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Finanzmärkte strafen Niederlande nicht ab

Im Streit um den strengen Sparkurs ist gestern die niederländische Koalition geplatzt. Die Ratingagentur Moody’s hat den Niederlanden prompt gedroht, sie herabzustufen, falls die Regierung ihre Haushaltsdisziplin aufgebe. Die Märkte reagieren trotzdem gnädig.

Von Michael Braun | 24.04.2012
    Den Finanzmärkten ist nicht bange um die Niederlande. Trotz der politischen Friktionen – die Anleger geben ihr Geld gerne nach Holland. Für heute Vormittag hatte sich das Finanzministerium vorgenommen, eine kurz laufende und eine ganz lang, bis 2037 laufende Anleihe aufzustocken. Das hat geklappt. Bei den kurzen Laufzeiten sank der Zins sogar, bei den Langläufern stieg er nur von 2,773 auf 2,782 Prozent – nicht der Rede wert. Die Ratingagentur Moody’s hat in der Nacht die Kreditwürdigkeit der Niederlande auch auf dem höchsten Niveau beibehalten. Auch der Ausblick für das Land bleibe stabil, erklärte Moody's. Und Marco Wagner, der Länderanalyst der Commerzbank für die Niederlande, findet diese Reaktion in Ordnung:

    "Die Ratingagenturen sind eigentlich relativ entspannt. Sie werden noch abwarten, wie sich die Regierungsparteien mit den Oppositionsparteien verständigen, ob sie sich vielleicht einigen können. Einige Oppositionsparteien haben ja auch schon angekündigt, sie haben auch ein Interesse daran, die Stabilität der Niederlande zu erhalten. Sie wollen auch zu einem Haushaltsplan für 2013 beitragen, der stabil ist."

    Die Wirtschaftsdaten des Landes stimmen. Nach der Finanzkrise ist die gesamtwirtschaftliche Leistung des Landes zwar auch gesunken, mit minus 3,9 Prozent aber weniger stark als etwa in Deutschland. Seitdem wächst das Bruttoinlandsprodukt wieder. Tulpen und Gouda – das sind die Produkte, an die denkt, wer an die niederländische Wirtschaft denkt. Doch die Niederlande sind ein Industrieland. Dort wird fast ein Fünftel der Wirtschaftsleistung erbracht. Handel und Finanzindustrie steuern ein weiteres Fünftel bei. Energie- und Gaslieferungen machen nur noch zwei Prozent der Wirtschaftsleistung aus, Landwirtschaft und Fischerei knapp zwei Prozent. Der Austausch mit den wichtigsten Handelspartner läuft durchaus auf Augenhöhe: 30 Prozent seiner Importe sind Maschinen, und fast genauso hoch ist der Anteil der Maschinen auch beim niederländischen Export. Die Volkswirtschaft der Niederländer kommt bei Analysten gut weg. Marco Wagner:

    "Der Schuldenstand liegt knapp über 60 Prozent, natürlich mit leicht steigender Tendenz, aber wir haben auch sehr niedrige Renditen. Wir haben eine relativ geringe Arbeitslosigkeit. Die lag 2011 bei rund 5,5 Prozent. Ein ganz großes Plus ist aus unserer Sucht aber die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Die Niederländer konnten die Wettbewerbsfähigkeit über die letzten zehn Jahre sehr gut erhalten und sogar leicht ausbauen. Die Lohnstückkosten sind über die vergangenen zehn Jahre mehr oder weniger im Durchschnitt der Euroländer gestiegen das ist eigentlich ein sehr gutes Zeichen. Und man kann sehen, dass übe die letzten zehn Jahre die Holländer die Exportanteile sogar leicht ausbauen konnten."

    Das sollte freilich auch so bleiben. Wenn nicht, so Nicolaus Heinen von DB Research, der Analysegesellschaft der Deutschen Bank, strahlte das auch auf die ganze Eurozone aus:

    "Die Niederlande sind ein Hort der Stabilität. Und wenn die Niederlande als politischer Verbündeter Deutschlands in den nächsten Monaten aufgrund interner politischer Spannungen ausfallen sollten, dann steht Deutschland über kurz oder lang ziemlich alleine da."

    Die beiden anderen Ratingagenturen neben Moody’s haben die Risiken schon in ihr Urteil eingearbeitet. Fitch hatte den Niederlanden mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit gedroht, falls das Land die geplanten Sparmaßnahmen nicht durchsetzen könne. Und Standard & Poor's hatte den Ausblick für die Kreditbewertung auf "negativ" gesetzt und damit eine Herabstufung in Aussicht gestellt.