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Filmgeschäft
Kinofilme als Vorlage für Serien

TV-Regisseure sind die neuen Stars in Hollywood. Die Grenzen zwischen den Genres verschwimmen zunehmend: Kinofilme werden zur Vorlage für neue Serien. Auf der Cologne Conference wird jetzt "Fargo" als Serie vorgestellt.

Von Susanne Luerweg | 06.10.2014
    "Who is this? Somebody from Fargo?"
    "Fargo" - die Serie - spielt genau wie der Film in einem Kaff in Minnesota. Aber es ist ein anderes. Und die ehrgeizige Polizistin ist auch nicht schwanger. Die Serie weicht stark vom Original ab, transportiert aber dennoch gekonnt die gleiche Atmosphäre. Das dürfte unter anderem daran liegen, dass die Coen Brüder auch hier als Produzenten fungieren, glaubt Johannes Hensen, Programmplaner der diesjährigen Cologne Conference:
    "Natürlich werden immer wieder Referenzen gezogen und Charaktere mit aufgegriffen und es ist natürlich von der Atmosphäre und Skurrilität, die Fargo auch im Film hatte, erinnert es schon sehr stark daran, aber inhaltlich ist das schon sehr weit weg vom Film."
    Das Spiel, die Referenzen zu finden, machen einen Teil des Serienreizes aus. Es geht los mit einer Lüge: Genau wie im Kinofilm taucht zu Beginn ein Schriftzug auf, der behauptet, die Geschichte beruhe auf einer wahren Begebenheit. Fargo als Serie bezieht sich nicht nur auf den Ursprungsfilm, sondern enthält auch Elemente anderer Werke. Wer beispielsweise "No Country for old men" gesehen hat, erkennt direkt die Gemeinsamkeiten.
    "Der Charakter von Billy Bob Thornton erinnert schon sehr stark an den Charakter von Javier Bardem und das ist im Prinzip auch so ne Art Hommage an das Werk der Coen Brüder und zudem auch eine Hommage an den Film."
    Große Konkurrenz im Seriengeschäft
    In den USA startete "Fargo" im April dieses Jahres und hat schon jetzt reichlich Zuschauer. Dabei ist das Seriengeschäft sehr viel härter geworden. Die Konkurrenz ist groß und der Markt enger. Neue Serien schießen wie Pilze aus dem Boden. Wenn nicht nach den ersten zwei Folgen der Funke überspringt, dann gucken viele eben nicht weiter.
    "Jetzt geht es nicht mehr darum, ne gute Geschichte erzählen zu müssen und dann darauf die Charaktere entwickeln, die es irgendwann dann mal zum Film schaffen. Jetzt geht es andersrum. Man sucht sich die großen Namen im Filmbereich, holt die in die Serie, und dann hat man direkt viele Merkmale, die die Leute ansprechen und wenn man das dann noch als Adaption von einem Kinofilm macht, dann hat man schon ziemlich viele Zutaten um eine erfolgreiche Serie machen zu können."
    "Schuss. Mr. Graham - Special Agent Jack Crawford. Darf ich mir ihre Vorstellungskraft ausleihen? - Sie sind nicht vom FBI? Ich bin als Sonderermittler bestellt. Er fängt Wahnsinnige, weil er denken kann wie sie."
    "Hannibal" ist ebenfalls eine US-Serie, die auf einen Kinofilm zurückgeht. Als Vorlage diente: "Das Schweigen der Lämmer". Hannibal, gespielt von Mads Mikkelsen, ist ein fieser Psychoanalytiker mit kannibalistischen Vorlieben. Die Rolle der FBI Ermittlerin, im Film mit Jodie Foster besetzt, spielt nun ein Mann, Will Graham. Psychoanalytiker und Ermittler begegnen sich in der Serie auf Augenhöhe. Beide haben die Gabe, Verbrechertypen zu durchschauen und in die Tiefen menschlicher Abgründe zu tauchen.
    Serien gelten als neues Kino
    "Mit dem Fleisch stimmte was nicht. Er isst sie. Mr. Graham muss mit gewaltigen Ängsten umgehen. Das ist der Preis seiner Vorstellungskraft. Er darf nicht so nah herankommen. Er wird nicht nah herankommen."
    Mads Mikkelsen: "Der Kannibale, ich denke, ich kann ihnen helfen an ihn heranzukommen."
    "Hannibal lief im letzten Jahr bei de Cologne Conference, ist ein ähnliches Beispiel, aber anders, weil die Serie nicht durcherzählt wird, sondern jede Folge eine abgeschlossene Handlung hat."
    Serien gelten als neues Kino und deshalb treten renommierte Darsteller auch gerne in den Hochglanzproduktionen auf. Gerade hat der Kabelsender Syfy angekündigt, eine volle Staffel der Fernsehserie zu Terry Gilliams "12 Monkeys" bestellt zu haben. Martin Scorcese zerlegt seinem Kinofilm "Shutter Island" in Serienhäppchen und eine Staffel von Frank Millers "Sin City" ist längst in Planung.
    Johannes Hensen glaubt sogar, dass ein deutscher Kultfilm das Format hat in Serie zu gehen.
    "Vielleicht könnte man aus so was wie Goodbye Lenin ne ganz gute Serie machen, könnte ich mir vorstellen, die in so einem DDR Milieu angesiedelt ist."
    Bislang geht man in Deutschland noch eher den umgekehrten Weg. Eine gelungene Serie wie "Stromberg" landet irgendwann im Kino. Johannes Hensen glaubt aber, dass die Grenzen zwischen Serien-und Filmgeschäft in Zukunft noch stärker verschwimmen. Es sei durchaus vorstellbar, dass demnächst parallel zum Kinostart die passende Serie anläuft. Aktuell fahnden die Serienmacher aber erst einmal weiter nach Kultfilmen wie Fargo, um sie seriell auszuschlachten. "Fargo" ist als Serie ein Erfolg, die zweite Staffel ist in Planung. Allerdings wohl mit neuer Besetzung. Martin Freeman, Colin Hanks und Billy Bob Thornton sind dann voraussichtlich nicht mehr an Bord.