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Filmstart: Das Schmuckstück"

In diesem Film geht es um die Macht der Frauen. In diesem Fall um eine zuhause missachteten Fabrikantengemahlin, die zu einer erfolgreichen Politikerin wird und nicht nur die marode Firma ihres Mannes, sondern ganz Frankreich saniert.

Von Josef Schnelle |
    Das Filmplakat enthält schon die ganze Geschichte. Im verklärenden Licht durchbrechender Sonnenstrahlen im Wald vor Gebüsch und Laub steht da Frankreichs bekannteste Schauspielerin Catherine Deneuve im knallroten Trainingsanzug und blickt mit Haarnetz und perfekter Haltung entspannt in die Kamera. Die 67 Jahre alte Schauspielerin ist noch immer "Madame La France" und mit ihren öffentlichen und privaten Rollen die Chefikone des französischen Feminismus. Sie hat mit allen großen Regisseuren des europäischen Kinos gedreht und nun in Filmregisseur Francois Ozon einen kongenialen Partner gefunden, der sie auch schon in seinem Erfolgsfilm "8 Frauen" besetzt hatte. Anfangs ist die Deneuve in "Das Schmuckstück" der Inbegriff einer devoten Ehefrau, die ihre Identität längst verloren hat. Der morgendliche Joggingausflug, bei dem sie mit Eichhörnchen und Blumen spricht, erscheint im Leben dieser Potiche, dieser "Edelvase", die sich ein Industrieller Macho ins Regal gestellt hat, als Höhepunkt des Tages. So trägt sie das auch in ihr Tagebuch ein.

    "Mein Freund das Eichhörnchen war heute morgen hier. Es hat mir zugezwinkert. Und ich sagte. Dann bis morgen."

    Catherine spielt schon diesen Auftakt der Komödie, die, so entnimmt man schon dem Dekor, in den 70er Jahren angesiedelt zu sein scheint, die ironische Brechung mit. Catherine Deneuve als häuslich zurückgezogen lebende Matrone, das kann ja nicht lange gut gehen. Tatsächlich gerät ihr Mann, der die Regenschirmfabrik ja nur vom Vater seiner "Potiche" übernommen hat - er ist ein notorischer Fremdgänger und auch bei seinen Arbeitern nicht sehr beliebt - ist bald in Schwierigkeiten. Die Arbeiter sperren ihn in sein Büro ein und ein Herzinfarkt katapultiert ihn vorübergehend aus der Geschichte. Nach den Regeln der Boulevardeske wird nun Madame Pujol vorerst Chefin und siehe da, die Dinge entwickeln sich mehr als gut. Sie mag bald schon nicht mehr von den neuen Aufgaben lassen. Die Rollen verkehren sich.

    "Ich fürchte es besteht ein Missverständnis zwischen uns."
    "Aber wer ist denn hier der Chef."
    "Ich hab mir während deiner Kreuzfahrt noch einmal alles sehr genau angesehen. Von Papa hab ich 15 Prozent der Aktien. Meine Schwester Genevieve hat genauso viel geerbt. Dazu noch die zehn Prozent von Laurent. Und zehn Prozent von Joel. Mit den Aktien der Kleinaktionäre von denen ich Vollmacht habe komme ich auf 55. Du hast aber nur 45."
    "Willst du damit sagen: ich bin jetzt das Schmuckstück?"
    "Gewissermaßen. Du hast dich bald daran gewöhnt."


    Als verständnisvolle Chefin hat Suzanne das Unternehmen inzwischen in die Gewinnzone gebracht und sie hat auch Gefallen gefunden an ihrer neuen emanzipierten Rolle bei der sie nebenbei ihrem Exgeliebten dem Gewerkschaftsführer Maurice endlich auf Augenhöhe begegnen kann. Im "Badaboum" natürlich - im örtlichen Nachtklub, der auf sämtliche Seitensprünge und auch auf jegliche Koalitionsverhandlungen abonniert zu sein scheint. Die Begegnung von Gerard Depardieu als immer noch über beide Ohren verliebter Gewerkschafter, der nunmehr ein mächtiger Bürgermeister geworden ist mit Catherine Deneuve gehört zu den Kabinettstücken dieses Film. Die beiden französischen Superstars hauen sich die Pointen mit sichtlicher Spielfreude und großem Tempo nur so um die Ohren. Am Ende treten sie sogar gegeneinander an im Kampf um einen Sitz in der Nationalversammlung. Seitenhiebe auf die derzeitige französische Politik kann sich Francois Ozon ebenso wenig verkneifen, wie Verweise auf die klassische französische Bühnenkomödie a la Marivaux. Die Deneuve spielt mit der Liebe und jongliert mit ihren politischen Identitäten. Unternehmer Pujol gerät nur gelegentlich als Kasperlefigur im Stile von Louis de Funes ins Bild. Ozon spielt mit den unnatürlichen Bonbonfarben und schafft für seine Komödianten stets freie Bahn. Diesem theatralischen Kino, diesem Kino-Theater schaut man gerne zu und es wundert sicher keinen Zuschauer, dass "Madame La France" am Ende nicht nur Gerard Depardieu besiegt. So eine Frau hätten die meisten Franzosen sicher gerne als Präsidentin.