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Finanziellen Handlungsspielraum verloren

Frankreich Regierung versucht das Land zu reformieren - doch das reicht der Ratingagentur Standard & Poor's nicht. Sie stufte die Kreditwürdigkeit weiter herunter. Die Zinskosten für französische Anleihen stiegen.

Von Ursula Welter | 08.11.2013
    Die Ratingagentur Standard & Poor's gibt ein doppeltes Signal, nennt den Ausblick für Frankreich stabil, aber es ist die Herabstufung der Kreditwürdigkeit von AA plus auf doppeltes A, die für Aufregung sorgt.

    "Ich finde die Bewertung zu streng, übertrieben kritisch, ja, ich finde sie inkorrekt, die unterschätzen Frankreichs Kapazität sich zu verändern, zu sanieren."

    Beklagt Finanzminister Pierre Moscovici.

    Gestern Abend noch hatte der Staatspräsident zu mobilisieren versucht: "Reformieren, einen und Erfolg haben", hatte Francois Hollande der Nation zugerufen, während in der Bretagne die Demonstrationen nicht enden wollen, im ganzen Land Maut- und Radarstationen brennen, weil die geplante Ökosteuer für den Schwerlastverkehr das Fass zum Überlaufen gebracht hatte, in einem Land, das unter zunehmender Steuer- und Abgabenlast ächzt, während die Reformen und die Sparbemühungen zu zögerlich ausfallen.

    Das ist es auch, was Standard & Poor's beklagt, in einer auffallend politischen Beurteilung der Lage: Frankreich habe seinen finanziellen Handlungsspielraum verloren und sei nicht in der Lage gewesen, Reformen umzusetzen, schreibt die Ratingagentur in der Begründung für die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Frankreichs.

    Falsche Analyse, sagt der Premierminister. Es habe viele Reformschritte gegeben.

    Zinskosten ziehen leicht an
    Schon im vergangenen Jahr hatte Standard & Poor's den Anfang gemacht, als eine von drei Agenturen, die Frankreich die Bestnote für die Kreditaufnahme an den Finanzmärkten entzogen. Die Agenturen Moodys und Fitch folgten. Zwar hatte Frankreich danach dennoch zu historisch günstigen Zinsen am Markt Geld leihen können, dennoch wird das heutige Signal als delikat angesehen, so zogen die Zinskosten für französische Anleihen schon leicht an, da war die Nachricht am Markt noch ganz frisch.

    In dieser Woche hatte nicht nur Brüssel ausgerechnet, dass Frankreich – trotz Schonfrist - sein Neuverschuldungsziel auch 2015 nicht erreichen könne, sollte es seine Politik nicht ändern. Und im französischen Senat war zeitgleich die Rentenreform abgelehnt worden, kein einziger Senator stimmte dafür, die Sozialisten nicht, weil sie ihr Papier verwässert fanden, die Konservativen nicht, weil sie in der Oppositionsrolle waren und die Linksfront nicht, weil sie das Regierungsbündnis mit den Sozialisten längst verlassen hat. Dennoch, sagt Premierminister Ayrault, das sei eine gute Reform und sie werde bis Ende des Jahres mit der sozialistischen Mehrheit im Parlament verabschiedet werden:

    Und der Finanzminister stellt klar, dass die Ratingagentur Standard & Poor's neben der heutigen Herabstufung der Kreditwürdigkeit durchaus auch ein positives Signal gegeben habe, als es die Perspektive für Frankreich stabil nannte, vorerst also nicht mit weiter Herabstufung droht.