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Finanzmarktexperten bleiben optimistisch

Einmal im Monat wird das Konjunkturbarometer des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) veröffentlicht. Dieses Mal steht es überraschend auf dem höchsten Stand seit drei Jahren. Doch sollte der US-Haushaltsstreit nicht gelöst werden, dann hätte der Wert nur kurzen Bestand.

Von Brigitte Scholtes |
    Die Finanzmarktexperten bleiben optimistisch: Die ZEW-Konjunkturerwartungen stiegen im Oktober um gut drei Punkte auf 52,8 Punkte und damit auf den höchsten Stand seit April 2010. Erwartet hatten Beobachter eine Stagnation. Die aktuelle Lage der deutschen Wirtschaft beurteilen sie jedoch etwas zurückhaltender, der entsprechende Indikator sank um 0,9 Punkte auf nun 29,7 Punkte. Dass die Erwartungen an die nächsten sechs Monate so positiv bleiben, hat auch Stefan Schneider, Volkswirt der Deutschen Bank überrascht:

    "Man hätte vermutet, dass eventuell der amerikanische Haushaltsstreit, aber auch noch ein paar ungelöste Fragen in der europäischen Fiskalpolitik und in der Eurokrise doch vielleicht etwas belasten. Allerdings - die Logik des Index besagt ja, Erwartungen in den nächsten sechs Monaten, und wahrscheinlich gehen die Märkte nicht davon aus, dass der Haushaltsstreit noch für die nächsten sechs Monate weiter schweben wird. Jetzt wird’s wahrscheinlich nur eine temporäre Lösung geben, also irgendwann wird es in den nächsten drei bis sechs Monaten doch wieder bei uns sein. Aber es wird sich halt nicht deutlich verschärfen, von daher eine etwas entspanntere Sicht auf dieses Thema."

    "Ein größerer Einfluss des Streits über die Schuldenobergrenze in den USA ist derzeit nicht sichtbar", meint auch Clemens Fuest, Präsident des Mannheimer ZEW, des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, das den Index monatlich erhebt. Die 237 Analysten und institutionellen Anleger konnten ihre Einschätzung bis gestern abgeben.

    US-Schuldenstreit hat Auswirkungen auf Weltwirtschaft
    Ihre Gelassenheit erstaunt ein wenig, weil nicht nur der Haushalts- und Schuldenstreit in den USA die Weltkonjunktur belastet, sondern auch die absehbare leichte Straffung der amerikanischen Geldpolitik. Denn die, das hat sich gezeigt, dürfte ja auch die Schwellenländer stärker belasten. Und das wird sich dann auch auf die deutsche Außenwirtschaft auswirken, sagt Stefan Schneider:

    "Der deutsche Export, aber nicht nur der Export, sondern auch die Gewinne der Tochterunternehmen im Ausland, die natürlich auch weniger stark sprudeln und die auch ein wichtiger Indikator für die Investitionstätigkeit generell sind. Also von daher belastet das schon den Export, aber auch über Investitionen und auch damit über einen etwas schwächeren Arbeitsmarkt. Schwächer heißt, dass er sich nicht mehr so dynamisch weiterentwickelt, wie wir das in der Vergangenheit gesehen haben."

    Die deutsche Wirtschaft wird derzeit gestützt vom Konsum, der ist zuletzt um ein Prozent gewachsen. Volkswirt Schneider:

    "Da werden wir bleiben, das entspricht ungefähr dem Einkommensanstieg und Beschäftigungsanstieg zusammen. Aber die Erwartungen, die ja viele aus dem Ausland haben, dass der deutsche Konsum praktisch die Eurokonjunktur aus der Schwächephase rausziehen wird, das ist einfach übertrieben."

    Die Anzeichen verdichten sich jedenfalls, dass die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal um 0,3 bis 0,4 Prozent gewachsen sein dürfte. Auch die Konjunkturentwicklung im Gesamtjahr dürfte damit wohl positiver als erwartet ausfallen. Immer vorausgesetzt jedoch, dass der amerikanische Haushalts- und Schuldenstreit rechtzeitig gelöst wird.


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