Juli 1938, des spektakulärsten seiner drei Weltrekorde im Cockpit, wurde er wie ein amerikanischer Volksheld mit Konfettiparaden in New York und anderswo gefeiert. Auch Radio Moskau kommentierte:

    " Hughes kam gestern Nachmittag 19.55 Uhr Moskauer Zeit auf dem Flugplatz Le Bourget in Paris an. Zur Überquerung des Ozeans gebrauchte er nur die Hälfte der Zeit wie Lindbergh bei der ersten Überfliegung des Ozeans vor elf Jahren."

    Der Langstreckenflug mit einer Funk-Ausrüstung der von ihm neu gegründeten Hughes Aircraft Company war nur einer der Höhepunkte der erfolgsgekrönten dreißiger Jahre. 1930 hatte auch das zweimal, erst stumm, dann als Tonfilm gedrehte Großprojekt "Hell's Angels" über die Kampfflieger der Royal Air Force im 1. Weltkrieg Premiere. Regisseur und Produzent Howard Hughes hatte für die Luftschlachten eigens eine private Flugzeugflotte von 87 Flugzeugen erworben und die Produktionskosten in Rekordhöhen von 3,8 Millionen Dollar gejagt. In "The Aviator", der dritten Verfilmung von Hughes' Leben, diesmal mit Leonardo di Caprio in der Hauptrolle, gehört dem Filmklassiker eine der schönsten Szenen:

    " Das dauert jetzt acht Monate. Wo bleiben meine Wolken?" "Sie ziehen eben weiter, Mr. Hughes. Wolken bewegen sich, so sind sie. Wolken ziehen." "Es kostet mich 5.271 Dollar jeden Tag, wenn die Flugzeuge am Boden rum stehen, und jetzt finden sie erst mal Wolken, Professor. " (Aus dem Film: "The Aviator")

    Für den am 24. Dezember 1905 in Houston, Texas geborenen Howard Robard Hughes Junior, der mit 16 seine Mutter verlor, mit 18 Vollwaise und millionenschwerer Alleinerbe der Hughes Tool Company wurde, schien nichts unmöglich. Obwohl schüchtern und zurückgezogen, war Hughes zeitlebens ein risikofreudiger Unternehmer, der mit Filmen wie "The Front Page" und "Scarface" noch zwei Meisterwerke produzierte, sich jedoch vor allem als Womanizer hervortat. Hollywoodstars wie Jean Harlow, Katherine Hepburn, Ginger Rogers, Ava Gardner, Lana Turner, Jane Russell zählten zu seinen Eroberungen - später tat es auch jedwede Illustriertenschönheit, solange sie vollbusig, volllippig und brünett war.

    Man hielt ihn für überspannt, für einen Playboy und Exzentriker, aber er war kein Lügner. Wie versprochen brachte der waghalsige Pilot und Flugzeugkonstrukteur 1947 auch noch seine sechzig Tonnen schwere "Hercules" zum Fliegen, kaufte und verkaufte die Filmgesellschaft RKO und die weltgrößte Fluggesellschaft TWA, investierte in Las Vegas und mischte bei Watergate mit.

    " Er machte eine Liste, als er so sechs, sieben Jahre alt war: Ich will der beste Golfer werden, der größte Filmproduzent und der beste Flieger. Er hat später Golf durch Frauen ersetzt und all das zu Lebzeiten erreicht. Er führte 15 bis 20 verschiedene Leben in einem."

    War Howard Robard Hughes eine Art Prototyp des amerikanischen Traums, der in einen Alptraum mündete oder einfach ein reicher Verrückter? Als er, abgemagert, von Injektionsnadeln zerstochen, auf dem Flug von Mexiko nach Houston an Herzversagen starb, war er zwanzig Jahre lang aus der Öffentlichkeit verschwunden. Der Multimillionär hielt sich, so heißt es, am liebsten nackt in einem weißen Lederstuhl in der Raummitte auf - in seiner "bakterienfreien Zone".