Von Volker Mrasek
Ihre Krallen zeigen Frauen heute oft im wörtlichen Sinne: Sie marschieren ins Kosmetik-Studio und lassen sich ihre Fingernägel verlängern, mit künstlichen Aufsätzen aus Kunststoff. "Tips" nennt man die zwei, drei Zentimeter langen Dinger. Da ist die Schwelle zur Raubtier-Kralle fast schon überschritten ...
Das ist eine Mode, die aus den USA zu uns gekommen ist. Es sieht hübsch aus. Viele Frauen möchten verlängerte Fingernägel haben, weil die eigenen brüchig sind. Es lassen sich sehr schöne Farbeffekte damit machen. Man kann auf diese modellierten Nägel auch Schmucksteinchen aufkleben. Also, insgesamt ist es eine sehr hübsche Sache.
Allerdings birgt dieser Mode-Trend auch gesundheitliche Risiken. Davor warnt die Lebensmittel-Chemikerin Annemarie Burkhard vom Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz in Mainz. Denn was bisher nur den wenigsten bekannt ist: Die künstlichen Fingernägel können Allergien auslösen.
Etwas befremdlich ist schon, dass die Plastik-Teile mit Sekundenkleber auf den Naturnägeln befestigt werden. Vor allem aber schließen sie nicht bündig ab. Die "Tips" haben eine gerade Kante und reichen deshalb nicht bis zum runden Nagelbett. Sie sitzen dem Naturnagel nur halb auf, könnte man sagen. Also entsteht eine Kante. Die muss verschwinden. Dafür benutzen die Studios eine Art Spachtelmasse, "Modellage-Gel" genannt. Burkhard:
Sowohl das, was dann vom natürlichen Nagel noch sichtbar ist, als auch dieser aufgeklebte Kunstnagel-Bereich wird dann aufgefüllt mit einer Kunststoff-Masse, die unter UV-Licht dann direkt auf dem Nagel ausgehärtet wird. Es geht um diese Kunststoffe, die dafür verwendet werden und die Bestandteile enthalten, die Allergien auslösen können.
Als Kunststoff im eigentlichen Sinne, also als langkettiges Polymer, liegt die Modelliermasse erst nach dem Aushärten vor. Vorher besteht sie aus lauter "Monomeren", also aus Kunststoff-Einzelbausteinen. Darunter - und das ist das Problematische - befinden sich so genannte Acrylate und Methacrylate. Von vielen dieser Stoffe ist bekannt, dass sie allergische Haut-Entzündungen auslösen. Burkhard:
Natürlich muss das nicht passieren. Ein Mensch muss ja, um eine Allergie zu bekommen, eine bestimmte Disposition haben. Er muss dafür empfänglich sein. Sein Immunsystem muss darauf praktisch überreagieren, das heißt es wird sehr viele Verbraucher geben, die diese Produkte verwenden können, ohne irgendwo negative Effekte zu spüren. Aber es wird natürlich auch die eine oder andere Kundin geben, die hier vielleicht Gefahr läuft, eine allergische Reaktion zu bekommen.
Solche Fälle haben australische Hautärzte schon Mitte der 90er Jahre beschrieben. Dabei traten bei Plastik-Tip-Trägerinnen starke Entzündungen an Fingernägeln, Nagelbetten und Händen auf. Eine 53jährige Frau klagte monatelang über ein Taubheitsgefühl in den Fingern. Bei einer 31jährigen lösten sich die Fingernägel ab, sodass die Ärzte in ihrer Studie davor warnten, durch allergische Reaktionen auf die Modellier-Massen könne es sogar zu einem dauerhaften Nagel-Verlust kommen.
Die Kundin im Nagelstudio ahnt davon in aller Regel nichts. Und vielleicht weiß nicht einmal die Kosmetikerin darüber Bescheid. Denn Warnhinweise fehlen auf den Verpackungen der Modellier-Gele meistens. Das ändert sich nur dort, wo die Überwachung ein kritisches Auge auf die Utensilien in den Nagelsalons wirft. So wie in Mainz, wo Annemarie Burkhard die Kosmetik-Untersuchungen leitet:
Wir kennen einige dieser Produkte, sowohl importierte als auch hier produzierte Produkte. Und wir sind auch in Kontakt mit Herstellern hier im Bundesland Rheinland-Pfalz, die dann auch bereit waren, ihre Produkte mit entsprechenden Warnhinweisen - zum Beispiel: 'Kann allergische Reaktionen hervorrufen!' - zu versehen.
Das sind vorerst aber noch Ausnahmen. Denn die Untersuchungsämter wissen selten, was in einem Modellier-Gel genau drinsteckt. Es gibt keine Routine-Messmethode für Acrylate in Kosmetika. Deshalb appelliert Annemarie Burkhard an die Kundinnen von Nagel-Studios: Sie sollten Hautrötungen oder Entzündungen melden - bei Ämtern oder Verbraucherzentralen:
Auch wir müssen erst einmal erfahren, was gängig ist, was am Markt ist. Es gibt keine Meldepflicht für kosmetische Mittel.
