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Filter gegen Reizüberflutung

Zoologie. - Das Herausfiltern von interessanten Informationen aus dem Meer des umgebenden Rauschens ist eine der anspruchsvollsten Aufgaben. Das menschliche Gehör schafft das, ein künstliches Hörgerät nicht. Seit Jahren sind die Ingenieure dieser Fähigkeit auf der Spur Jetzt haben Bonner Zoologen einen ähnlichen Filter im Seitenlinienorgan von Fischen entdeckt.

    Das Seitenlinienorgan ist ein über die Fischhaut verteiltes Sensornetz, das dem Fisch Bewegungen im Wasser mitteilt. So kann er fliehende Beute oder sich nähernde Angreifer schneller orten. Das Organ ist so empfindlich, dass es Bewegungen von nur einem hunderttausendstel Millimeter Stärke erfassen kann. Allerdings ist der Pegel der Störfaktoren je nach Umgebung unterschiedlich hoch. Im heftig bewegten Wasser eines küstennahen Meeres ist er sicherlich stärker als im ruhigen Tümpel. Und daran scheint sich das Seitenlinienorgan angepasst zu haben.

    Es besteht aus zwei verschiedenen Grundtypen von Sensoren. Die eine Sensorart besteht aus Sinneszellen an der Oberfläche, die jede relative Bewegung des den Fisch umgebenden Wassers registrieren. Die andere Art besteht aus winzigen Kanälen, deren Wände mit Sinnesknospen bedeckt sind. Damit kann der Fisch auch Wasserbewegungen fühlen, allerdings ist durch die Kanäle eine Art Filter vorgeschaltet, der einen Teil der Bewegungen abfängt. "Das Kanalsystem reagiert nicht auf gleichförmige Wasserbewegungen", erklärt Professor Horst Bleckmann vom Zoologischen Institut der Universität Bonn. Bringt dagegen eine andere Bewegung Unruhe in diesen gleichförmigen Impuls, schlagen die Kanalsensoren sofort an. "Sie wirken als mechanische Filter, die niedrige Frequenzen oder Gleichströmungen ausblenden, höhere Frequenzen dagegen aufnehmen", so Bleckmann. Durch diese Entdeckung bekommt die bereits seit langem bekannte Sensorvielfalt des Seitenlinienorgans Sinn. Je nach Umgebung sind mal die einen, mal die anderen Sensoren ausgeprägter.

    [Quelle: Mathias Schulenburg]