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Filmkritik
"Hail Caesar" - Wie empfehlenswert ist das neue Werk der Coens?

George Clooney, Scarlett Johansson, Josh Brolin, Tilda Swinton, Channing Tatum ... das Ensemble von "Hail, Caesar" hat einen ziemlichen Star-Faktor und machte sich gut auf dem Berlinale-Teppich. Denn am Potsdamer Platz war das neue Werk der Brüder Joel und Ethan Coen der Eröffnungsfilm der am Wochenende zu Ende gehenden Filmfestspiele.

Von Hartwig Tegeler | 17.02.2016
    Clooney und Amal schauen engumschlungen in die Kameras, Amal zieht an ihren Haaren. Er trägt einen schwarzen Anzug, sie ein schwarzes schulterfreies Kleid.
    Auf dem Roten Teppich: Schauspieler George Clooney kam in Begleitung seiner Frau Amal zum Eröffnungsfilm "Hail, Caesar!" von den Coen Brüdern. (Britta Pedersen / dpa)
    Also, Eddie: Er wird nicht die Sünden der Welt tragen: "Vergib mir, Vater, denn ich habe gesündigt. - Wie lange ist deine letzte Beichte her, mein Sohn? - 27 Stunden. - Das ist wirklich zu oft." Nun ja, die einen sagen so, die anderen aus Hollywood sagen so. Eddie wird aber alles tun, um die Verfehlungen der anderen wieder zurechtzurücken. Denn Eddie ist der "Fixer" des Studios. To fix it. Reparieren. Alles, was in die Brüche zu gehen droht oder schon gegangen ist, und von dem weder Klatschpresse noch Publikum etwas erfahren sollen, ja, dürfen.
    Der Jung-Star beispielsweise (weiblich!) ließe vor einem zwielichtigen Fotografen ein paar Hüllen zuviel fallen, wenn Eddie nicht auftauchte. Und DeeAnna. "Ja, ja, klar ist er der Vater. Ziemlich sicher."
    Lockeres Mundwerk
    DeeAnna, gespielt von Scarlett Johansson, hat eben nicht nur ein lockeres Mundwerk. Auf die Frage "Noch irgendeine Idee, wen du heiraten könntest?" antwortet sie lediglich ein mit einem knappen "Pff.."
    Die Wasserballett-Fee muss vom Allround-Image-Klempner Eddie mal wieder in die Spur gebracht werden. "Wenn du ein Kind ohne Vater bekommst, ist das ein Public-Relations-Problem für das Studio. Und diese Wasser-Ballett-Filme laufen sehr gut für uns."
    Eddie, verkörpert von Josh Brolin, kriegt die Studio-Maschine im Prinzip immer wieder zum Laufen. Bis eines Tages Baird Whitlock, Star aus der aktuellen Bibel-Monumentalschinken-Verfilmung des Studios, George Clooney spielt ihn, entführt wird. 100.000! Oder ihr kriegt euren Star nie wieder.
    Als Studiobosse noch Sklaventreiber waren
    Mit "Hail, Caesar" blicken die Coen-Brüder in die gar nicht so Goldene Ära Hollywoods! In der Schauspieler Sklaven ihres Images waren und die Studiobosse Dollar zählende Sklaventreiber. Alles, was das Bild der Glaumour-Helden vor dem Publikum stören konnte, wurde von "Fixern" wie Eddie mit Geld und, wenn das nicht reichte, mit Druck wieder ins rechte Bild gerückt. "Halt die Klappe. Du gehst jetzt da raus, und du beendest den Film!"
    "Hail, Caesar" ist ein irgendwie eine Sittengeschichte und irgendwie auch eine Verbeugung vor einer Hollywood-Ära, wo Glamour, Glanz und Gloria sich mit filmischen Erzählkunst paarten. Das ist wunderbar anzusehen. Ohne Frage. Hat ein ein wenig zu viel aber von solch "Irgendwies". Wo nämlich die Grenze zwischen Satire und perfekt ausgestatteter Wiederbelebung alter Hollywood-Zeiten verläuft, das wird nie ganz klar in diesem Film. "Hail, Caesar" hat wenig zu tun mit dem abgrundtief bösen Blick von Kenneth Anger in seiner Skandal-Chronik "Hollywood Babylon", die - inzwischen wieder aufgelegt und verfügbar - Ende der 1950er Jahre das erste Mal veröffentlicht wurde.
    Noch spaßig oder doch schon wieder pathetisch?
    In "Hail, Caesar" geht´s aber viel harmloser, viel netter zu. Als Clooney alias Superstar Whitlock zurück ist in seiner große Rolle als römischer Centurio vorm Kreuz Jesu´ - Bibel-Monumentalschinken wie gesagt -, da hebt er an zum großen Abschlussmonolog. Und die Stimmung im Film und beim Film verändert sich vom Albernen ins Pathetische. Richtung Ergriffenheit: Regisseur, Komparsen, Techniker, Skriptgirl, aber genauso wir erliegen der Magie dieser großen Worte. Wir können nichts dagegen tun, verfallen all dieser Ehrwürdigkeit, der "reinen" Wahrheit.
    Und wenn Whitlock/Clooney - vom genervten Regisseur erst souffliert und schließlich mit einem lauten "Cut!" unterbrochen wird - nur noch stammelt: "... eine Wahrheit, die wir sehen könnten, hätten wir doch nur ... hätten wir nur ... äh.. einen ... Glauben..bllbbrrr.....Glauben..aahh ..Glauben!"
    Alles nur Schein
    Da hat er doch schon wieder, kurz vor der spirituellen Klimax, den Text vergessen. Ende mit Andacht! Und wir sind mal wieder reingefallen auf diese vertrackte Magie des Kinos. Und dabei haben wir euch, immerhin soweit desillusionieren uns die Coens, wir haben wir euch doch gezeigt, dass das alles nur Schein ist. Recht haben sie dabei in einem, die Brüder Coen: Uns ist eben einfach nicht zu helfen, uns Kinogängern.