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Filmriss für Biofilme

Technik. - Klimaanlagen oder Luftfeuchteregulierer sind aus der Gebäudetechnik nicht mehr wegzudenken Und wir genießen auch die Annehmlichkeiten eines kühlen Büros bei sommerlichen Temperaturen. Doch Techniker und Ärzte bereiten die Geräte oft Bauchschmerzen – denn sie sind wahre Brutstätten von Keimen. In den feuchten warmen Ambiente von Klimaanlagen fühlen sich Bakterien wie Legionella, die die gefürchtete Legionärskrankheit auslöst. Die Technik muss deshalb oft gereinigt werden, was heute meist mit Chemikalien, sogenannten Bioziden oder Ozon geschieht. Eine praxisreife Alternative zeigte die Umweltmesse Terratec.

    Von Hartmut Schade

    Anton Bruckners 5. Sinfonie ist eine Herausforderung für jedes Orchester. Und wenn das Leipziger Gewandhaus noch bis auf den letzten Platz gefüllt ist, dann ist auch die Lüftung des Hauses gefordert. Schließlich muss sie dafür sorgen, das im Konzertsaal stets die gleiche Luftfeuchte herrscht, damit die wertvollen Geigen, Celli oder Bratschen immer gut klingen. Egal ob bei einer Probe, bei halbgefülltem oder ausverkauftem Saal.

    Für die richtige Luftfeuchte im Gewandhaus sorgen Sprühbefeuchter, aus deren Düsen ein feiner Wasserstaub kommt. Doch die Befeuchter sind wahre Brutstätte vom Keimen und Bakterien und müssen häufig gereinigt werden. Im Leipziger Gewandhaus übernimmt das seit kurzem ein neues Verfahren: die katalytische Entkeimung. Dabei läuft das Wasser über eine Katalysator, zusätzlich wird noch Wasserstoffperoxid zugegeben, sagt Kai Büsching von der Fachhochschule Merseburg, die das Verfahren zusammen mit der Firma Mol Katalysatortechnik entwickelte.

    Der Katalysator lädt sich positiv auf und die Keime besitzen in ihrer Zellwand negative Überschussladungen und werden praktisch vom Katalysator angezogen und dadurch setzt der Keimabbau ein

    Denn der Katalysator entzieht den Bakterien das Elektron, um selbst wieder elektrisch neutral zu werden. Das ist aber nur ein Angriffsweg. Der zweite beruht auf der Wirkung des Wasserstoffperoxids. Büsching:

    Nach Zugabe des Wasserstoffperoxides zerlegt der Kat das Wasserstoffperoxid in ein OH Radikal und ein Hydroxid-Ion und das OH-Radikal zerstört praktisch die Bakterien, die zerplatzen dann richtige, die werden richtig zerlegt.

    Das Hydroxid-Ion löst zusätzlich die Zellhülle der Keime auf. Dadurch entstehen sogenannte Biotenside, die ihrerseits den schmierigen Biofilm, der sich in Wasserleitungen und Düsen bildet ablöst. Das Ergebnis –keimfreies Wasser im Luftbefeuchter – sehr zur Freude von Musikern und Konzertbesuchern.

    Ganz ohne Chemie rückt auch Jörg Bossert Bakterien, Pilzen und Keimen im Wasser zu Leibe:

    Das Prinzip beruht im wesentlich auf Anlegen eine elektrischen Spannung von 10 bis 20 Volt, und an den Oberflächen der Elektroden werden Radikale erzeugt , also sehr reaktive Bestandteile, die dann Bakterien schädigen.

    Das Prinzip ist nicht neu, funktionierte aber in der Praxis nur unvollkommen, denn die Anode löst sich allmählich auf. Der Materialwissenschaftler der Friedrich Schiller Universität präsentiert auf der Terratec eine neue Elektrode:

    Das Wesentliche ist, dass hier eine Keramik benutzt wurde, eine leitfähige Keramik, normalerweise sind Keramiken nicht leitfähig aber gleichzeitig bekannt als Materialien, die sehr korrosionsbeständig sind. Wenn man normalerweise Elektrolyse macht, löst sich eine Keramik auf, und diese Keramik löst sich eben nicht auf.

    Die Keramik besteht aus Titanoxid, einer Substanz die Wänden ein strahlendes Weiß verleiht. Hier bei Jörg Bossert ist sie unauffällig grau und leitet den Strom:

    Wir haben in Praxisversuch festgestellt, dass man auf diese Biozide völlig verzichten kann. Und auch Leute, die das reinigen mussten, haben mir bestätigt, wir haben hier klares Wasser bei den Bioziden gibt es Schlammbildung, was eine ziemliche Arbeit ist, die wegzubekommen. Und einer der Vorteile ist, wir müssen es nicht mehr warten.

    Sehr zur Freude eines Kinobetreibers, bei dem die Besucher nun nur noch wegen der spannenden Filme Schweißausbrüche bekommen und nicht weil die Klimatechnik gerade gewartet wird.