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Filter, Ozon, Bakterien
Moderne Methoden zur Wasseraufbereitung

Rückstände von Medikamenten und anderen Chemikalien, die in Kläranlagen nicht beseitigt werden können, gelangen immer wieder in offene Gewässer und ins Grundwasser. Forscher entwickeln deshalb immer neue Methoden, um diese Substanzen zu eliminieren. Dabei greifen sie zum Beispiel auf Bakterien im Boden zurück, aber auch auf UV-Licht oder Ozon.

Von Hellmuth Nordwig | 14.09.2015
    Antibiotika, Hormone, Flammschutzmittel: Viele tausend Chemikalien gelangen in unsere Gewässer. Genau bekannt ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. Experten finden in Flüssen und Seen immer wieder Substanzen, die sie dort nicht vermutet hatten, sagt Jörg Drewes, Professor für Siedlungswasserwirtschaft an der TU München.
    "Zum Beispiel künstliche Süßstoffe, die man in den Tee, Kaffee und andere Lebensmittel gibt, um sich kalorienarm zu ernähren. Die haben den Nachteil, dass sie sehr gut wasserlöslich sind, leider auch schlecht abbaubar und schlecht adsorbierbar in Aktivkohlefiltern. Und die werden auf jeden Fall auch ins Oberflächenwasser ihren Weg finden."
    Viele Wasserbetriebe bemühen sich, solche Spurenstoffe zu entfernen, bevor das Abwasser aus einer Kläranlage in ein Gewässer eingeleitet wird. Dafür gibt es eine Reihe von Möglichkeiten. Etwa die erwähnten Aktivkohlefilter. In ihnen bleiben vor allem Substanzen hängen, die eher schlecht wasserlöslich sind. Zum Beispiel Farben; Süßstoffe werden dagegen nicht festgehalten. Viele Chemikalien können auch direkt herausgefiltert werden, mit sogenannten Nanofiltern. Dabei lässt eine Membran nur Wasser und sehr kleine gelöste Salzteilchen durch.
    "Es ist nicht das Prinzip des Kaffeefilters, wo Sie den Kaffeesatz zurückhalten. Sondern das Konzentrat wird zwar angereichert über der Membran, aber auch permanent abgeführt, sodass Sie zwei Stoffströme bekommen: einen, der sauberes Wasser enthält, und einen, wo alle Inhaltsstoffe aufkonzentriert werden. Das ist weiterhin flüssig, und deswegen muss man da eine sichere Entsorgung sicherstellen."
    Verschiedene Filtermethoden in verschiedenen Ländern
    Bei Nanofiltern muss das Wasser mit Druck durch die winzigen Poren der Membran gepresst werden; das kostet Energie. Trotzdem wird die Methode in einigen Ländern angewandt: in den USA oder auch im Mittelmeerraum. Hierzulande setzen die Wasserbetriebe auf Verfahren, bei denen die Spurenstoffe nicht nur festgehalten, sondern auch zerstört werden: durch UV-Licht, das auch zur Desinfektion von Abwasser dient, oder durch das aggressive Ozon. Ob sich beides kombinieren lässt, untersucht der Doktorand David Miklos an der TU München.
    "Das Problem ist hier, dass die UV-Intensität, die man anwenden muss, um ein Vielfaches höher ist für die Spurenstoffentfernung als für die Desinfektion. Und inwiefern wir da an den bestehenden Anlagen diese Intensitäten erreichen können, das ist eben die Fragestellung der Forschung."
    Direkt neben dem TU-Institut liegt die Kläranlage der Stadt Garching. Ein großer Vorteil für die Forscher, denn so steht ihnen ganz reales Abwasser für die Versuche zur Verfügung. Auch für einen ganz anderen Ansatz, mit dem Chemikalien entfernt werden können. Dabei zersetzen Bodenbakterien die Problemsubstanzen. Doch dieser biologische Abbau knackt nicht alle Chemikalien, weil nicht genug Sauerstoff im Boden ist. Hier hilft ein neuer Trick der Garchinger Forscher: Nach einer Bodenpassage wird das vorgereinigte Abwasser belüftet und an anderer Stelle erneut durch den Boden geschickt, erklärt der Ingenieur Johann Müller.
    "Sodass man durch die Zwischenbelüftung den Sauerstoffgehalt wieder auf ein Niveau bringt, das es in einer zweiten Filterstufe ermöglicht, dass sich dort eine Gemeinschaft von Mikroorganismen ansiedelt, die eben in der Lage sind, auch schwerer abbaubare Substanzen biologisch abzubauen. Die sind im Abwasser drin, siedeln sich dann auf dem Filtermaterial an, vermehren sich und passen sich eben den Gegebenheiten an."
    Zum Beispiel kann so auch das schwer abbaubare Antibiotikum Sulfamethoxazol entfernt werden. Die Forscher entwickeln dieses Verfahren gemeinsam mit den Berliner Wasserbetrieben. Filter, Ozon, Bakterien - es gibt also zahlreiche Möglichkeiten, Chemikalien aus dem Wasser zu entfernen. Sie sind so vielfältig wie die unerwünschten Substanzen selbst.