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Finanzielle Durststrecke

Für bedürftige Studenten wird es schwierig, wenn die monatlichen Bafög-Zahlungen ausbleiben. Dies passiert unter anderem dann, wenn Studenten Widerspruch gegen ihren Bescheid eingelegt haben. In Thüringen warten derzeit rund 170 Studierende auf die Bearbeitung ihres Widerspruchs. Der Grund: Eine Reform in der Verwaltung, die nicht ganz durchdacht war.

Von Hilde Weeg |
    Eigentlich sollte alles klar geregelt sein: Bis zum 1. April 2009 war das Thüringer Landesverwaltungsamt für die Bearbeitung von BAföG-Widerspruchsfällen zuständig. Und ab dem 1. April sollte dann das Thüringer Studentenwerk zuständig sein. Hier laufen seit der Fusion der Studentenwerke 2007 alle Fäden der wirtschaftlichen und sozialen Betreuung zusammen. Was nicht klar war: Wer bearbeitet die Widerspruchsfälle, die bis dahin nicht abgeschlossen waren?
    Dr. Ralf Schmidt-Röh, Geschäftsführer des Thüringer Studentenwerks in Jena, zuständig für alle landesweit 50.000 Studierenden:

    "Was uns nicht klar war, war die Tatsache, dass wir mit dieser Zuständigkeitsübergabe auch circa 170 Altfälle von Widersprüchen vom Landesverwaltungsamt übergeben bekommen haben, deren Bearbeitung sich natürlich noch verzögert, weil wir uns damit erst neu beschäftigen müssen."

    Das Thüringer Landesverwaltungsamt hatte alles übergeben und sah sich als nicht mehr zuständig an. Den betroffenen Studierenden sind dadurch erhebliche Wartezeiten entstanden, in Einzelfällen bereits mehr als ein halbes Jahr. Die Konferenz der Thüringer Studierendenschaften KTS hat sich darüber nun beschwert. KTS- Sprecher Felix Ihle:

    "Das ist natürlich für einen Studenten, der darauf angewiesen ist, BAföG zu bekommen, eine prekäre Lage, die er nicht gleich ausgleichen kann. Er hat dann die Wahl über die Eltern zu gehen, arbeiten zu gehen - oder eben das Studium nicht aufzunehmen."

    Dazu kommt eine weitere Schwierigkeit: Wenn noch kein Bescheid ergangen ist, können Studierende einen Übergangskredit beantragen. Aber auch das geht in diesen Fällen nicht, denn bei Widerspruch gilt der Fall bereits als bearbeitet, ein Anspruch auf einen Kredit entfällt. Für die KTS liegt die Ursache in der Schlamperei der Landesregierung, weil eine klare Regelung im Gesetz gefehlt hat:

    "Wer schaut da eigentlich drüber, wenn ein Gesetz erarbeitet wird, warum passieren da solche Schnitzer?"

    Im Studentenwerk sieht man das gelassener. Schmidt-Röh:

    "Es hat sicherlich Missverständnisse hinsichtlich der Übergabe gegeben, und nun müssen natürlich geeignete Maßnahmen getroffen werden, um gerade existenzielle Fälle bei den Altfällen herauszufinden und zu bearbeiten."

    Nach einigem Hin und Her zwischen Studentenwerk und Landesverwaltungsamt wurde nun eine Lösung gefunden: Eine Extra-Sachbearbeiterin, bezahlt vom Land und nicht vom Studentenwerk, hat im August damit begonnen, die Altfälle zu bearbeiten.

    "Von den übergebenen Altfällen haben wir knapp ein Drittel bereits bearbeitet, wir sind mit den laufenden Widerspruchsfällen innerhalb der vorgegebenen gesetzlichen Jahresfristen und wir hoffen, dass wir bis zum Jahresende einen erheblichen Schritt weiterkommen."

    Die besonders hart betroffenen Studierenden sollen schnellstmöglich Bescheide erhalten - dem KTS war darüber noch nichts bekannt.