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Finanzielle Nachteile durch Bachelor- und Master-Studiengänge

Der Bologna-Prozess, also die europaweite Angleichung der Hochschulausbildungen, hat auch seine Schattenseiten. So fiel eine Master-Studentin aus der preiswerten studentischen Krankenversicherung heraus, da sie mit dem Bachelor ja bereits einen Abschluss hatte. Allerdings hatten die europäischen Bildungsminister versprochen, soziale Benachteiligungen zu vermeiden.

Von Armin Himmelrath |
    Politisch ist alles ganz klar. Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn jedenfalls und ihre Kolleginnen und Kollegen aus insgesamt 45 europäischen Staaten betonten auf der Bologna-Konferenz in der vergangenen Woche, wie wichtig die soziale Komponente bei der europäischen Angleichung der Hochschulsysteme sei. Ein Beispiel: Auch Studierende aus finanzschwachen Familien, die Unterstützungszahlungen wie BAföG erhalten, sollen nicht vom Wechsel in ein anderes Land abgehalten werden. Edelgard Bulmahn.

    "Mein Hauptwunsch auf europäischer Ebene wäre, dass wir sicherstellen, dass in allen Ländern zum Beispiel die nationale Studienfinanzierung auch mitgenommen werden kann in ein anderes europäisches Land. Deutschland und die skandinavischen Länder haben dieses schon geleistet, aber bei weitem noch nicht alle europäischen Länder."

    In Bergen verabschiedeten die Bildungsminister deshalb eine Selbstverpflichtung, genauestens darauf zu achten, dass der Bologna-Prozess sich nicht negativ auf die Sozialstruktur der Studierendenschaft auswirkt. Zum Thema gemacht hatten das die Studierenden selbst. Studentenvertreter wie Andreij Bilezki, polnischer Sprecher im Dachverband der europäischen Studierendenschaften, leisteten permanente politische Überzeugungsarbeit und organisierten Proteste.

    " Wenn man das Kommunique liest, glaube ich, ist ganz deutlich, dass nicht nur für die Studenten die soziale Dimension wichtig ist, aber auch für die Minister. Und das ist für uns ein großer Sieg, ich glaube schon. "

    Das merken Studierende in Deutschland allerdings noch nicht. Denn wer in den letzten Monaten zu den Vorreitern des Bologna-Prozesses gehörte und einen der neuen Bachelor-Studiengänge erfolgreich absolvierte, der bekam danach nicht selten Post von seiner Krankenkasse. Mit dem Bachelor, argumentiert etwa die AOK Rheinland, verlieren Studierende nämlich den Anspruch auf die preiswerte studentische Krankenversicherung für nur 56 Euro im Monat. Wolfgang Jäger, Studentenberater der AOK Köln.

    " Mit einem erfolgreichen Abschluss endet im Sinne der Sozialversicherung auch die Versicherungspflicht als Studentin oder Student. Der Masterstudiengang beinhaltet keine Versicherungspflicht, weil er als ein aufbauender Studiengang eingestuft wird, und das heißt; So lange ich in diesem Studiengang mich befinde, komme ich in keine gesetzliche Krankenversicherung mehr hinein. "

    Mit der Entscheidung für die neuen, gestuften Studiengänge bringen sich Studierende damit während des Master-Studiums um erhebliche finanzielle Vorteile. Doch diese Auslegung der Bologna-Reformen ist unter den gesetzlichen Krankenkassen umstritten. Frank Meiners, Sprecher der DAK:

    "Jeder, der an einer Universität immatrikuliert ist, kann sich als Student auch krankenversichern. Der Gesetzgeber hat allerdings Höchstgrenzen festgelegt: Also, das 30. Lebensjahr ist eine Höchstgrenze, und wer 14 Semester schon studiert hat, kann sich auch nicht mehr studentisch krankenversichern, der wird dann exmatrikuliert. Ein Abschluss, ein Bachelor-Abschluss an sich ist noch kein Kriterium für die Exmatrikulation."

    Selbst die zuständigen Bundesministerien für Bildung und Gesundheit konnten auf Anfrage zunächst nicht mitteilen, wie sich die neuen Bachelor- und Masterabschlüsse auf die studentische Krankenversicherung auswirken. Nachgereicht wurde dann aber eine Erklärung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziales, in der es heißt, Zitat:

    " Derzeit nimmt das BMGS zusammen mit dem AOK-Bundesverband Kontakt zu allen Krankenkassen auf und es ist beabsichtigt, in einem Rundschreiben an alle Kassen klarzustellen, dass Studierende sich auch künftig für die Dauer eines 1. Masterstudiums in der studentischen Krankenversicherung versichern können. "

    Für Christine Scholz vom "freien zusammenschluss der studentinnenschaften" ist diese Klarstellung des Ministeriums ein Beleg dafür, dass sich Einmischung für die Studierenden lohnt. Seit der Bildungsministerkonferenz in Bergen, sagt Christine Scholz, können sich Studierende jetzt auch auf ganz offiziell darauf berufen, dass es im Zuge der aktuellen Bologna-Reformen keine sozialen Nachteile geben dürfe.

    " Jetzt wird es darauf ankommen, dass wir eben klar und deutlich machen, was die soziale Dimension für uns heißt: Ob das eben ausschließlich sich auf die Mobilität beschränkt, oder welche Bereiche das noch umfasst - das gesamte Studium in einem Land, sowohl für ausländische als auch für inländische Studis. "