Ihre Krallen zeigen Frauen heute oft im wörtlichen Sinne: Sie marschieren ins Kosmetik-Studio und lassen sich ihre Fingernägel verlängern, mit künstlichen Aufsätzen aus Kunststoff. "Tips" nennt man die zwei, drei Zentimeter langen Dinger. Da ist die Schwelle zur Raubtier-Kralle fast schon überschritten ...
Das ist eine Mode, die aus den USA zu uns gekommen ist. Es sieht hübsch aus. Viele Frauen möchten verlängerte Fingernägel haben, weil die eigenen brüchig sind. Es lassen sich sehr schöne Farbeffekte damit machen. Man kann auf diese modellierten Nägel auch Schmucksteinchen aufkleben. Also, insgesamt ist es eine sehr hübsche Sache.
Allerdings birgt dieser Mode-Trend auch gesundheitliche Risiken. Davor warnt die Lebensmittel-Chemikerin Annemarie Burkhard vom Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz in Mainz. Denn was bisher nur den wenigsten bekannt ist: Die künstlichen Fingernägel können Allergien auslösen.
Etwas befremdlich ist schon, dass die Plastik-Teile mit Sekundenkleber auf den Naturnägeln befestigt werden. Vor allem aber schließen sie nicht bündig ab. Die "Tips" haben eine gerade Kante und reichen deshalb nicht bis zum runden Nagelbett. Sie sitzen dem Naturnagel nur halb auf, könnte man sagen. Also entsteht eine Kante. Die muss verschwinden. Dafür benutzen die Studios eine Art Spachtelmasse, "Modellage-Gel" genannt. Burkhard:
Sowohl das, was dann vom natürlichen Nagel noch sichtbar ist, als auch dieser aufgeklebte Kunstnagel-Bereich wird dann aufgefüllt mit einer Kunststoff-Masse, die unter UV-Licht dann direkt auf dem Nagel ausgehärtet wird. Es geht um diese Kunststoffe, die dafür verwendet werden und die Bestandteile enthalten, die Allergien auslösen können.
Als Kunststoff im eigentlichen Sinne, also als langkettiges Polymer, liegt die Modelliermasse erst nach dem Aushärten vor. Vorher besteht sie aus lauter "Monomeren", also aus Kunststoff-Einzelbausteinen. Darunter - und das ist das Problematische - befinden sich so genannte Acrylate und Methacrylate. Von vielen dieser Stoffe ist bekannt, dass sie allergische Haut-Entzündungen auslösen. Burkhard:
Natürlich muss das nicht passieren. Ein Mensch muss ja, um eine Allergie zu bekommen, eine bestimmte Disposition haben. Er muss dafür empfänglich sein. Sein Immunsystem muss darauf praktisch überreagieren, das heißt es wird sehr viele Verbraucher geben, die diese Produkte verwenden können, ohne irgendwo negative Effekte zu spüren. Aber es wird natürlich auch die eine oder andere Kundin geben, die hier vielleicht Gefahr läuft, eine allergische Reaktion zu bekommen.
Solche Fälle haben australische Hautärzte schon Mitte der 90er Jahre beschrieben. Dabei traten bei Plastik-Tip-Trägerinnen starke Entzündungen an Fingernägeln, Nagelbetten und Händen auf. Eine 53jährige Frau klagte monatelang über ein Taubheitsgefühl in den Fingern. Bei einer 31jährigen lösten sich die Fingernägel ab, sodass die Ärzte in ihrer Studie davor warnten, durch allergische Reaktionen auf die Modellier-Massen könne es sogar zu einem dauerhaften Nagel-Verlust kommen.
Die Kundin im Nagelstudio ahnt davon in aller Regel nichts. Und vielleicht weiß nicht einmal die Kosmetikerin darüber Bescheid. Denn Warnhinweise fehlen auf den Verpackungen der Modellier-Gele meistens. Das ändert sich nur dort, wo die Überwachung ein kritisches Auge auf die Utensilien in den Nagelsalons wirft. So wie in Mainz, wo Annemarie Burkhard die Kosmetik-Untersuchungen leitet:
Wir kennen einige dieser Produkte, sowohl importierte als auch hier produzierte Produkte. Und wir sind auch in Kontakt mit Herstellern hier im Bundesland Rheinland-Pfalz, die dann auch bereit waren, ihre Produkte mit entsprechenden Warnhinweisen - zum Beispiel: 'Kann allergische Reaktionen hervorrufen!' - zu versehen.
Das sind vorerst aber noch Ausnahmen. Denn die Untersuchungsämter wissen selten, was in einem Modellier-Gel genau drinsteckt. Es gibt keine Routine-Messmethode für Acrylate in Kosmetika. Deshalb appelliert Annemarie Burkhard an die Kundinnen von Nagel-Studios: Sie sollten Hautrötungen oder Entzündungen melden - bei Ämtern oder Verbraucherzentralen:
Auch wir müssen erst einmal erfahren, was gängig ist, was am Markt ist. Es gibt keine Meldepflicht für kosmetische Mittel.