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Filmmusik von bitter-süßer Melancholie

Von den großen Filmkomponisten war er sicher einer der Größten: Nino Rota, der am 3. Dezember 1911 in Mailand geboren wurde. Ein stiller Träumer und Melancholiker, der für seine Musik für die Filme Federico Fellinis und für Francis Ford Coppolas "Der Pate" bekannt wurde.

Von Michael Stegemann | 03.12.2011
    Man sieht förmlich, wie Marlon Brando – Don Vito Corleone, der »Pate« – auf der Hochzeit seiner Tochter Connie Walzer tanzt. Was wäre Francis Ford Coppolas Film ohne diese Musik.

    Es gibt nur wenige Filmkomponisten, deren Musik sich so bildmächtig und nachhaltig eingeprägt hat, wie die des Italieners Nino Rota. Ein paar Töne genügen und vor dem inneren Auge laufen die Filme ab, zu denen sie gehören: Fellinis La strada oder La dolce vita, Viscontis Rocco und seine Brüder oder Der Leopard – oder eben Coppolas Pate.

    Nino Rota kam am 3. Dezember 1911 in Mailand in einer Musikerfamilie zur Welt, begann als Wunderkind bereits mit acht Jahren zu komponieren und schloss mit 18 in Rom sein Studium bei Alfredo Casella ab. Arturo Toscanini – ein Freund der Familie – riet ihm, eine Zeit lang in die USA zu gehen, wo Rota unter anderem Dirigieren bei Fritz Reiner studierte. Wichtiger aber noch war die Begegnung mit Hollywood. 1933 – zurück in Italien – entstand seine erste Filmmusik für Raffelo Matarazzos Treno popolare. Entscheidend war dann die Begegnung mit dem acht Jahre jüngeren Federico Fellini, für den Rota von 1952 bis 1978 die Musik zu allen 16 Filmen schrieb, die Fellini in dieser Zeit drehte.

    Und wieder genügen ein paar Töne, und die Bilder des Films sind wieder da: La strada von 1954, mit Giulietta Masina als Gelsomina und Anthony Quinn als Zampanò. Es war eine einzigartige, fast symbiotische Zusammenarbeit, die den Regisseur mit dem Komponisten vereinte – wie sich Fellini später erinnerte:

    "Die Musik scheint mir oft wie ein für immer verlorenes Paradies. Aber ich habe das Glück, Nino Rota zu kennen. Ich bin sein Freund, er mag mich. Und es tut gut zu wissen, dass es in dem metaphysischen Königreich des Films mit seinen fröhlich-unerbittlichen Gesetzen jemanden gibt, der einen an der Hand nehmen und in dieses Paradies zurück führen kann."

    Zitat Nino Rota: "Wenn ich am Klavier sitze und komponiere, versuche ich, glücklich zu sein. Aber wie können wir glücklich sein, wenn andere unglücklich sind? Ich würde alles tun, um jedem Menschen einen Augenblick des Glücks zu schenken – das ist das Wesen meiner Musik."

    Nino Rota am Klavier mit seiner Musik zu Fellinis Amarcord. Andere große Regisseure folgten: Henri Verneuil und René Clément, Luchino Visconti und Franco Zeffirelli, Sergej Bondartschuk und Francis Ford Coppola. Am Ende waren es mehr als 150 Filme, zu denen Rota die Musik komponiert hat.

    Hollywood hätte ihn mit offenen Armen empfangen, aber Rota blieb lieber in Italien und leitete 27 Jahre lang das Konservatorium in Bari, wo unter anderem Riccardo Muti zu seinen Studenten zählte. Und er komponierte durchaus nicht nur Filmmusiken: ein Dutzend Opern, fünf Ballette, Sinfonien, Konzerte, Kammermusik. Durchweg eklektizistische Musik, aber voller Poesie und unverwechselbar in ihrer bitter-süßen Melancholie – wie das Concerto Soirée von 1962.

    Mit 67 Jahren ist Nino Rota am 10. April 1979 in Rom gestorben – vor allem für Fellini ein unersetzlicher Verlust:

    "Rota war der wichtigste Mitarbeiter, den ich je hatte. Er brauchte nicht einmal die Bilder meiner Filme zu sehen, um instinktiv genau die richtigen Melodien zu den Szenen zu finden, die ich ihm beschrieb. Ein Träumer, in dessen tiefe, innere Welt die Realität nie vordrang."